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  Reiseberichte aus Siam I
 


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THAILAND

REISEBERICHTE UND TAGEBUCHAUFZEICHNUNGEN
AUS  SIAM  I
- Zu den Autoren siehe auch "Deutsche in Siam" -
- siehe auch "historische Karten I", "historische Karten II",
"historische Karten III",
historische Fotos, alte Postkarten, Videos und Werbung -



--  Berichte von Döhring und Bastian  --



Nachfolgend finden Sie drei Reiseberichte / Tagebücher, die meines Erachtens einen guten Einblick in das alte Siam geben.
Die Verfasser sind Karl Döring, deutscher Architekt in königlichen Diensten,
der bekannte Völkerkunder Adolf Bastian und der Franzose
Simon de La Loubère (Reiseberichte II).



  Karl Siegfried Döring


Geboren am 14. August 1879 in Köln, gestorben am 1. Juni 1941, war ein deutscher Architekt, Kunsthistoriker und Archäologe, der, beeindruckt von den Bauwerken Hinterindiens, sich nach Abschluss seines Studiums in Berlin um eine Position im Königlich Siamesischen Staatsdienst in Bangkok bewarb. Als Architekt baute er u.a. die Bahnhöfe in Thonburi (Bangkok Noi), Lampang, Phitsanulok,
Phichit, Uttaradit und Sawankhalok.





Karl Döhring: Siam im Jahre 1923 (Band 1: Land und Volk)

 

Kapitel 1: Das Land

Das alte siamesische Staatswappen unter König Chulalongkorn zeigte drei Felder: ein dreiköpfiger, weißer Elefant auf rotem Grund in der Mitte oben bedeutete Niedersiam, das von den eigentlichen Siamesen bewohnt wird; ein weißer Elefant auf gelbem Grunde links unten bedeutet Obersiam oder die Laotenstaaten, und ein malayischer Kris rechts unten deutete die Malayische Halbinsel an. Das jetzige Königreich Siam ist nicht nur politisch, sondern auch geographisch in diese drei Hauptteile gegliedert. Es liegt zwischen dem 6. und dem 20. Grad nördlicher Breite und zwischen dem 97. und dem 106. Grad östlicher Länge. Die größte Ausdehnung von Norden nach Süden beträgt ungefähr 1640 km, von Osten nach Westen etwa 770 km. Siam ist etwa so groß wie Deutschland vor dem Kriege. Im Norden ist es von Französisch-Laos und von Birma begrenzt, im Westen von Birma und dem Golf von Bengalen, einem Teil des Indischen Ozeans, im Süden von dem Malayischen Staatenbund, der unter englischer Oberhoheit steht. Der Golf von Siam bespült die Ostküste der Malayischen Halbinsel und die Südküste Siams. Im Osten bilden die französischen hinterindischen Kolonien die Grenze, zunächst im Süden Cambodja, dann Französisch-Laos. Die chinesische Provinz Yünnan wird von Siam durch einen schmalen Streifen Birmas und durch Französisch-Laos getrennt. So liegt Siam eingekeilt zwischen englischem und französischem Kolonialbesitz.
          Die drei oben angeführten Teile bilden auch drei klimatisch scharf voneinander unterschiedene Gebiete. In Siam hat man nicht vier Jahreszeiten wie bei uns, sondern drei sogenannte Monsun-Jahreszeiten: die Regenzeit (Wasanta Radu) von Ende Mai bis Oktober, die kalte Zeit (Hemanta Radu) von November bis Februar, und die heiße Zeit (Khimhanta Radu) von Mitte Februar bis Ende Mai. In ganz Siam wird der Wechsel der Jahreszeiten durch das Wehen der Monsunwinde bedingt. Ende April beginnt der Südsüdwest-Monsun. Er weht über die südlich vorgelagerten Meere, sättigt sich mit Feuchtigkeit und bringt so Ober- und Niedersiam, sowie der westlichen Seite der Malayischen Halbinsel ausgiebigen Regen. Im Juni, Juli, August und September regnet es ziemlich regelmäßig fast jeden Tag einige Stunden, während sonst sonniges Wetter vorherrscht. Die Regenzeit hat hier nicht die Unannehmlichkeiten wie in sonstigen tropischen Gegenden. Im Oktober regnet es spärlicher. Anfang November hört der Südsüdwest-Monsun und mit ihm der Regen ganz auf. Der Wind schlägt um, es beginnt der Nordnordost-Monsun, der von den weiten Länderstrecken des asiatischen Kontinents herkommt und Trockenheit und Kälte mit sich bringt. Die Temperatur nimmt allmählich ab und erreicht Ende Dezember ihren niedrigsten Punkt. Während meines Aufenthaltes in der Hauptstadt Bangkok waren 16 Grad Celsius kurz vor Sonnenaufgang die niedrigste Temperatur, die von mir beobachtet wurde. Von der ersten Hälfte des Februar ab wird es wärmer, der Monsun lässt nach und Ende April erreicht die Hitze ihren Höhepunkt, etwa 40-42 Grad Celsius während der heißesten Tageszeit nachmittags zwischen 1 und 2 Uhr. An der Ostküste der Malayischen Halbinsel regnet es umgekehrt am meisten im November, Dezember und Januar, also zur Zeit des Nordnordost-Monsuns. Die heiße Zeit ist die ungesundeste und verursacht gefährliche Tropenkrankheiten, wie Cholera, Ruhr usw. Der Beginn des Südsüdwest-Monsuns mit seinem erquickenden Regen wird als große Wohltat empfunden.



aboutpixel.de/Jaques Kohler

          Die Menam-Ebene ist von vielen Kanälen durchzogen, die mehr oder weniger durch das Süßwasser der Ströme, besonders des Menam, gespeist werden. Ende August beginnen der Menam und die anderen Flüsse über die Ufer zu treten und überschwemmen die ganze Ebene. Davon ist nur ein Streifen der Südküste von etwa 50 bis 60 km ausgenommen, an dessen Nordrand auch die Hauptstadt Bangkok liegt. Die Überschwemmung erreicht im Anfang der zweiten Hälfte des November ihre größte Höhe von durchschnittlich 1,5-2 m. Von da ab geht das Wasser langsam wieder zurück. Während der Überschwemmung ist das Flusswasser ganz undurchsichtig, von gelblich-grauer Lehmfarbe. Nur selten werden die Überschwemmungen so gefährlich, dass sie die ganze Ernte überfluten und verderben. Ihre Höhe hängt mit der Menge der Niederschläge zusammen. Diese beträgt durchschnittlich in der Menam-Ebene und in Obersiam 120-150 cm, während sie in den Südostprovinzen in der Gegend von Schantabun ein Maximum von 250 cm erreicht. Außer dem Menam gibt es noch verschiedene Flüsse, wie z.B. den Tachin und den Meklong. Der große Mekong bildet die Grenze zwischen Französisch-Laos und Siam. Auf der Halbinsel ist der Petchaburi-Fluß der größte. Mehrere kleine Flüsse münden in den Golf von Siam.
          Durch die Verlangsamung infolge der Vermischung mit dem Seewasser und die hinzutretende Verbindung des Salzes mit dem Schlamm sinkt dieser in einer Entfernung von einigen Seemeilen bei der Mündung des Menam nieder. Dort ist dem Fluß eine Barre vorgelagert, die der Schiffahrt sehr hinderlich ist. Bei Flut ist das Wasser hier nur fünf Meter tief.
          Wenn die Ströme während der heißen Zeit nur geringe Wassermengen mit sich führen, dringt von der See aus das Brackwasser in die Kanäle ein und macht sie ungesund. Während der Regenzeit haben die Siamesen das Regenwasser in großen Tonkrügen und allerhand Gefäßen aufgesammelt, um es während der regenlosen Jahreshälfte als Trinkwasser zu verwenden. Sind diese Vorräte vor der Zeit zu Ende, so müssen die Leute das schlechte Wasser der brackigen Kanäle trinken (Fußnote: Seit etwa 10 Jahren besitzt Bangkok Wasserleitung und Kanalisation).
          In Obersiam, das hauptsächlich aus den Gebirgsgegenden der Laosstaaten besteht, ist das Klima ziemlich milde, zeigt aber größere Temperaturunterschiede zwischen heißer und kalter Jahreszeit.
          Niedersiam hat ein maritimes Klima. Die Hitze der Tropen ist durch die Nähe des Meeres abgeschwächt, sodaß die durchschnittliche Temperatur in Bangkok zur Regenzeit etwa 28 Grad Celsius, in der heißen Zeit 30-32 Grad Celsius, in der kalten Zeit etwa 24 Grad Celsius beträgt.
          Der nördlichste Teil der Malayischen Halbinsel hat ungefähr das gleiche Klima wie Niedersiam, der südliche dagegen das volltropische der Äquatorialländer.


www.aboutpixel.de/Rita Bargstedt

          Die Wärme des siamesischen Klimas ist auch für den Europäer sehr gut zu ertragen und wird durch die fast das ganze Jahr wehenden Monsunwinde sehr gemildert. Dazu kommt die bedeutend leichtere Tropenkleidung und die Tatsache, dass nach kurzem Aufenthalt in den Tropen das Blut der Europäer sich verdünnt. Die Siamesen haben an und für sich dünneres Blut. Die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht sind auch geringer wie in unseren Breiten. Die Temperatur beträgt während der Regenzeit in Niedersiam etwa 28 Grad C des Morgens, steigt gegen Mittag auf 30-32 Grad C, sinkt am Abend wieder auf 28 Grad C und erreicht in der Nacht einen Tiefstand von 24 Grad C. Das Klima ist sehr milde und für Lungenleidende sehr zuträglich.


www.aboutpixel.de/Ralf Peiler

          Die Gebirge Hinterindiens, die meist in nordsüdlicher Richtung verlaufen und von fruchtbaren Tälern unterbrochen werden, sind mehr oder weniger Ausläufer des Himalaya. Sie teilen sich in zwei große Gruppen: die westliche bildet zunächst die Grenze zwischen Siam und Birma und verläuft dann weiter auf der südlichen Halbinsel bis zu deren äußerster Spitze in Singapur, während die östliche Gebirgskette das Menam- und das Mekongtal voneinander trennt. Zwischen diesen beiden großen Gebirgszügen liegt das Tal des Menam eingeschlossen, das an Fruchtbarkeit dem ägyptischen Niltal verglichen werden kann. Der Menam überflutet alljährlich ganz Niedersiam, düngt das Land mit seinem fruchtbaren Schlamm und macht es zu einer für die Landwirtschaft reichsten Gegend der Erde. Die Menamebene ist sehr flach und erhebt sich nur wenig über dem Meeresspiegel. Sie besteht ganz aus alluvialem, durch den Fluß angeschwemmten Boden, Lehm mit etwas Sand gemischt. In tieferen Schichten findet man noch den alten Meerboden aus Muschelkalk, Seemuscheln und Seesand.




Foto: aboutpixel.de/Hubert Juranek

          Man nennt die westliche Gebirgskette, die von Yünnan ausgeht, die siamesische, die östliche die kambodjanische. Im Norden des Königreichs zweigen sich noch verschiedene kleinere Gebirge von diesen ab und durchziehen die Laosstaaten. Die siamesischen Berge sind bedeutend niedriger als die des Himalaya. Der höchste Berg im Norden des Landes ist der Doi Intanon mit etwas über 2500 m über dem Meeresspiegel.
          Die weiten Ebenen der Flusstäler sind von Reisfeldern und Gartenkulturen bedeckt, während die Gebirge mit Wäldern bestanden sind. In den Laosländern und den Nordprovinzen sowie auf den Khoratbergen und einigen Teilen der Malayischen Halbinsel findet sich noch undurchdringlicher Urwald, der früher das ganze Land bedeckte; doch haben die Siamesen mit der fortschreitenden Entwicklung der Landwirtschaft diese üppig wachsenden Wälder abgeholzt oder niedergebrannt, um Boden für Ackerfelder zu gewinnen. In Nordsiam findet man auch viele Teakholz- und Sappanwälder.


www.aboutpixel.de/Tamsi

          Die Ebenen sind von zahlreichen Kanälen durchzogen, die in Südsiam die Stelle von Landstrassen einnehmen. Diese dienen nicht nur dem Verkehr, sondern vor allen Dingen auch der Bewässerung des Landes. Der Reis ist die Hauptkulturpflanze Siams und erfordert sumpfigen Boden. Die besseren Sorten gedeihen nur auf überschwemmten Feldern.



Reisfelder
www.aboutpixel.de/Uwe Dressler


          An den Ufern der Kanäle, besonders an der Küste, herrscht üppigste Tropenvegetation. Die überhängenden Bambusgebüsche und die zahlreichen hochragenden Palmen mit der charakteristischen Linie ihrer Silhouetten bieten überaus prächtige Landschaftsbilder, die durch einzelne Wohnhäuser belebt werden, die aus dem Grün der Ufervegetation hervorlugen.
          Bangkok, die Hauptstadt des Landes, die heute mit allen Vorstädten nicht ganz 900.000 Einwohner zählt, hatte früher fast gar keine Strassen, sondern nur Kanäle, und man nannte sie deshalb "Venedig des Ostens". Die Südsiamesen sind alle gute Ruderer und mit dem Wasser sehr vertraut.
          Der Verkehr vollzog sich in Südsiam bis zum Bau der Eisenbahn nur durch Boote und Marktschiffe. Der ruhige Lauf des Menam und seiner Nebenflüsse wird häufig von Stromschnellen unterbrochen, die man aber mit einheimischen Booten und Schiffen passieren kann. Im Norden wird der Verkehr auf Landwegen durch Ochsenkarren vermittelt.
          Die Vorbedingungen für die Landwirtschaft sind in Siam äußerst günstig. Die Siamesen sind in ihrer großen Masse auch ein Bauernvolk und ernähren sich hauptsächlich vom Reisbau. Der Reichtum des Landes ist stetig im Wachsen, da bei guten Ernten ein großer Teil derselben für die Ausfuhr verwendet werden kann. Da das Volk in seinen Bedürfnissen nicht sehr anspruchsvoll ist, so übersteigt die Ausfuhr in normalen Zeiten die Einfuhr und der Wohlstand wächst von Jahr zu Jahr.

 

aboutpixel.de/Karin Reich

 

2. Wasserstrassen

Da die Siamesen fast ausschließlich Reisbauern sind und die besseren Reissorten nur in sumpfigen Flusstälern gedeihen, so drängt sich an den Wasserläufen der größte Teil der Bevölkerung zusammen. Die Berge sind alle bewaldet und fast gar nicht bewohnt. Menschliche Niederlassungen findet man dort nicht, auch ist es in Siam sehr ungesund, auf den Bergen zu wohnen, da dort hitzige Fieber herrschen. Die Häuser der Siamesen sind Pfahlbauten aus Holz oder Bambus, wenn irgend angängig an Kanälen gebaut, sodaß sie zum Teil im Wasser stehen und eine direkte Treppe in den Fluß haben. Erst in ganz neuerer Zeit hat man auch mit dem Straßenbau begonnen, doch gibt es in Südsiam keine Landstraßen, welche die einzelnen größeren Städte miteinander verbinden. Da sich der Hauptverkehr zu Wasser abspielt, so ist die Zahl der Boote ungeheuer groß. In Bangkok zählt man allein deren etwa 600.000. Jeder Siamese besitzt sein eigenes Boot, und der Verkehr auf den Kanälen der Hauptstadt ist seh rege. Bewunderungswürdig sind die Geschicklichkeit und die Ruhe, mit der die Siamesen selbst im größten Gedränge, ohne anzustoßen, sich vorwärtsbewegen. Schon Bastian (Reisen in Siam, S.62) schreibt darüber: "Soviel es angeht, wird alles zu Schiff abgemacht und es findet sich deshalb immer die halbe Einwohnerschaft der Stadt auf dem Menam oder den Seitenarmen beisammen". Auf den Kanälen von Bangkok sieht man die Postboten ihre Briefe zu Boot ausfahren, auch die gelbgewandeten Priester lassen sich von ihren Schülern des Morgens in Booten zur Almosenfahrt rudern. Ganz besonders lebhaft ist der Bootsverkehr in den Marktgegenden der Stadt. Auf jeder Seite des Flusses ist eine doppelte Reihe schwimmender Häuser am Ufer entlang verankert. Die meisten dieser Bootshäuser beherbergen Läden. Solche Bootsstraßen finden sich in fast allen Städten. Die Siamesen lieben das Wasser außerordentlich und man kann die Bevölkerung fast den ganzen Tag beim Baden an den Flussufern und an den Kanälen beobachten. Sie halten sehr auf Reinlichkeit und baden gewöhnlich zweimal täglich.



www.aboutpixel.de/Roswitha Pöschhacker

          Die großen Tempel sind alle vom Wasser aus zugänglich und haben meistens ihre Hauptfassade dem Fluss oder Kanal zugekehrt. Besondere Landungsstellen und Treppen ins Wasser sind für die Tempelbesucher stets angebracht. Die Siamesen führen ganze Pilgerfahrten zu Boot aus. BASTIAN bemerkt (Reisen in Siam, S. 57): "Wo der Menam in das Meer ausströmt, ist mitten im Wasser neben einer kleinen Insel auf künstlichem Fundament eine Pagode gebaut, die in bestimmten Jahreszeiten von zahlreichen Pilgern besucht und durch Umfahren mit Booten verehrt wird. Bei den gleichzeitigen Rennen zeigen die Siamesen eine englische Leidenschaft im Wetten. Gewöhnlich rudern die Siamesen stehend im Hinterteil des Bootes. In den königlichen Booten jedoch sitzen die Ruderer mit dem Gesicht in der Fahrtrichtung.

 




3. Bevölkerung

Entsprechend den drei Hauptteilen des Landes gibt es auch drei Hauptteile der Bevölkerung: in den Malayischen Staaten die Malayen, in Obersiam die Laosvölker oder Thai Jai, in Niedersiam die Südsiamesen oder Thai Noi, welche die beherrschende Klasse sind und aus denen sich hauptsächlich der Beamtenadel bildet.
          Als Urbevölkerung Siams nimmt man die Negritos an, deren Reste auf der Malayischen Halbinsel in unzugänglichen Gebirgsgegenden wohnen. In vorhistorischer Zeit wurde die hinterindische Halbinsel von Süden aus durch Proto-Malayen besiedelt, die in abgeschlossenen Tälern in Nieder- und Obersiam noch als kleine Völkerschaften weiter existieren. Dann kamen die Mon- und Khmer-Völker. Die Letzteren sind noch heute in Kambodja und in den äußersten Grenzen Südostsiams ansässig. Von 800 n. Chr. bis etwa 1200 n. Chr. blühte im Südosten des Landes das Reich der Khmer mit der Hauptstadt Angkor. Die Peguaner oder Mon bildeten früher ein großes Reich zwischen Birma und Siam. Dieses wurde aber bei den fortwährenden blutigen Kriegen zwischen den beiden großen Nachbarstaaten vollkommen zerstört. Während die Mon in Birma ganz unterdrückt wurden, hat sich in Siam eine größere Kolonie derselben südlich von Bangkok bei Paklat erhalten. Man zählt von ihnen ungefähr 50.000, die ihre eigene Sprache sprechen, eigene buddhistische Klöster besitzen und eigene Literatur pflegen, auch über eine eigene Druckerei verfügen.
          Dann zogen die Thaistämme, die in ständigem Kampf mit den Chinesen (von etwa 2000 v. Chr. ab) in die hinterindische Halbinsel abgedrängt wurden, vom Norden her in das Land. Zuerst kamen die Thai Jai oder die großen Thai, die Laoten, die heutigen Bewohner Obersiams, die dort verschiedene blühende Reiche gründeten, welche unter dem König Phra Ruong I. zu einer Einheit zusammengefasst wurden (etwa 1200 n. Chr.). Als letzte Welle der einwandernden Thaistämme kamen die Thai Noi oder die kleinen Thai kurz nach 1300 in die Halbinsel. Ihre Stammverwandten ließen sie ungehindert durchziehen. Sie gründeten das Reich von Ayuthia um 1350, das bald die Herrschaft über alle Thaistämme ausübte und dem auch Kambodja untertan wurde. Bis zum Jahre 1510 umfaßte dieses Reich von Ayuthia die ganze Malayische Halbinsel, nachher fielen einige Staaten derselben ab, 1867 auch Kambodja, das unter französisches Protektorat geriet. In den Birmanenkriegen ging die Provinz Tenasserim im Nordwesten der Malayischen Halbinsel verloren.
          Heute wird Siam etwa von neun Millionen Menschen bewohnt, von denen etwas weniger als der zehnte Teil auf die Hauptstadt Bangkok mit ihrer nächsten Umgebung entfällt. Die Laoten (Thai Jai) und die Südsiamesen (Thai Noi) zählen zusammen etwas über sieben Millionen, den Rest bilden Chinesen, Malayen, Peguaner und Kambodjaner sowie die kleinen Völkerschaften.
          Die Laoten, die Nachkommen der früheren Thai Jai, bewohnen Obersiam. Man unterscheidet die Lao Pung Kao und die Lao Pung Dam, d.h. die weißen und die schwarzen Laos. Erstere leben in der Gegend von Luang Phrabang und ihr Gebiet ist heutzutage zum größten Teil französischer Kolonialbesitz, während die Lao pung Dam in Chiengmai, Lampun, Lampang, Prae, Nan und Lakhon wohnen und ehemals eigene Fürstentümer bildeten, die dem König von Siam tributpflichtig waren. Während die Laoten die Täler und Ebenen Nordsiams bewohnten, sind die höher gelegenen Gebirge von anderen kleinen Stämmen besiedelt. Zu diesen gehören die Kho- und Kha-Völker, die Yoa, die Meo u.a.
          Die Karen und Karieng wohnen auf der Gebirgskette, die sich an der siamesisch-birmanischen Grenze hinzieht. Im Norden des Königreiches und auf den Bergen der südöstlichen Provinz Schantabun leben Schanstämme. Außerdem gibt es noch sehr viele kleine Völkerschaften, sodaß die Völkertafel Siams sehr viele Namen verschiedenster Stämme aufweist, die meist keine geschlossenen Gebiete bewohnen.
          In Hinterindien bestand früher die Sitte, dass der König nach Eroberung eines feindlichen Landes einen Teil der Bevölkerung kriegsgefangen wegführte und in verschiedenen Provinzen, meist auf seinen eigenen Ländereien, ansiedelte. So haben wir rings um die jetzige Hauptstadt Bangkok herum kleine Kolonien kriegsgefangener Stämme, die, abgesehen davon, dass sie dem König zu bestimmten Dienstleistungen und Abgaben verpflichtet sind, ein lebendiges Denkmal der siegreichen Feldzüge siamesischer Könige darstellen. PRINZ DILOCK sagt über sie: "Diese Leute blieben Hörige des Königs und bildeten einen eigenen Teil der Bevölkerung des Landes. Im Kriegsfalle wurden sie als Soldaten selbst gegen ihren ehemaligen König verwendet. Ihrem neuen Herrn dienten sie mit derselben Treue wie dem alten. Sie fühlten sich ganz als seine Untertanen und als wären sie im Land geboren".
          Im Mittelalter entvölkerten unaufhörliche Kriege die hinterindische Halbinsel. Eine der tapfersten Nationen waren die Siamesen. Infolgedessen machten sie unter den Nachbarvölkern sehr viele Kriegsgefangene. Damit hängt auf das engste zusammen, dass die Bevölkerung eine so gemischte ist. Hierzu kommt noch die friedliche Einwanderung, besonders der Chinesen. Da die Arbeitslöhne in Siam höher sind als in ihrem Heimatlande und lohnendere Verdienstmöglichkeiten bestehen, so wandern dauernd Chinesen der ärmeren Klassen ein, um in Siam ihr Glück zu machen. Ihre Anzahl hat schon 1,5 Millionen erreicht.
          Auch Hindus und Perser sind seit langem in Siam heimisch. Letztere bildeten früher einen Teil der Leibwache der siamesischen Könige.
          Die Malayen wohnen auf der nach ihnen benannten Halbinsel von der Südgrenze Siams bis etwa zum 7. Grad nördlicher Breite. In der Hauptstadt findet man viele von ihnen als Angehörige der dienenden Klasse.
          Die größeren Städte liegen alle an den Flussläufen Niedersiams. In Obersiam gibt es nur wenig große Städte. Die bedeutendste ist Chiengmai, das einst die Hauptstadt des mächtigsten Laosreiches war.

 


4. Charakter

Die Siamesen nennen sich selbst stolz "Thai", d.h. die Freien. Sie sind von Natur aus gutmütig, haben aber großes Nationalbewusstsein und halten sich für das vornehmste Volk der Erde. Die jahrhundertealte Tradition des Buddhismus hat sie freigiebig und hilfsbereit für ihre Mitmenschen gemacht. Auf dem Lande, wo die schlechten Einflüsse der Großstadt und besonders der Hafenstadt Bangkok sich noch nicht geltend machen, sind sie harmlos, fröhlich und freundlich, ohne Hinterlist und Tücke. Zwar haben sie einigen Hang zum Müßiggang, auch die Spielleidenschaft ist bei ihnen sehr ausgeprägt und jede Art von Spiel ist ihnen willkommen. In der Zeit der Abendkühle um 5 Uhr nachmittags sieht man häufig fünf bis sechs junge Leute im Kreis zusammenstehen und eine Art von Rattanball sich mit den Füßen zuschleudern, wobei sie eine sehr große Geschicklichkeit entwickeln. Sie lieben Vergnügen, Theater, Musik- und Tanzvorführungen, sind aber andererseits dem Buddhismus sehr ergeben und in ihrer Religion von aufrichtiger Frömmigkeit. Sie besuchen die Tempel, bringen zahlreiche Opfer und geben den Priestern täglich ihren Lebensunterhalt an Reis und sonstigen Zutaten. Viele Siamesen, besonders die Bewohner der Hauptstadt, sehen sehr trotzig aus. Wenn man aber mit ihnen spricht, sind sie höflich und besonders gegen Höherstehende sehr zuvorkommend.

 

 





 
  Adolf Bastian                                             


Der "Gründungsvater der Völkerkunde in Deutschland", geboren am 06.06.1826 in Bremen, gestorben am 02.02.1905, sudierte Medizin, Natur- und Rechtswissenschaften in Berlin und Heidelberg, 25 Jahre lange reiste er und verfasste 80 Bücher und mehr als 300 Artikel.
Er war der Gründer des Königlichen Museums für Völkerkunde in Berlin,
des ersten ethonogischen Museums Deutschlands.






Reisen in Siam im Jahre 1863
In: Die Völker des Östlichen Asien. Studien und Reisen. Band III, Jena 1867

 

Der Eintritt in Siam und Reise nach der Hauptstadt

Am 15. November 1862 hatte ich auf meiner Reise von Molmein (in der englischen Provinz Pegu) nach Bangkok die birmanisch-siamesische Grenze passiert und war am folgenden Tage in Maiteta angekommen, der ersten und einzigen Ansiedlung der Siamesen in der ganzen Weite des öden Waldgebirges, das sich vom Soundwen-Flusse (Thoundwen) bis zu den Ufern des Menam erstreckt.
          Dieser siamesische Wachtposten war erst seit der englischen Besitznahme der Provinz Pegu angelegt, um dem zunehmenden Begehr nach Teakholz durch bessere B>eaufsichtigung der Wilden zu genügen. Die Siamesen waren rasch in ein freundschaftliches Verhältniss zu den Engländern getreten, die ihre alten Feinde, die Birmanen, gedemütigt hatten, und die neue Gründung erhielt deshalb den Namen Maiteta oder Freundschaft. Eine von beiden Regierungen niedergesetzte Kommission hatte die Grenzverhältnisse geregelt und den Lauf des Thoundwen-Flusses als Teilungslinie angenommen, freilich gegen den Wunsch der englischen Kaufleute, die gerne noch das andere Ufer des Thoundwen hinzugezogen hätten bis zur jenseitigen Hügelkette, damit sie allein den Holzvertrieb auf dieser Wasserstrasse besässen und so die beständigen Streitigkeiten über englisches und siamesisches Eigentum vermieden. Zur birmanischen Z eit hatte man es mit der Territorialscheidung auf dem wüsten Grenzgebiet zwischen beiden Ländern so genau nicht genommen, und die ganze Strecke von Kaukarit in Pegu bis Rahein in Birma war ziemlich herrenlos, nur gelegentlich von den Beamten des einen oder anderen Staates durchstreift, um von den in den Wäldern zerstreut lebenden Karen-Familien einen Tribut von denjenigen Gegenständen einzufordern, die gerade ihr Vermögen bilden möchten. Die Niederlassung Maiteta in diesem menschenleeren Gebirgswalde war deshalb auch eine sehr einsame. Fünf Tagereisen von den bewohnten Provinzen Siams, vom Menam entfernt und ungefähr eben so viele von dem nächsten Flecken in Burma. Der siamesische Beamte (der Schan-Min oder Edelmann, wie ihn die Burmesen nannten) stand unter dem Gouverneur von Rahein und hielt sich während der Regenzeit in dieser letzteren Stadt auf. Wenn am Ende derselben die Holzarbeiten in den Teakwäldern beginnen, begiebt er sich mit dem nötigen Train von Aufsehern, Schreibern, Soldaten, Kulis u.s.w. auf diese Station und nimmt auch mitunter die eine oder andere seiner Lieblingsfrauen mit sich, während das Gros seiner Familie in Rahein zurückbleibt. Als ich in Maiteta eintraf, war er schon seit mehreren Wochen angelangt und hatte sich in einem Bambushaus eingerichtet, das, wie alle dortiger Gegend, auf Pfählen stand, von einer Veranda bekleidet. Der weite Hof, der dasselbe umgab, war ziemlich die einzige Lichtung in diesem Waldlande, denn um die anderen Hütten des nahen Dorfes war in den angelegten Feldern und Bananenpflanzungen schon wieder eine so ranke Vegetation aufgeschossen, dass sie fast ganz davon bedeckt waren oder doch nur hie und da die Spitze eines Daches aus dem dichten Laubwuchs hervorsah. In kurzer Entfernung unterbrach der Wasserstreifen des Mailmont-Flusses die Einförmigkeit des Waldes, und war an einer Stelle, wo er über Steingerölle hinströmte, durch Fischreusen abgesteckt. So machte es mein Koch mitunter möglich, Fische zu erhalten, denn sonst sah es mager mit der Tafel aus, wenn die Jagd keinen Ersatz gab. Hühner waren nur mit der grössten Mühe aufzutreiben, und die Bananen, wenn es überhaupt solche gab, zeigten sich kaum geniessbar.



Foto: bernd  boscolo/aboutpixel.de

Der siamesische Beamte, der grosse Freude über meinen Besuch kundgab, konnte nicht helfen, da es bei ihm selbst karg bestellt war, doch war er sonst munter und guter Dinge. Die chinesische Karawane, die von meiner Eskorte profitiert hatte, um die Grenze zu passieren, hatte Branntwein, Tabak und andere Luxusartikel mitgebracht; damit wurde geschwelgt; und da sich in dem Gefolge des Edelmanns mehrere Laos fanden, geborene Musikanten, wie alle Angehörigen dieses Bergvolkes, so wurden Abende und Nächte in Konzerten verbracht, oft bis zum frühen Morgen, ehe ich auf meinem wieder vom Fieber heimgesuchten Lager den Schlaf gefunden. Während des Tages bildete sich eine Spielpartie, in der die Chinesen als Croupiers fungierten und durch Würfel- und andere Hazardspiele das im Kreise befindliche Geld bald in ihre Taschen zusammengescharrt hatten. Auch Moung-Lin, der unter einem erdichteten Vorwand um Auszahlung des rückständigen Gehaltes gebeten hatte, war rasch davon erleichtert, ehe ich, aufmerksam geworden, Zeit zum Einschreiten hatte.

Der Beamte nahm Anfangs Anstand, mir mein Gesuch um Elephanten für eine Reise nach Rahein zu gewähren. Bis zu der Grenzstation könne er das Vorgehen von Europäern erlauben, aber nicht weiter in's Innere hinein; der Weg, um Bangkok zu besuchen, sei zur See, nicht bei Lande vom Norden. Ausserdem wäre es in dem englischen Vertrag (geschlossen durch Sir John Bowring) abgemacht, dass Reisen in Siam für Fremde nur unter einem Pass des englischen Konsuls in Bangkok erlaubt seien. Ich suchte ihm indess zu erklären, dass die von dem englischen Gouverneur in Moulmein ausgestellten Pässe eben für den Konsul bestimmt seien, und dass ich, einmal in Rahein angelangt, nötigenfalls mit dem letzteren vorher kommunizieren könnte, ehe ich meine Reise fortsetzte, Der Edelmann fand sich in einer etwas prekären Lage, da er sich keines darüber entscheidenden Präzedenzfalles zu entsinnen wusste, und hielt es schliesslich für geratener, mich an die höhere Behörde in Rahein zu senden, um die Verantwortung los zu sein. Er versprach uns deshalb die gewünschten Elephanten und schickte auf die umliegenden Karen-Dörfer, um solche zu requirieren. Die flüchtigen Siamesen, die mich aus Birma her begleitet hatten, betrachtete er mit bedenklichen Augen und sagte ihnen bei ihrer Ankunft in Rahein ein böses Schicksal vorher, da man sogleich auf sie fahnden würde. Mir teilte er im Vertrauen mit, dass die meisten nicht nur wegen Schulden, sondern auch für schwere Verbrechen dem Arm der Gerechtigkeit verfallen wären, und warnte, sie auf einer weiteren Reise durch die Wälder mitzunehmen. Seine Absicht, sie schon gleich dort einzustecken, verhinderte ich durch eine Einsprache, überliess es aber sonst ganz meinen Schützlingen, zu handeln, wie es ihnen selbst am Ratsamsten scheinen würde. Schon beim ersten Betreten des siamesischen Gebietes war es ihnen, wie man merken konnte, unheimlich geworden. Sie zeigten sich von Tage zu Tage ängstlicher und unruhiger, bis sie, das Herüberkommen des Forstbeamten benutzend, mich um die Erlaubnis baten, zurückkehren zu dürfen, und nach dem Erlangen derselben schleunigst aufbrachen, um wieder ihr früheres Asyl in Burma aufzusuchen. Zwei der jüngeren, die nicht impliziert schienen, hätte ich gern bei mir behalten, aber sie wollten sich nicht trennen.

Im Verhältnis zu dem schwerfälligen, kurzbeinigen, schwammigen Siamesen erscheint der Birmane eher schlank und behände, wie ihm auch das in langem Busch herabhängende Haar ein verwegenes Aussehen gibt, gegenüber der bürstenförmigen Frisur, in der die Siamesen das Haar ihres breiten und dicken Kopfes zu scheren pflegen. Die Kleidung der Männer ist ziemlich ähnlich, und bei den Siamesen auch die der Frauen wenig verschieden, da die Siamesinnen das vorne offen geschlitzte Gewand der Birmaninnen nicht kennen, dagegen aber häufig das als Kleid getragene Lendentuch zwischen den Beinen hindurchknoten, wie die Männer bei der Arbeit. In diesem Kostüm ist es auf einige Entfernung oft schwer, die Geschlechter zu unterscheiden, da die Kopftracht bei beiden eine ganz gleiche ist.



Da einige der Karen-Dörfer, nach denen für Elefanten geschickt war, mehrere Tagesreisen entfernt lagen, so ging, wie sich erwarten liess, über eine Woche mit Warten verloren. Ich unterhielt mich mit meinem Edelmann, so gut es sein gebrochenes Burmesisch erlaubte, und begann schon gelegentlich einige Lektionen im Siamesischen zu nehmen bei dem alten Dolmetscher, den ich von Molmein mit mir gebracht hatte. Derselbe war seines Zeichens ein Arzt und empfahl mir die Kneteur gegen das Fieber, die auch, wie ich früher schon gefunden hatte, in manchen Fällen Erleichterung gewährt. Einige Medizin erhielt ich durch die Güte des schon in Mirawuddih getroffenen Kaufmanns, der zum Abschluss von Holzkontrakten nach der siamesischen Station herüberkam. Fast meine ganze Dienerschaft lag krank. Die Meisten von derselben waren sehr nutzlose Gesellen und mehr zur Bürde, als eine Hilfe. Ich war in den letzten Tagen in Molmein sehr beschäftigt gewesen und hatte deshalb Moung-Lin mit dem Engagieren der mitzunehmenden Leute beauftragt. Den grössten Teil verabschiedete ich bald darauf wieder, nahm aber Einen derselben auf besonders warme Empfehlung mit mir und zahlte ihm den Vorschuss seines für die dortigen Verhältnisse nicht unbedeutenden Salärs, das in Anbetracht der Reise durch den gefürchteten Dschungel erhöht war. Ich hatte in den ersten Tagen der Bootsfahrt nicht viel von ihm gesehen, fand ihn aber, sobald die Landreise begann, auf der Krankenliste, und musste mich in Kurzem mir der Überzeugung begnügen, dass mein Diener sich in einem vorgerückten Stadium tertiärer Syphilis befinde und sich nur hatte engagieren lassen, um von mir kuriert zu werden. Während unseres Campierens in den feuchten Waldungen nahmen seine Knochenschmerzen in solcher Weise zu, dass er bald nicht mehr auf den Beinen stehen konnte, und die Zahl der zu mietenden Elefanten musste für seinen Transport vermehrt werden. Mein tamulischer Koch hatte sich einen jungen Landsmann als Küchenjungen oder Pany-waller (Wasserträger) beigelegt, der sich aber gleichfalls bald den ungewohnten Strapazen nicht gewachsen zeigte. Auch unter den ansässigen Siamesen herrschten viele Krankheiten. Ich fand verschiedentlich beim Spazierengehen in der Umgegend Opfergaben, die zur Sühne des Tazeit oder Unholdes (dem Phi Pa der Siamesen) an den Eingang des dichten Waldes hingestellt waren. In einem Falle bestanden sie in einem kleinen zierlich geflochtenen Korb roter Farbe, der im Innern sorgsam mit Blättern ausgelegt war und die Lehmfiguren von Elefanten und Menschen mit zwischengestreutem Reis enthielt. Dem Dämon wurden diese edelsten Tiere und selbst Menschen als vikarierende Opfer angeboten, damit er dafür den Kranken fahren lasse [Anm: Der geflochtene rote Korb ist ein Spirit House und der Phi Pa ist der Schutzgeist der Reisfelder; der Autor hat vermutlich mehrere Beobachtungen vermischt und hatte leider zuwenig Informationen um diese frühen Beschreibung materieller Manifestationen des Spirit-Kults in Thailand richtig zu interpretieren].

Allmählich trafen die Karen mit den verlangten Elefanten ein und schlugen ausserhalb des Dorfes im Dickicht ihr Lager auf. Es waren reine Kinder des Waldes, freie und offene Gesichter, auf denen nur noch die Scheu vor all' dem Fremdartigen, das sie um sich sahen, mit völlig vertrauensvoller Hingabe kämpfte. Ohne Geräusche und Lärm verrichteten sie die ihnen obliegenden Geschäfte und sassen dann still um ihr Feuer nieder, lautlos die hölzernen Pfeifen rauchend oder sich in stillem Flüstern unterhaltend. Der siamesische Beamte schien grosse Stücke auf sie zu halten. Er wiederholte mir immer auf's Neue, dass sie die zuverlässigsten und ehrlichsten Menschen auf dem Erdboden wären, und legte mir dringend an's Herz, doch ja nicht ihr Zutrauen zu täuschen und ihnen in Rahein den vollen bedingten Lohn ohne Abkürzungen auszuzahlen. Aus seinen Reden liess sich leicht ersehen, wie häufig Bedrückungen dieses armen und verteidigungslosen Stammes vorkommen möchten. Auf seinen Wunsch, gleich die ganze Summe im Voraus zu zahlen, konnte ich, als zu sehr gegen die ersten Grundsätze der Reisepraxis verstossend, nicht eingehen, versicherte ihm aber, dass von einem Europäer keine übervorteilungen zu fürchten sein würden, wenn die engagierten Leute richtig das eingegangene Übereinkommen erfüllten. Der Mietpreis für die Elefanten war ein sehr mässiger, während man mich in Kaukarit anfangs mit dem zehnfachen Betrage hatte prellen wollen und erst nachgab, als ich Bekanntschaft mit der normalen Taxe zeigte, über die ich mich im Voraus hatte unterrichten lassen. Überhaupt tat es gut, zu beobachten, wie wohlwollend der siamesische Edelmann diese sonst vogelfreien Karen behandelte, von denen die Birmanen fast nie ohne einen Anflug von Hohn oder Verachtung reden.



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Diese Grenz-Karen waren eine kleine, fast diminutive Rasse, obwohl sich das nicht als der durchgehende Grundzug des ganzen Stammes ansehen lässt, da ich unter den Karen der nördlichen Berge in Tongu auch ziemlich kolossale Gestalten bemerkt habe. Ihr an den runden Kopf angedrücktes Gesicht unterscheidet sich von dem aus dem Groben gearbeiteten des siamesischen Schädels, der gewöhnlich nach vorn überschwankt, als ob zu dick und schwer für den Nacken. Dadurch, verbunden mit den krummen und im Verhältnis zum Oberkörper kurzen Beinen, sowie den langen Armen, erhält der ganze Habitus der Siamesen etwas Affenartiges, das noch durch die weit auf die Stirn herabgehende Behaarung vermehrt wird [Anm: Diese wenig charmante Beschreibung ist jedenfalls im Kontext des damaligen Zeitgeistes und der zu dieser Zeit in Europa vorherrschenden physischen Anthropologie mit ihren Schädelvermessungen und dgl. zu sehen]. Der Ausdruck trägt das chinesisch-mongolische Gepräge, während bei den Birmanen mitunter schon die scharfgeschnittenen Linien des indischen Typus hervortreten. Die weissere Hautfarbe der Karen (wenigstens der hier besprochenen Abteilung derselben) ist wahrscheinlich ihrem steten Aufenthalte in feuchten Waldungen zuzuschreiben, wie auch die Bewohner des von üppiger Vegetation strotzenden Siam eine hellere Färbung zeigen, als die Birmanen, die besonders in den oberen Provinzen schattenlose Ebenen oder spärlich belaubte Berge bewohnen.

Am 25. November war Alles so weit in Ordnung gebracht, dass wir vier Elefanten bepacken und uns von dem freundlichen Siamesen, der uns seinen Rat und seine Segenswünsche mit auf den Weg gab; verabschieden konnten. Auf dem Halse jedes der Gepäck- oder Reit-Elefanten sass ein Karen als Cornac, der das Tier mehr durch Worte und Zeichen, als durch die Stösse seines Hammers lenkte. Wir folgten einem ziemlich breiten Pfade durch offenen Wald, anfangs eben und flach, dann wellig gehoben, bis zu der Elefantenfurt des Flusses Mailmont, wo der Übergang bewerkstelligt wurde. Am anderen Ufer veränderte sich die Szene. Ein schmaler, enger Weg, kaum breit genug für die Füsse der Elefanten, führte an dem Abhange der schroffen Flussbank auf und ab und kreuzte den in kurzen Windungen geschlängelten Strom bald nach der einen, bald nach der anderen Seite, wohl ein Dutzend mal im Laufe des Vormittags. Die Flussgänger durften die tiefe Furt, wo wir mit den Elefanten passiert hatten, nicht riskieren und brachen sich mühsam einen Weg durch den verschlungenen Wald, um unser Zurückkommen nach ihrer Uferseite zu erwarten. Sie verfehlten dabei die richtige Stelle des Zusammentreffens und konnten nur nach längerem Suchen, in dem ich selbst die zurückgelassenen Elefanten in dem Dickicht aus dem Gesicht verlor, wieder aufgefunden werden. Um ähnliche Accidente zu vermeiden, liess ich an der nächsten Kreuzungsstelle solche, die auf dem Gepäck der Elefanten keinen Platz mehr finden konnten, sich an dem Schwanze derselben festzuhalten; aber der an solche Art der Schifffahrt weniger als Siamesen und Birmanen gewöhnte Matrose wurde durch den reissenden Strom fortgerissen und war nahe daran, nicht nur die von ihm getragenen Waffen, sondern selbst sein Leben zu verlieren. Der burmesische Kuli sowohl als der Pany-waller waren völlig unfähig, sich weiter zu bewegen, und mussten für die ganze Reise einen Platz auf den Elefanten eingeräumt erhalten. So moft wir den Fluss verliessen, hatten wir steile Hügel zu erklimmen, auf denen sich Teakbäume, oft gegürtelt oder schon gefällt, fanden. Gegen Abend kehrten wir an's Ufer zurück und wateten nach einer Sandbank im Flusse hinüber, um auf derselben die Nacht zuzubringen. Die Karen bauten mir aus Bambu-Stämmen, die sie von dem Walde am Lande herüberbrachten, eine Hütte zum Schlafen und führten, nach Anzünden der Kochfeuer, die abgepackten Elefanten zum Grasen an's Ufer hinüber. Die stille Nachtruhe auf unserm rings von Wasser umrauschten Schlafplatz wurde nur durch das einförmige Geschrei der Affen unterbrochen, die wir schon am Tage alle Bäume des Waldes hatten beleben sehen.



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Am nächsten Tage lag der Weg gleichfalls wieder auf beiden Seiten des Mailmont-Flusses. So dass wir mit den Hin- und Herkreuzen über denselben fortfahren mussten. Die Ufer waren mit hohem Elafantengras bewachsen; nachdem wir aber dieselben verlassen hatten, verlor sich unser Zug in eine dichte Wildnis verwachsener Bambusgebüsche, so dass die Führer selbst über den Weg zweifelhaft wurden und uns erst nach längerer Beratung zuletzt in einen offenen Wald hinausbrachten. Nachdem wir einige waldige Hügelreihen überschritten hatten, lagerten wir uns für die Nacht in der Nähe eines Creek, wo scharfe Wacht gehalten werden musste, sowohl gegen die dort zum Trinken kommenden Raubtiere, als auch gegen andere Räuberbanden. Den ganzen Tag ward, eben so wenig wie am vorigen, keine menschliche Wohnung gesehen. Die wenigen Karen-Familien, die in diesen Dschungeln zerstreut leben, bauen ihre Hütten in möglichst unzugängliche Verstecke, wo sie oft nur mit Mühe von den siamesischen Beamten gefunden werden, die einmal im Jahr ihr Gebiet durchstreifen, um die schuldige Abgabe von Honig und Wachs einzutreiben.

Wir brachen mit dem frühesten Tageslicht auf und ritten durch einen parkartig gelichteten Teakwald hin, und über die runden Hügelkuppen vorangehend, genoss ich einige weite Aussichten über ein schwellendes und wogendes Meer im frischen und glänzenden Grün unbegrenzter Wälder. Gegen Mittag zog sich ein hohes Gebirgsland, dicht und dunkel belaubt, um uns zusammen. Die Elefanten konnten an dem steilen Abhange nur dadurch festen Fuss fassen, dass sie vorsichtig in die früher eingedrückten Löcher traten. Nach noch manchem Auf und Nieder mussten sie sich durch eine enge Schlucht hindurchwinden, und dann standen wir plötzlich am Fusse eines schroff aufsteigenden Bergwalles, von dem abschüssige Felsmassen über uns herüberhingen. Es schien mir anfangs fraglich, ob sich die steile Höhe an dem Punkte überhaupt erklimmen lasse, bald aber sah ich zu meiner Verwunderung die Elefanten unbedenklich das Aufsteigen zu beginnen und hielt es für das Beste, mich hinauftragen zu lassen. Trotz seiner schweren Masse, und gerade durch dieselbe, besitzt det Elefant auf steilen Gebirgspfaden einen sehr sicheren Tritt. Besonders bergab ist es erstaunlich, die Vorsicht zu beachten, mit der er auf Hinter- und Vorderfüssen niederkauernd ein Bein nach dem anderen vorschiebt und sich so langsam herabgleiten lässt. Wir trafen dort mit einer Karawane siamesischer Kaufleute zusammen, die, ihre Waren in Körben auf dem Rücken tragend, auf der Reise nach der Grenzstation waren. Weiterhin begegneten wir einem gleichfalls zu ihnen gehörigem Zuge von Elefanten; doch war der Weg so schmal, dass an kein Ausweichen zu denken war und die entgegenkommenden umkehren mussten, um eine andere Richtung einzuschlagen. Spät am Nachmittag betraten wir eine dumpfe, feuchte Schlucht, in der wir trotz der qualmenden Miasmen (zum Schutze gegen welche Siamesen wie Karen sich Mund und Nase verbanden) die Nacht zubringen mussten, da der Ausgang derselben, den ich beim Erklimmen einer Anhöhe erst in weiter Ferne erspähte, vor Nacht nicht mehr erreicht werden konnte. Zwischen einem Felsgürtel, der uns den Rücken schützte, und dem unter uns hinströmenden Bach liess ich von den Karen die Schlafhütten errichten und dann das Abendessen bereiten. Die Elefanten wurden für den Rest des Tageslichtes im Walde losgelassen, mit Anbruch der Nacht aber, an den Füssen gefesselt, in die Nähe des Lagers gebracht.

  Mit der Dämmerung rüstend, hatten wir den Bach zu durchwaten, was sich im Laufe des Vormittags verschiedentlich wiederholte, bis uns das geöffnete Tal auf ein Flachland welliger Hügellinien führte. Sie waren nur mit dünnem Wald bedeckt, so dass sich wieder eine frischere Luft atmen ließ. Noch einmal, als wir den zum Menam fließenden Metong erreichten, sanken wir in düsterm dichten Jungle nieder, tauchten aber dann auf einer freieren Ebene, die nur mit niedrigem Gebüsch bedeckt war, daraus hervor. Nachdem wir nicht ohne Mühe verirrte Nachzügler unserer Gesellschaft wieder aufgefunden hatten, lagerten wir nachts am Metong in einer schon Spuren von Anbau zeigenden Gegend. Auch schien ein Haus in der Nähe; denn obwohl hohe und dichte Hecken, die sich kaum von dem übrigen Pflanzenwuchs unterschieden, jede Spur desselben dem Auge entzogen, hörten wir doch bei Nacht entferntes Hahnengekrähe zu uns herübertönen. Die aufgehende Sonne fand uns schon auf dem Wege und in neugekräftigter, heiterster Stimmung. Die Luft war frisch und klar, Bäume und Büsche beengten uns nicht durch die ungezügelte Naturwüchsigkeit des Jungles, sondern bogen sich in zierlichen Lauben oder standen geordnet in Alleen, und als der Weg sich eine Erhöhung hinaufzog, blickten wir auf einen freien, reinen und glänzenden Horizont, in dem in weiter Ferne eine mannigfaltig gestaltete Gebirgskette aufstieg, eine Gebirgskette, die nach der Mitteilung unserer Führer schon jenseits des Menam lag, so dass wir also hier über das fruchtbare Tal des siamesischen Niles hinwegblickten. Als wir zu einer neuen Windung des Metong hinabritten, fanden wir uns endlich wieder zwischen Menschenwohnungen. Männer und Frauen gingen ihren Tagesgeschäften nach oder standen an den Türen ihrer Häuser, die ungewohnten Reisenden vorüberziehen zu sehen. Ein zufälliges Geräusch erschreckte einen, wahrscheinlich nur an Stille und Einsamkeit gewöhnten Elephanten so, dass er wild gemacht in einen Garten einzubrechen suchte; doch gelang es dem Cornac, seiner Meister zu werden, noch ehe ein Unheil angerichtet war. Als wir der Einmündung des Metong in den breiten und teilweise das Land überflutenden Menam erreichten, sahen wir auf der anderen Seite die Häuser und Strassen der Stadt Rahein oder Yahein (Lahaing) sich auf eine weite Ausdehnung am Ufer hinstrecken. Über die Art und Mittel der Überfahrt bedurfte es erst langer Erörterungen mit den Eingeborenen, bis es uns gelang eines Bootes habhaft zu werden, mit dem meine Diener und die übrigen Fußgänger übergesetzt werden konnten. Wir wateten dann mit den Elephanten zu einer Sandbank hinüber, auf der die Karen hin und her ritten, um eine passenden Furt zu finden. An einer scheinbar günstigen Stelle wurde der größte der Gepäck-Elefanten vorausgeschickt, und ich folgte auf dem meinigen beritten. Kaum waren aber die Tiere etwas in die Mitte des Stromes hinaus, als sie große Mühe hatten die Strömung zu stemmen. Die Heftigkeit nahm zu, je weiter wir uns dem abschüssigen Ufer der anderen Seite näherten. Der Elefant vor mir war schon so tief im Wasser, dass alle auf ihn gepackten Sachen in's Treiben gerieten, und plötzlich sah ich, wie das Tier seinen Fuß verlor und selbst zu treiben anfing. Der reißende Strom riss es mit unaufhaltsamer Schnelligkeit abwärts, und nur durch die gewaltigsten Anstrengungen gelang es dem Corac, in weiter Entfernung unterhalb an einer dort vorspringenden Spitze des glücklicherweise schon nahen Ufers anzulanden. Der Reit-Elefant war noch eben in Zeit angehalten und wurde nicht ohne Mühe nach der Sandbank zurückgebracht, wo ich warten musste, bis vom andern Ufer gesandte Boote mich mit den wichtigsten Teilen des Gepäckes nach der Stadt übersetzten. Die Elephanten langten dort erst viele Stunden später an, da sie einen weiten Umweg hatten machen müssen, um eine passierbare Furt zu finden.



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Als ich meine Dienerschaft wieder aufgefunden, verweilte ich unter den schattigen Bäumen eines mitten in der Stadt gelegenen Klosterhofes und ließ durch einen Boten meine Briefe und Papiere an den Gouverneur oder (da mir dessen zeitweilige Abwesenheit schon mitgeteilt war) seinen Stellvertreter überbringen. Bald darauf erschien der Sohn der Gouverneurs, der mich willkommen hieß und ausserhalb der Stadt nach einem weiten Klostergarten brachte, dem gegenüber ein reinliches und geräumiges Bambushaus stand, das er mir zur Wohnung während meines Aufenthaltes anwies. Bald fanden sich verschiedene Behörden ein, um ihre Aufwartung zu machen, Mönche kamen aus ihren Zellen herbei, und ein Haufe Neugieriger belagerte die Tür. Unter den Frauen bemerkte ich außer der gewöhnlichen Haartracht eine kammartige Frisur auf dem Hinterkopfe. Die Karen wurden abbezahlt und zeigten sich sehr überrascht und verlegen, als ich noch einige kleine Geschenke über den stipulierten Preis hinzufügte. Der Vormann erklärte, dieselben nicht annehmen zu können, da sie schon im Voraus berechnet hätten, wie viel auf jeden Kopf kommen und sich mit einer neuen Teilung nur unlösbare Schwierigkeiten bereiten würden. Die Siamesen konnten sie nicht genug über diese Skrupel auslachen und wunderten sich besonders, als ich dem Cornac des fortgetriebenen Elefanten für seinen Schrecken eine Vergütung gab, da sie meinten, ich hätte ihm vielmehr den Wert der durch seine Unvorsichtigkeit verlorenen Gegenstände an der Gage abziehen sollen.

Rahein schien eine lebendige und betriebsame Stadt zu sein. Ich hatte im Vorbeigehen viele Schiffe auf den Werften gesehen, teils halbfertige, teils alte zum Ausbessern. Einige der Strassen bildeten eine unterbrochene Reihe von Buden, die größeren Häuser (oft mit spitzem Dach) lagen meist in einem Hofe, zwischen den Nebengebäuden. Beim Besuchen des Klosters fand ich an dem das Hauptbild enthaltendem Steingebäude, das von mehreren kleinen Götzentempeln umgeben war, Frauen am Eingang sitzen, um Blumen und Buntpapier zu verkaufen. Als Geld wurden außer dem gewöhnlichen siamesischen kleine Porzellanstücke mit chinesischen Charakteren verwandt. Die ganzen Zugehörigkeiten des Klosters wurden von einer Steinmauer umschlossen, in die von der Straßenseite enge Türen führten. Vorbeigehende brachten mit zusammengelegten Händen Verehrung, und wenn sie einen Priester draußen stehen sahen, knieten sie vor ihm nieder. Auf den hohen Glockenturm führten steile Treppen. Da der Garten unmittelbar an den Menam-Fluß stieß, so hatten die Priester sich dort einen bequemen Badeplatz zubereitet, den auch ich in der Abendkühle benutzte. Beim Nachhausekommen fand ich die Zahl meiner Kranken durch den Koch und den Dolmetscher vermehrt. Der siamesische Name Rahein, oder eigentlich Raheng, wird von den Birmanen, die r und y verwechseln, Yahein gesprochen, während die Laos, die statt r nur l kennen, Lahein sagen.

Meine ersten Tage in Raheng gingen mit den Beratungen darüber hin, ob die von mir beabsichtigte Reise nach Bangkok zulässig sei, denn der Gouverneur (sowie vor seiner Rückkehr schon sein Stellvertreter) bestand darauf, dass nach dem Vertrage Siam nur von Bangkok aus betreten werden dürfe und Niemand im Lande ohne einen Pass des dortigen Konsuls reisen könne. Meine Einwendungen, dass die an diesen Konsul gerichteten Papiere des englischen Statthalters von Molmein als gleichbedeutend angesehen werden dürften, wollten sie nicht gelten lassen. Doch wurden meine in Birmanischem ausgestellten Pässe ins Siamesische übersetzt und wiederholentlich geprüft. Der Gouverneur schlug dann vor, dieselben nach Bangkok zu senden, um von dort die Antwort abzuwarten, gab indess schließlich nach, als er mich zu solchem Aufenthalt abgeneigt fand und ich Versuche machte, ohne seine Unterstützung auf eigenes Risiko abzureisen.

Ich hatte anfangs mit dem Stadtrichter verhandelt, dem meine Begleiter noch den birmanischen Tikel Sekay gaben, war aber bei der Rückkehr des Gouverneurs demselben vorgestellt worden. Eine vorgerückte Nachmittagsstunde war für die Zusammenkunft bestimmt, und der Richter begleitete mich zu demselben. Die Residenz bestand in jenem Konglomerat großer und kleiner Gebäude von Höfen umschlossen, wie man sie durchweg in Indien mit einem bezeichnenden Worte Compound (von dem Malayischen Kampong) nennt. Die Mitte nahm das Wohnhaus ein, eine von umlaufender Veranda umgebene Halle, an deren Seiten sich die Eingänge zu den kleineren Privatzimmern des Innern fanden. Im Hintergrund der Halle war mit einer Entfaltung aller Arten von Waffen geschmückt. In einem Gestelle standen Speere, Banner, Büsche und sonstige Embleme, wie sie den hohen Beamten als Zeichen ihrer Würde beim Ausgang voraus getragen werden. An der Rückwand hingen, sorgsam gruppiert, Schilde und reich verzierte Schwerter, sowie eine Auswahl der verschiedenen Hieb- oder Schutzwaffen, wie sie von den umwohnenden Bergstämmen gebraucht werden. An der einen Seite der Halle stand ein gedeckter Tisch, der eine lange Reihe von Speiseschüsseln trug, lackierte oder metallene Schalen, jede mit dem Aufsatz einer Blätter-Pyramide als Deckel. An dieselben war ein Armstuhl chinesischer Arbeit gerückt, und in der Mitte des Zimmers stand ein ähnliches Möbel, das für mich bestimmt war. In einiger Entfernung, daneben und dahinter, lagen buntgewirkte Teppiche mit hohen, dicken Kissen, die beim Niederlegen zum Anlehnen dienen. Am Kopfende eines jeden fanden sich Gold- und Silbergefäße, Spucknäpfe, Trinkbecher oder Beteldosen.

Als der Gouverneur oder Chao-Myang, den meine Birmanen den Mingyi (Großfürsten) nannten, eintrat, reichte er mir seine Hand zum englischen Gruß, der indess bei seinen zolllangen Fingernägeln etwas schwierig auszuführen war. Die vornehmen Siamesen adoptieren gern diese chinesische Sitte, um dadurch zu zeigen, dass sie einer Bürgerklasse angehören, die von Händearbeit befreit ist. Die ganze Versammlung lag beim Eintritt des Fürsten natürlich auf Ellbogen und Knieen, doch wurde dem Richter und höheren Beamten die Gnade eines herablassenden Winkes, der ihnen erlaubte, sich nach den Teppichen hinzuwälzen, um auf dieser weicheren Unterlage Platz zu nehmen. Das übrige Gefolge musste es sich auf dem Fußboden bequem machen. Der Mingyi trug unter seinem Putzo oder Lendentuche ein silberdurchsticktes Untergewand, einen kostbaren Überwurf in der Form eines Schlafrockes am Oberkörper und chinesische Pantoffeln. Er ließ sich auf den einen Armstuhl nieder, mit Schwertträgern, Schreibern, Zigarren- und Betelknaben zu seinen Füßen, und begann dann ein längeres Gespräch über die verschiedenen Nationen, die die Erde bewohnen, mich über meine Reisebeobachtungen in anderen Ländern, meinen Aufenthalt in der Hauptstadt Birmas und Ähnliches mehr befragend. Er spielte mehrfach auf die Beziehungen zwischen Franzosen und Engländern an, sprach von den Kriegen des großen Napoleon und kannte ebenso den jetzigen Kaiser. Auch die Kunde des furchtbaren Bürgerkrieges in den Vereinigten Staaten war schon bis dahin gedrungen. Dann wandte sich die Unterhaltung auf meine Reisezwecke, und gab besonders der Unterschied zwischen den Lehrern der Weisheit oder der Philosophie und den aus den Missionaren gekannten Lehrern der Religion Gelegenheit zu weiterer Diskussion. Nachdem etwa eine Stunde so verbracht war, bat mich der Gouverneur, sein Gast zu sein, und ließ die auf den Tisch gestellten Schüsseln aufdecken. Die kleineren derselben enthielten alle Arten Ragouts und Frikassees, gebratene oder gekochte Enten und Hühner, Schweinefleisch, Fische und Saucen. Ein gigantisches Gefäß mit Reis wurde hereingebracht und neben uns auf die Erde gestellt. Ein dahinter kniender Diener füllte die Essschalen mit Reis, der dann mit den auf dem Tische gebotenen Zutaten gegessen wurde; für mich hatte man Messer und Gabel hingelegt, die gewechselt wurden, als der zweite Gang der Süßigkeiten erschien: Kuchen, Konfitüren, verzuckerte Bananen, ein Kokosnuß-Pudding u. dgl. m. Wasser wurde in Gläsern gereicht, und zum Abspülen der Hände stand ein Wasserbecken bereit.



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Nachdem abgetafelt war, kehrte ich zu meinem früheren Sitz zurück, und ging das Gespräch noch einige Zeit fort, während schmale Tassen mit Tee herumgereicht und Zigarren geraucht wurden. Beim Fortgehen hatten wir Mühe, uns durch die Zuschauermenge durchzudrängen, die sich inzwischen vor dem Hoftor angesammelt hatte, und kamen wir erst spät, unter Vorantragen von Fackeln, nach unserm Logis zurück.

Am nächsten Tage stattete ich dem Abte des nahe gelegenen Klosters (Kyaung im Birmanischen oder Vat im Siamesischen) meinen Besuch ab, des Klosters der Kokosnuß-Palmen, das in einem weiten, dicht beschatteten Garten lag. Die Mönche bewohnten enge Zellen in einem niedrigen Steinhause. Die übrigen Gebäude dagegen, die Tempel, die Götzenhallen, die Betplätze waren meistens aus Holz und an den Wänden vielfach mit bunten Darstellungen aus dem Jataka bemalt. Die Insassen waren meistens Laos aus Xiang-Mai (Zimmay), und ihre Bücher auch noch mit dem dort, sowie in Labong und Lagong gebräuchlichen Alphabet geschrieben. Die Buchstaben gleichen in ihrer runden Gestalt den birmanischen; doch sind einige Formen abweichend und die ganze Schreibart wegen der vielfachen Schnörkeleien schwieriger zu lesen. Die Knaben in der Klosterschule lernten indess dieses und nicht das eckige Alphabet der Siamesen. Doch sah ich außer den Palmschriften schon einige der Zickzackbücher aus dickem groben Papier, wie sie in Siam gebräuchlich sind.

  Während in den birmanischen Klöstern meistens eine große Pagode den Mittelpunkt bildet, enthalten die siamesischen gewöhnlich verschiedene kleinere, denen in den meisten Fällen der Tih oder Schirm fehlt; dieser mangelte auch die Achtzahl der niedrigen Pyramiden, die den aus Stein gebauten Tsein umgaben, der sich in einem Teil des Klosterhofes neben dem Zayat befand. Zwischen denselben waren die acht Steinpfeiler Sema gestellt, oben in der Gestalt einer Bischofsmütze gebogen, die den heiligen Raum der Klosterfreiheit einschließen und innerhalb welcher die Priesterweihe vollzogen wird.

Die Priester haben allerlei mystische Erklärungen ihrer Bedeutung, wie sie den in magischer Beziehung zu den Körperorganen stehenden Charakteren eines in Gautama's Zeit verloren gegangenen Buches entsprächen, mächtige Talismane unter ihnen begraben seien und Ähnliches. Die siamesischen Tempelhallen pflegen mit Buddhabildern aller Größen und Formen gefüllt zu sein, aber auf dem Hauptsitz bemerkt man häufig zwei Figuren, eine etwas kleinere, vor einer riesenhaft großen dahinter. Die Mönche unterscheiden meistens die erstere als Khodom (Gautama) von der andern, Xina genannt, oder nennen sie auch die Brüder. Der bei den Jainas gebräuchliche Name Xina (Jina) oder Sieger wird von den Birmanen demjenigen gegeben, der fünf Tyrannen überwunden hat (Mara-na-pa-ko-ausi-so-su), nämlich Khanda-Mara (die Körperlichkeit), Abhisingkhara-mara (die Abhängigkeit von den vier Ursachen), Kilesa-mara (die Leidenschaften), Mazzu-mara (Tod) und deva-putta-mara (die teuflichen Widersacher), also einem Buddha. In einem der Nebengänge des Klosters in Rahein, sowie später in anderen siamesischen, fand ich einen ganzen Stapel zum Teil schon halbverfaulter Holzblöcke aufgeschichtet und sah bei genauerer Untersuchung, dass sie alle unverkennbar in der Form einer Linga geschnitzt waren. Solche Symbole, wie ich beiläufig erfuhr, werden in den Klöstern, besonders aber in dem Dämonen-Tempel, für geschlechtliche Fruchtbarkeit dargebracht.


Der Gouverneur hatte sich bei meinem Besuche noch nicht mit Bestimmtheit über die nötige Erlaubnis zu meiner Reise ausgesprochen und ersuchte mich, auf meine weitere Anfrage, bis zu seiner Rückkehr zu warten, da er eine Pilgerfahrt nach einer nahegelegenen Pagode zu unternehmen habe. Diese Botschaft war von Geschenken an feinem chinesischen Tee, getrockneten Früchten und Zuckersachen begleitet, versüßte mir aber dadurch die Verzögerung nicht, weil manche Ursachen vorlagen, die möglichst baldigen Aufbruch wünschen ließen. Für mein immer noch nicht gehobenes Fieber konnte ich nur von einer regelmäßigen Kur in Bangkok Genesung hoffen, und außerdem schienen meine Leute aus Langeweile Einer nach dem Andern krank zu werden, oder bildeten es sich wenigstens ein, da ich nicht Beschäftigung genug für sie hatte, um ihnen solch' müßige Gedanken auszutreiben. Mein ganzes Haus war ein Lazarett und wurde es noch mehr durch die Kranken, die man von allen Seiten herbeibrachte, oft in einem solchen Zustande, dass sie kaum wieder fortgeschafft werden konnten. Die Stadt war des Lobes voll über die Wunderkuren, die durch die fremdländischen Medizinen an allen Ecken und Enden gewirkt wurden; doch führte ich meine Statistiken etwas genauer, als unsere Universalisten, um nicht zu wissen, dass aus Zehn Einer, der sich momentan besser fühlt, aus Dankbarkeit gern in die Ruhmesposaune bläst, während die anderen Neun stillschweigen und auf eine Nachkur hoffen.

Die Stadt Rahein zieht sich ganz längs des Flusses hin und besteht fast nur aus einer einzigen langen Strasse, von der schmale Gassen zu den verschiedenen Anlegeplätzen hinablaufen. Die Häuser der Vornehmen waren von Gärten umgeben und in Hecken aus Bambu eingefasst. Keinen geringeren Anteil der Bevölkerung bilden die Chinesen, die besonders dasjenige Stadtviertel bewohnen, in dem die Märkte abgehalten werden. Ihre große Zahl bringt mehr Rührigkeit in das dortige Leben, als man es gewöhnlich unter der apathischen Bevölkerung Siams fand, und hatte auch den Vorteil, dass man sich in ihren besser versehenen Läden manche Luxusartikel verschaffen konnte, an die der einheimische Kaufmann nicht gedacht haben würde. Auch mein Koch hatte weniger Schwierigkeiten für seine Anschaffungen. Jeden Morgen zog ein chinesischer Schlächter durch unsere Strasse, seine Gegenwart durch das Blasen eines Hornes kundgebend, und man konnte sich durch ihn das frischgeschlachtete Schweinefleisch in's Haus schaffen lassen. So bequem war es uns in Birma nicht geworden. Auf weniger lobenswerte Weise machten sich die Chinesen durch die Opiumhäuser bemerkbar, sowie durch Hazardspiele, für die überall Einrichtungen getroffen waren. Eine sehr gebräuchliche Geldsorte in Rahein waren runde Porzellanstücke mit chinesischen Charakteren, ungefähr unseren Whistmarken entsprechend, die natürlich gar keinen intrinseken Wert hatten, aber da sie unter den Spielern jeden Augenblick wieder angebracht werden konnten, allgemeinen Kurs besaßen und fast von Jedem ohne viele Schwierigkeiten genommen wurden. Das eigentliche Geld Siams, die kugeligen Tickal mit dem Gepräge des Königs, sah man sehr wenig. Mit Pagoden war die Stadt reichlich versehen. Die Festtage schienen streng gefeiert zu werden, und konnte man an denselben den Chorgesang der Mönche weithin durch die Abendstille vernehmen.

Bei dem aus der Unschlüssigkeit des Gouverneurs drohenden Aufenthalte hatte ich mich bemüht, auf eigene Hand Boote zu mieten, stieß aber auf unerwartete Hindernisse, da die Eigentümer fürchteten, von der Regierung belangt zu werden, wenn sie meinem Verlangen nachkämen. Der Richter, der von den getanen Schritten hörte, vertröstete mich auf die Rückkehr des Gouverneurs, der dann sogleich Befehl geben würde, dass man Regierungsfahrzeuge zu meiner Reise ausrüste, denn auf andere Weise gezieme es sich nicht, dass ein so werter Xenos die Reise nach der Hauptstadt mache. Auch hörte ich einige Tage darauf zu meiner Freude, dass die Kähne bald zu meiner Disposition bereit liegen würden. Jetzt blieb noch die Frage, was mit meinem gebrechlichen Personal anzufangen war. Diejenigen, die sich, schon in Molmein mit chronischen Übeln behaftet, hatten engagieren lassen, und in einem Zustande, der, wie sie selbst vorher wussten, zu jeder anstrengenden Arbeit unfähig machen musste, erhielten den Bescheid, dass ich ihnen zwar einen Platz in meinen Booten erlauben würde, dass sie aber selbstverstandener Weise nicht verlangen könnten, dass ich ihnen noch weiterhin einen monatlichen Gehalt zahlen solle für die Mühe, sie mitzuschleppen und von alten, schamvollen Krankheiten zu kurieren. Sie hatten schon seit länger große Zerknirschung und Reue gezeigt, waren auch für dieses Anerbieten sehr dankbar, aber der unruhige Moung-Lin, der sich seit seiner Rebellion auf der Reise nach Maetata immer etwas aufsätzig gezeigt und seinen früher verlangten Abschied erhalten hatte, setzte ihnen in den Kopf, dass sie leichter von Rahein als von Bangkok aus nach Birma heimkehren könnten und mit ihm in der ersteren Stadt zurückbleiben sollten, da in kurzer Zeit eine Karawane nach der Grenze aufbrechen würde. Als mir dieser Entschluss mitgeteilt wurde, konnte ich nichts dagegen haben, unnütze Mitesser loszuwerden, zahlte den Rest des einmal bedungenen Lohnes für die schon verflossene Dienstzeit und ließ so viele Medizinen, als sich aus meinem Vorrat sparen ließen, mit den nötigen Anweisungen für die Patienten zurück. Der Richter versprach mir auf meine Bitte, zu sorgen, dass sie bei passender Gelegenheit ungehindert abziehen könnten und mit den nötigen Pässen versehen werden würden.

Nach einem Abschiedsbesuch bei dem Gouverneur schiffte ich mich am Nachmittag des 10. Dezembers auf einem geräumigen, wohlbedeckten Boote ein, das außer dem Steuermann durch fünf Ruderer bemannt war. Meine Begleitung bestand jetzt nur aus dem alten Dolmetscher, dem Kreolen und dem Koch nebst seinem Gehilfen. Ich benutzte die Flussfahrt, um mich mit den Buchstaben des siamesischen Alphabetes vertraut zu machen, erlernte aber das geläufige Sprechen erst später in Bangkok, nachdem ich mich von meinen bisherigen Dienern getrennt hatte, denn so lange ich mit solchen Birmanisch sprach, traten die Laute dieser verwandten Sprache hindernd der Erlernung einer neuen entgegen.

Die Ufer des breiten Flusses waren mit buschiger Vegetation bedeckt, zwischen der hie und da Bananengärten eine offene Stelle bildeten. Eine in mannigfaltigen Gipfelungen wechselnde Bergreihe, die Ausläufer des Laoslandes, zog sich am Horizonte hin und zeichnete seine Formen scharf an dem reinen Himmel ab. Wir hielten uns in der Mitte des Flusses, um vom Strom hinab getrieben zu werden, und näherten uns erst mit einbrechendem Abend dem Ufer, um in der Nähe einiger Häuser, mit Hürden für Büffelherden, anzulegen und die Nacht zu verbringen. Mit der Sonne aufbrechend, fuhren wir am nächsten Tag zwischen bewaldeten Ufern hin, auf denen sich hie und da einzeln zerstreut ein Dorf zeigte. An solchen für den Anbau gelichteten Stellen traten dann immer prächtige Exemplare eines vollwüchsigen Baumschlages auf, während in dem Urwalde die Individuen sich schwerer unterschieden und durch zu nahes Beisammenstehen gegenseitig im Gedeihen schaden. Wir fuhren an einigen langen Flössen vorbei, auf denen für die Schiffer mit ihren Familien ein halbes Dutzend Hütten aufgeschlagen waren, und hielten zum Kochen des Frühstücks in der Nähe eines Hauses, in dem Weber beschäftigt waren. Am Nachmittag gerieten wir in seichte Stellen, auf denen die Boote wiederholt festliefen. Außer den Sandbänken machten auch die aufgesteckten Fischreusen vielfaches Ausweichen nötig. Nach kurzem Aufenthalt zur Abendrast setzten wir unsere Fahrt während der Nacht fort und langten am nächsten Morgen früh in Kampengpet an, der in der siamesischen Geschichte berühmten Hauptstadt der diamantenen Mauer, von der sich noch Ruinen mit Steinschriften im nahen Dschungel finden. Bis so weit reichte die Gerichtsbarkeit des Gouverneurs von Rahein und musste deshalb das von ihm gegebene Boot dort durch ein anderes ersetzt werden. Auf meine deshalb an den Gouverneur geschickte Botschaft führte mich dessen Diener beim Landen nach einem Kloster, mit der Bitte, dort meinen Aufenthalt zu nehmen, bis die Boote zur Reise fertig sein würden. Man räumte mir dort zum Logis eine der Kirchenhallen ein, mit einer Kanzel in der Mitte, von der herab alle vierzehn Tage Kapitel aus der Vinay vorgelesen werden. Auf beiden Seiten der Kanzel liefen Pfeilerreihen hin, und die Zwischenräume derselben waren mit langen engen Papierstreifen zugehängt, die in bunten Farben Szenen aus dem Jataka zeigten. Andere waren auf helltransparentem Ölpapier gemalt. Ein breiter Vorhang, mit Episoden aus Gautama's Leben bedeckt, war der Kanzel gegenüber platziert. Von der Decke hingen wimpelartige Papierfahnen herab in verschiedenen Farben, und dazwischen waren aus Papier gearbeitete Blumen oder Büschel aufgesteckt. Diese in Birma unbekannte Papierverschwendung deutete auf den Einfluss der Chinesen, die, wie die Japaner, dieses leichte Material zu allen möglichen Dingen verwenden und besonders gern ihre für das unsichtbare Jenseits bestimmten Opfergaben daraus arbeiten, da das im Tempel verbrannte Goldpapier sich im Himmel in vollgültiges Gold verwandeln wird. Neben der dicken Trommel, die für die Zeit des Gottesdienstes in eine Ecke weggesetzt war, ließ ich mir auf einer Ballustrade mein Bett aufmachen, und hatte so ein frisches und luftiges Quartier, da die durchbrochenen Gitterfenster auf allen Seiten eine frische Ventilation unterhielten.

Es währte nicht lange, bis sich mein Zimmer mit neugierigen Mönchen und Novizen füllte, die den ihnen aufoktroirten Gast zu besuchen kamen und mir Mancherlei erzählen konnten. Ihr Bischof, den ich im Hof den Bau eines Bootes überwachen sah, hat die geistliche Gerichtsbarkeit über acht Klöster. Im Götzentempel fand ich eine gigantische Figur Buddha's neben mehreren kleinen, von denen einige durch fromme Verehrer mit Stoffen bekleidet waren. Die Pagoden des Klosterhofes waren klein und niedrig, aber in barocker Weise der opera vermiculata oder sectilia mit Glas und anderem Tand verziert.

Die Stadt fand ich bei meinem Spaziergang durch dieselbe ziemlich wüst und tot. Nur ein Teil derselben war regelmäßig in Straßen ausgelegt, der andere schien halb im Dschungel zu stehen. Chinesen sah man keine, und die Annahme des bisher gebrauchten Porzellangeldes wurde hier verweigert. Unter den Laos ist Porzellan und selbst das gewöhnliche Töpfergeschirr selten, da sie die meisten Gerätschaften, auch zum Essen, aus Rattan flechten. Die englischen Rupien, die ich soweit noch hatte ausgeben können, mussten hier gegen das siamesische Geld gewechselt werden, in Stücken von 4 Annas oder 2 Annas im Wert. Eine kleinere Münze als 2 Annas gab es nicht, und wer etwas unter diesem Preis zu kaufen wünschte, hatte zu warten, bis das Hinzutreten eines neuen Bedürfnisses die Ausgabe eines solchen Betrages rechtfertigte, oder musste sich mit anderen Kauflustigen zusammentun und sich mit ihnen halbpart berechnen. Mitunter konnte man sich durch Tassen mit Reis helfen, und in Socotra sollen kleine Stücke Ghi oder Butter zum Wechseln dienen.

Als ich bei dem Fluss vorbeikam, sah ich ein Elefantenweibchen, das mit seinem Jungen zum Baden geführt wurde, dasselbe durch Bespritzen mit dem Rüssel abwusch und es an einer tiefen Stelle über dem Wasser erhielt, da es das Schwimmen noch nicht zu verstehen schien. Außer Elefanten waren auch Ochsenkarren für den Landtransport gebräuchlich.

Am Abend hatte ich einen unangenehmen Auftritt mit dem Matrosen, der sich in der letzten Zeit allerlei ungebührliche Freiheiten herauszunehmen anfing und den es Zeit war, zur Raison zu bringen. Im Beginn der Reise versah er seine Dienste und Aufträge mit großer Pünktlichkeit, und da er mir durch seine Handfertigkeit und mechanisches Geschick von vielem Nutzen war, so hatte ich ihm, besonders während der Dauer meiner Krankheit, Manches nachgesehen. Allmählich aber wurde er in seinen Forderungen immer dreister. Auf Reisen, wo nicht die augenblickliche Umgebung, sondern nur das zu erreichende Ziel von Interesse ist, muss dem Zweck des Vorwärtskommens jeder andere untergeordnet werden. Ich war deshalb in Einteilung von Tagen und Nächten sehr unregelmäßig und ließ vielfach, um eine gute Fahrt nicht zu unterbrechen, die Frühstücksstunde sich bis zum Nachmittag hinziehen oder auch ganz ausfallen. Das aber gefiel meinem Herrn Blaujacke nicht. Er wollte seine richtigen Rationen haben, wo möglich wahrscheinlich auch Erbsen und Speck, um das Dolce farniente auf dem Boote in unterhaltender Abwechslung zwischen Essen und Schlafen zu verteilen, und ließ sich mit der kalten Küche, die ich ihm zur unbeschränkten Disposition gestellt hatte, nur auf kurze Zeit abspeisen. Als er jetzt mit neuen Ansprüchen hervortrat, wurde ihm einfach und bündig erklärt, dass er im Voraus gewusst habe, zu welcher Art der Reise er sich engagiere, und dass er, da seinetwegen eine Änderung in den Plänen nicht eintreten könne, bei weiterer Belästigung, wo es immer sei, zurückgelassen werden würde, um seinen eigenen Weg zu finden. Ich hielt das Ganze damals nur für einen jener Ausbrüche der Morosität, denen die meisten der braven Seeleute unterworfen sind, die, wie Kapitäne genugsam wissen, gewöhnlich dann am Meisten murren und stöhnen, wenn es ihnen am Besten geht. Erst später, aus anderen Entdeckungen wurde mir klar, dass ich während der ganzen Reise einen Galgenvogel um mich gehabt hatte, der anfangs mein Vertrauen nur deshalb zu gewinnen gesucht hatte, um später desto sicherer seine Gelegenheit zu erspähen, und der deshalb desto eifriger nach Zwist und Streit aussah, je mehr die Reise ihrem Ende entgegenging.

 

Am nächsten Morgen machte ich dem Gouverneur meine Aufwartung, ein weißbärtiger Alter, der mich freundlich empfing, aber schlechte Nachrichten gab. Passende Regierungsboote seien augenblicklich nicht da, und es würde wohl längere Zeit darüber hingehen, bis sie angeschafft werden könnten. Da ich indes gegen jeden unnützen Aufenthalt protestierte, wurde zuletzt ausgemacht, dass mich das von Rahein mitgebrachte Boot bis zur nächsten Station weiterführen solle. Auch hatte ich wohlweislich einen Teil meines Gepäckes darin belassen, damit ich nicht etwa, wenn es zurückkehre, ehe das neue da sei, mich unversehens auf dem Trockenen sitzen fände. Wir lagerten während dieser Unterhaltung auf Teppichen mit hohen dreieckigen Kissen zur Rückenlage und hatten eine zahlreiche Versammlung als lautlose Zuhörer.

Ich hatte verschiedentlich das Gespräch auf die Überreste des alten Kampeng pet und seine Befestigungen zu wenden gesucht, der Gouverneur aber brach beständig von den Fragen ab und bemerkte nur einmal kurz, dass sie auf mehrere Tage Entfernung in einen unzugänglichen Dschungel lägen. Wahrscheinlich trug die Angst über meine Lust, dort einen Besuch abzustatten, am Meisten dazu bei, dass die im Anfang der Verhandlung als höchst schwierig dargestellte Frage der Weiterreise sich nachher plötzlich so leicht löste. Für nachkommende Reisende sei aber hier die mir später gewordene Nachricht eingeschaltet, dass diese Ruinen ganz in der Nähe der jetzigen Stadt liegen sollen, und also leicht zugänglich, was immer alte freundliche Ming gyis darüber oder dagegen sagen mögen. Im alten Kampheng pet war der in goldene Wiege gelegte Uthong geboren, dem ein Sagenzyklus die Gründung Ayuthia's zuschreibt, während sie ein anderer mit dem am östlichen Arm des Menam herrschenden Phra Ruang verknüpft, der eben so gut wie der Aechter (utilegumadhr) Eyvindr oder Fjalla-Eyvindr wasserdichte Körbe zu flechten verstand (Maurer).

Am Mittage des nächsten Tages begab ich mich wieder an Bord des Kahns, den der Gouverneur mit frischen Kokosnüssen, Zuckerröhren und anderen Erfrischungen hatte füllen lassen. Die sandigen Ufer waren mit Wald bedeckt, und konnten wir am Abend wegen der seichten Bänke nur auf weite Entfernung anlegen, so dass ich mich auf dem Rücken der Bootsleute an's Land tragen lassen musste. Noch vor der Dämmerung aufbrechend, fuhren wir zwischen dichtem Wald hin, bis wir um Mittag an das Dorf Bansu gelangten, wo unsere Leute sich mit einem Vorrat der Harzfackeln versahen, die dort in der Umgebung verfertigt und exportiert werden. Die Häuser standen zwischen den Bäumen des nur halbgelichteten Waldes, hie und da mit einer Bananen-Anpflanzung. Auf der Weiterfahrt zeigten sich einige offene Stellen zwischen dem Dschungel, doch bestand das Dorf der Nachtrast nur aus einigen ärmlichen Hütten. Auch hier fand sich die unter den Xong gebräuchliche Fackelmanufaktur. Der Dammer wird aus dem umgehauenen Baume durch darunter angezündetes Feuer zum Ausfließen gebracht und in einer Höhlung angesammelt, um entweder zum Verpichen der Boote zu dienen, oder mit Harz vermischt zur Anfertigung von Leuchtmaterial. Man schüttet verfaultes Holz darauf und lässt es in einer Grube bis zum Verdicken stehen, worauf die in Blätter aufgerollte Masse mit Rinden umgeben und durch Rattan festgebunden wird.

Am folgenden Tage blickten mehrfach Häuser und Dörfer zwischen dem Walde hervor. In dem Dorf Tungan fand ich, in Büschen versteckt, einen Dämonentempel, der auf niedrigen Terrassen mit roten und weißen Tüchern umhangen war. Am Abend kamen wir in Müangklang an, der Station eines neuen Distrikts, wo der mir beigegebene Beamte seine Papiere abzugeben hatte, um das Boot durch ein anderes zu ersetzen. Ich legte ihm an's Herz, den Wechsel so rasch wie möglich zu betreiben, sah ihn aber bald mit langem Gesicht zurückkommen, berichtend, dass der Amtmann seit mehreren Wochen nach Bangkok abgereist sei, sein Stellvertreter sich aber auch auf seinem eine halbe Tagereise entfernten Landgut befinde, wo er die Feldarbeiten beaufsichtige. Nachdem noch in der Nacht Boten abgeschickt waren, um den letzteren herbeizurufen, legte ich mich in dem Kahne zum Schlafen nieder. Die Stadt oder das Dorf, wie ich am nächsten Morgen fand, bestand nur aus halbverfallenen Hütten, die zwischen Bäumen und Bananen-Anpflanzungen umherstanden. Auch der Klosterhof sah verwildert aus, voll rankenden Unkrauts. Derselbe war ohne Abt und enthielt auch keine Bücher, wie ich auf meine Nachfrage danach hörte. Dennoch hatte die Geistlichkeit großen Einfluss, denn ihr Verbot, nicht zu fischen, wurde so treulich gehalten, dass ich am Flusse Stellen sah, so mit Fischen gefüllt, dass man sie mit Händen hätte greifen können. Jagd war natürlich ebenso verpönt. Eine im Flusse liegende Sandbank war derart mit Wasservögeln, wilden Gänsen, Kranichen, Pelikanen, Störchen bedeckt, dass sie wie ein weißes Laken aussah; und als ein Bauer, der auf seinem Büffel den Fluss durchschwommen hatte, dort kreuzte, sprangen die Vögel eben nur so wenig auf die Seite, um ihm eine schmale Passage zu eröffnen, da sie nichts von Scheu oder Furcht wussten. Jenseits des Dorfbezirkes indes durften die Fischer ihr Handwerk treiben, und fand ich sie dort mit dreieckig gespitzten Speeren am Werk. Der Fluss breitete sich daselbst in ein weites Bett aus hinter schroff vorspringenden Felsen, die zu den Konnoh-Bergen gehören.


Phra Malai Manuskript

Einen Teil des Tages brachte ich in der Zelle eines Mönches zu, der mir zwei rote Tafeln zeigte, auf denen vergoldete Bilder mit flacher Rückseite aufgeklebt waren. Oben stand eine Pagode, darunter die Trinität der drei Kostbaren, dann ein sitzender Buddha zwischen zwei schlafenden, dann verschiedene Reihen von sitzenden Buddhas mit anbetenden Verehrern umgeben, dann der Sarkophag des zum Nibpan [Nirvana] eingehenden Buddha, dann ein von Elefanten mit Wasser bespritzter Berg. Bücher besaß er nur wenige. Wo immer sich dieser oder einer der anderen Mönche auf der Strasse zeigte, kniete Alles nieder. Auch meine Bootsleute schienen von der Verdienstsucht angesteckt, denn ich sah einen derselben einen Käfig fortnehmen, den darin befindlichen Vogel in Freiheit setzen und das zerbrochene Gefängnis in's Wasser werfen. Spät am Abend wurde mir mitgeteilt, dass der Unteramtmann soeben angekommen sei und mich am andern Tage aufsuchen würde. Schon früh am Vormittage war er da und ließ unter dem Baum, wo ich saß, Teppiche ausbreiten, sich entschuldigend, dass er mich nicht in seiner Wohnung empfange, da dieselbe noch unvollendet sei. Die ganze Existenz dieser Stadt datiere erst seit drei Jahren, als von Bangkok Befehle heraufgekommen wären, sie anzulegen. Wenn man alle Häuser, groß und klein, zusammenrechne, könnte sie ungefähr 2000 enthalten. An einer Stelle des Flusses fand sich der aus Mauersteinen aufgeführte Unterbau einer alten Pagode in pyramidalischer Form. Auf mein Drängen nach möglichst rascher Abfertigung konnte ich um Mittag in das andere Boot übersiedeln, empfing noch einen Besuch des Beamten, der mir Geschenke in Konfekt brachte, sowie des Richters, von dem der Koch mit Hühnern und Reis verproviantiert wurde, und ließ dann aufbrechen. Nach kurzem Aufenthalt in einem Dorfe am Wege, wo einer der Bootsleute eine Bestellung auszurichten hatte, kamen wir Abends in dem Dorfe Kaulao an, dessen Häuser in regelmäßiger Linie rangiert waren, so dass sie Gassen bildeten. Fische wurden durch Aufhängen in der Luft getrocknet. Da bei schwacher Bemannung des Kahns sich bei seichten Stellen oft Schwierigkeiten zeigten, ließ ich von dem dortigen Amtmann noch einen Bootsmann zufügen. Am nächsten Tage waren die Ufer schroffer, obwohl nur niedrig. Da die Bootsleute ihren mitgenommenen Vorrat aufgezehrt hatten, legten sie an einem Dorfe an, um Reis zu kaufen, konnten indes keinen erhalten; doch trafen wir bald darauf Netzfischer, die einen so reichen Fang getan hatten, dass sie uns auf unser Verlangen das ganze Boot voll Fische schütteten, ohne Bezahlung dafür annehmen zu wollen. Die größeren Gattungen von Fischen warfen sie alle in's Wasser zurück, da sie giftig wären (Doch geschieht dies auch als Abschlagszahlung für die im Fischfange begangene Sünde) und nicht gegessen werden dürften. Wir legten dann am nächsten Dorfe Brankün an, und während das Frühstück bereitet wurde, streifte ich in der Umgegend umher und traf abseits vom Wege einen Dämonen-Tempel, wo an bestimmten Tagen, wie mir gesagt wurde, die Dorfbewohner durch Tanzen und Opfergaben ihre Verehrung darbrächten. Diese mit viereckigen Frangen-Tüchern roter und weißer Farbe umhangene Struktur bestand in zwei aus Bambus gefertigten Terassen, die von einem Dache bedeckt waren. In der oberen Etage waren auf drei Planken, drei Figuren mit königlichen Emblemen geschnitzt, die mir als Chao Songkai, Chao Mongkong und Chao Po bezeichnet wurden. Das eine Bild, die Beine über einander geschlagen, war mit einer spitzen Kopfbedeckung geschmückt, das andere, in tanzender Stellung, trug Lotus und andere Blumen in seinen Händen, das dritte, mit geflügelter Kopfbedeckung, hielt eine Muschel und hatte den einen Fuß nach hinten zurückgestoßen. Zwischen ihnen lehnten Holzknüppel, die, wie die Eingeborenen auf meine Frage behaupteten, Blumen-Bäume vorstellen sollten, die aber zu deutlich ihre Natur als Lingam verrieten, als dass ich mich damit zufrieden geben konnte. Ich erfuhr dann, dass diese Stöcke Nak-Mai ((Frauen der Nak oder Nat) genannt wurden, aus einer Art Geschlechtsverwandlung, da die Nat beim Volke als weiblich betrachtet werden. An den Füßen der Kapelle war ein kleiner Holz-Elefant gesetzt von einem Kranken, der dadurch den Dämon bitten ließ, dieses edle Tier statt ihn zu essen. Diese drei Dämonen bilden die Schutzgottheit des Dorfes, und eine Cicerone fügte hinzu, dass, wenn ein Fürst oder großer Herr in zorniger Aufwallung stürbe, er sich in einen Dämon verwandle und zum Protektor auserwählt werden könne. Die Seelen der guten Schamanen empfangen in Sibirien weniger Verehrung, als die der bösen, die schaden können. Das Grab der Madame Todd (Frau eines Missionärs in Mandura), die 1833 gestorben war und bei den Eingeborenen in guter Erinnerung stand, fand man 1853 mit Öl bestrichen und mit Lampen behängt, da es in eine heilige Opferstätte verwandelt war, wo Gelübde abgelegt und Wunder geschahen (nach Taylor). Ein Missionär in Tinnevelly erzählt, wie ein Engländer, ei höchst gottloser Mensch, nach seinem Tode von den Shanars angebetet wurde, weil diese fürchteten, dass seine Seele sich in einen Dämon verwandeln möge und sie quälen.

Am Nachmittage passierten wir den Einfluss des Pitsanulok-Flusses in den Menam, und vor dem auf der vorspringenden Landzunge gebauten Zollhause lagen eine Menge größere und kleinere Schiffe, die dort ihre Papiere revidieren lassen und die Steuer von ihrer Fracht entrichten mussten. Die Ufer zeigten weiterhin eine rötliche Färbung, und Abends langten wir in Nakkonsavan, einer neuen Wechselstation an. Ich schickte sogleich zum Gouverneur, der mich zu sich nach seinem Hause einladen ließ, und mir dort mitteilte, dass er schon vor zwei Tagen auf dem Punkt gewesen, nach Bangkok zu reisen, wo der König die Kopfscherung eines seiner Prinzen feierlich zu begehen beabsichtige und dazu alle höheren Beamten längs des Flusses zu sich entboten habe. Eben vor der Abfahrt habe er aber durch einen Eilboten die bevorstehende Ankunft des hohen Fremden erfahren und deshalb dieselbe bis jetzt aufgeschoben, um dem König sogleich die direktesten Nachrichten bringen zu können. So sah ich mich auf einmal in eine wichtige Standesperson verwandelt, ohne noch selbst zu wissen, wodurch und wozu. Vermutlich aber lag in dem mir aufgedrungenen Charakter noch etwas Anderes als die Ehre. Der Gouverneur in Rahein hatte sich aller Wahrscheinlichkeit nach meinem unabhängigen Reisen besonders deshalb entgegengesetzt, weil er, als ohne Präzedenzfall, ungewiss war, wie er sich bei der ganzen Sache zu benehmen habe. Er mochte es deshalb für das Sicherste halten, mich als eine Art Staatsgefangenen mit Regierungsbooten nach Bangkok zu expedieren, damit dort weiter entschieden werden möge.


  

Die Pfeiler der Halle, in der wir auf einem Teppiche beisammen saßen, waren mit Schnitzereien verziert, und zwischen der mittleren, über dem Prunksitz des Gouverneurs, waren Bänder im Viereck gezogen und Papierblätter daran gehängt mit magischen Zeichen und Quadraten, die von Priestern geweiht waren. Der Fürst war mit vieler Eleganz gekleidet und trug einen reich verzierten Gürtel mit Juwelen besetzt. Er erzählte mir, dass die alte Stadt Nakhonsavan, die in der siamesischen Geschichte eine Rolle spielt, weiter im Innern läge, wo sich noch die Spuren ihrer Wälle verfolgen ließen; die jetzige Stadt, die Quartiere auf beiden Seiten des Flusses zusammen genommen, mit Einschluss von sechs Dörfern, zähle 2400 Häuser. Hinsichtlich des Boots schien wieder einige Not, da der Gouverneur mir riet, um keinen Aufenthalt zu haben, lieber das mitgebrachte zu bewahren; doch musste es erst durch richtige Verteilung der Ladung gerade gerichtet und ausgebessert werden, da es am letzten Tage stark geleckt und viel Wasser gemacht hatte. Während des Gesprächs waren bedeckte Speiseschüsseln hereingebracht und auf einer Plattform, mit zwei Stühlen davor, angerichtet worden; der Gouverneur setzte sich auf den niedrigeren der beiden und unterstützte mich im Essen, indem er das gesottene Huhn mit seinen Händen für meinen Teller zerriss, die hart gekochten Eier öffnete und um die Erlaubnis bat, mir den gelben Dotter in den Mund stecken zu dürfen. Auch fischte er mit chinesischen Chopstic allerlei fette Bissen aus den mysteriösen Saucen und Ragouts heraus, um mir dieselben vorzulegen und geeignetster Beachtung zu empfehlen. Der Dolmetscher und Kapitän des Boots wurden unterdessen an einem anderen Tische traktiert. Nach dem Händewaschen kehrten wir zu dem Teppichsitz zurück, wo Kuchen und Früchte serviert wurden, sowie kleine Schalen mit Tee. Nachdem ich mich von dem Gouverneur, der noch dieselbe Nacht abzureisen beabsichtigte, verabschiedet hatte, traf ich auf dem Rückweg nach dem Boote ein Kloster, das ich zum Besuche des Abts betrat, aber hörte, dass er für Meditation nach den Wald gezogen sei. Einer der Mönche zeigte mir die Abschrift der Vinay auf Palmblätter in schnörkeligen Pali-Buchstaben, deren Alphabet ich niederschreiben ließ. Einige Knaben der Klosterschule fand ich in einem Zickzackbuch mit siamesischer Schrift lesen, und lernen sie überhaupt zuerst das siamesische Buchstabier- und Lesebuch, ehe sie an das Pali gehen. In dem Tempel, über dessen Tür Götterfiguren zwischen Arabesken ausgehauen waren, saß vor der großen Figur Buddha's eine andere im königlichen Schmuck, und Rahanta mit ausgestreckten Händen standen daneben. Über der Kanzel in der Tempelhalle hingen Papierstreifen, bemalt und beschrieben, von der Decke herab. Von hohen Pfeilern im eingehegten Hofe wehten ausgezackte Papierwimpel. Die meisten der kleineren Pagoden trugen hohe Spitzen. Ich verbrachte die Nacht im Boot, wohin der Gouverneur Geschenke von Eiern und Bananen voraus gesandt hatte. Am andern Morgen früh brachen wir auf, mit demselben Boot, aber neu ausgehobener Mannschaft. Niedrige Hügel zeigten sich in der Entfernung, als wir am Kloster (Vat) des Dorfes Bam-Thra anlangten. Am Ufer standen kleine Pagoden mit schlanker Turmspitze, und von hohen Pfosten, mit Vogelbildern geschmückt, wehten Flaggen aus leichtem Holz, während an anderen breite Papierstreifen flatterten. In einem Bambus-Gebäude saß auf niedrigem Podest eine Buddhafigur, und daneben führten Steintreppen zu der Kanzelhalle empor. In einem mit doppeltem Dach gedeckten Gebäude war man beschäftigt, die Wände zu bemalen, und der größte Teil der Bilder hatte schon Ausführung erhalten. Auf einer Seite sah man einen Reiter auf weißem Ross gegen ein grünes Ungeheuer ansprengen, das sich aus einem rauchenden Berge emporhob; darüber zog sich eine Linie von Göttern und Ungeheuern hin, neben einander sitzend. Auf einer andern Wand zeigte sich der Sieg Buddha's über Mara bei der Verklärung. Eine Armee von Teufeln, geführt von einen grünen Riesen auf einem ein schwert im Rüssel schwingenden Elefanten, stürmt unter einem Pfeilregen auf den in ruhiger Haltung dasitzenden Heiligen ein, unter dessen Füssen die Göttin der Erde in einer goldenen Halle umherwandelt, ihre Zöpfe auspressend. An der andern Seite sieht man dann, wie das feindliche Heer von den ausgedrückten Wassern verschlungen und von Seeungeheuern zerrissen wird. Der grüne Riese erscheint jetzt wieder, aber er sitzt mit flehentlich ausgestreckten Händen auf dem Elefanten, der demütig eine Blume im Rüssel empor hält.

Als ich, an's Boot zurückgekehrt, ein Bad nehmen wollte, wurde ich, der Alligatoren wegen davor gewarnt. Einige meiner Bootsleute waren mit dem Oberlande wohlbekannt und sie berichteten, dass die Ruinen des alten Kampleng phet ungefähr eine halbe Tagesreise von der jetzigen Stadt entfernt seien. Die Überbleibsel von einer Stadtmauer in drei Gürteln ließen sich bemerken und ebenso die Trümmer von drei großen Pagoden, sowie eine Menge kleinerer. Auch von Rahein wussten sie Mancherlei zu erzählen. Die dortige Gegend war früher ein großer See, bis das Wasser allmählich abgeflossen und zuletzt nur der Fluss übrig blieb. Die Stadt (Myang) Tak wurde dort gegründet, deren Reste sich eine Tagesreise aufwärts von dem jetzigen Rahein finden, mit Spuren der Wälle und einigen Pagoden. Die nahegelegene Stadt Xot oder Jot wurde unter der Regierung des Königs Khun Samxong berühmt. Nach der Zerstörung von Myang Tak wurde später durch die Könige von Yuthia (Ayuthia oder Siam) eine neue Stadt gegründet, an der Stelle eines Raheng oder Lahain genannten Dorfes und danach benannt. Der Eigentümer des Bootes stammte aus Rahain, und einige magische Vierecke mit Zirkeln daran auf der Kajütentür waren mit Sprüchen in Laos-Buchstaben umschrieben. Der Inhalt einer von Kampheng pet gebrachten Steininschriften, die von den verdienstlichen Werken eines im Jahre 1239 der Mahasakkharat regierenden Königs handelte, wurde mir später als Rüang-Khuam-Nai-Pen-Sila-Vat-Sadet-Myang-Kampheng-phet bezeichnet.
  



 

 
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