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  Reiseberichte aus Siam II
 

THAILAND

REISEBERICHTE UND TAGEBUCHAUFZEICHNUNGEN

AUS SIAM II

- siehe auch "historische Karten I", "historische Karten II",
"historische Karten III",
"historische Postkarten" und "historische Fotos" -


De La Loubère



Beschreibung des Königreichs Siam

von Herrn de la Loubère, ausserordentlicher französischer Gesandte bei dem Könige von Siam.

27.September 1687 - 3.Januar 1688

Beschreibung des Königreichs Siam / von Herrn de la Loubere, ausserordentlichen französischen Gesandten bey dem Könige von Siam. Aus dem Französischen übersetzt. Mit Kupfern und ChartenVerfasser La Loubère, Simon de  Verl. / Druck.Grattenauer, Ernst Christoph. - Nürnberg  Erschienen
Nürnberg : Grattenauer, 1800
Online-Ausg.Halle, Saale : Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, 2010Umfang[4] Bl., 382 S ; 8° : 1 Ill., 2 Kt. (Kupferst.)

http://digital.bibliothek.uni-halle.de


Einleitung: Der historische Kontext

Im Zeitraum von 1680 bis 1687 entwickelte sich eine gute Beziehung zwischen Siam unter König Narai und dem Frankreich des Louis XIV, während sich auf der anderen Seite das Verhältnis zwischen der Englischen East India Company und Siam sich soweit verschlechterte, dass es 1687 in Mergui zu einem Massaker an sechzig Engländern und in der Folge sogar zu einer Kriegserklärung Narai's an die English East India Company gekommen war.

Im September des Jahres 1687 erreichte dann eine von Claude Cébéret du Boullay, einem Direktor der Französischen East India Company, und Simon de la Loubère angeführte imposante Französische Mission Ayudhya. Sie bestand aus sechs grossen Kriegsschiffen die mit fast 500 Soldaten bemannt waren, einer Auswahl von Jesuiten, Diplomaten und Handwerkern. Die Franzosen hatten bereits beschlossen ihre Truppen in lieber in Bangkok zu stationieren als in Songkhla, da sie hier in einer besseren Position sein würden den Handel des Königreichs zu kontrollieren. Sie begrüssten die Gelegenheit Jemand nach Mergui zu senden, da ihnen Mergui als Aussichtspunkt in die Bucht von Bengalen dienen konnte. Ihre Verhandlungen mit Phaulkon jedoch waren schwierig und und langwierig, und sie waren schockiert da sie feststellen mussten, dass Phaulkon ihre Hoffnungen auf eine Bekehrung von Narai zum Christentum nicht bestärkte. Der neue Vertrag, den sie am 11. Dezember 1687 abschlossen, unterschied sich nur wenig vom Handelsabkommen von 1685 und regulierte auch nicht den Status der französischen Truppen in Bangkok und Mergui. Die französischen Abgesandten reisten bald darauf wieder ab. La Loubere aber schrieb den unstrittig besten Bericht über Siam im 17. Jahrhundert. Die Französisch-Siamesischen Beziehungen jedoch verschlechterten sich rasch.

Im Jahre 1688 starb König Narai durch Krankheit und Phra Phetracha bemächtigte sich in einer Art Revolution oder besser Verschwörung des Throns, Phaulkon wurde hingerichtet, die legitimen Thronfolger ermordet und die französischen Truppen in Bangkok belagert und letztlich zum Verlassen des Landes gezwungen. Diese Umwälzungen hatten ihren Nährboden in einer wachsenden Fremdenangst: Phaulkon, der mächtigste Minister unter Narai war ein Grieche der mit einer japanischen Christin verheiratet war und der sich (geschützt durch sein Naheverhältnis mit Narai) in seiner Amtszeit etliche Feinde unter den grossen Familien in Siam geschaffen hatte; Mitschuld an der entstandenen Ausländerfeindlichkeit waren aber auch die sich arrogant und zügellos verhaltenden französischen Truppen im Land sowie die christlichen Missionare im Umfeld von Phaulkon und der königlichen Machtsphäre. Nach dem Umsturz von 1688 zog sich Siam zwar nicht völlig vom Rest der Welt zurück, reduzierte seine Aussenbeziehungen, insbesonders zu den europäischen Mächten aber auf ein überschaubares und traditionelleres Niveau.

Geblieben ist der einzigartige Bericht von Simon de la Loubere, der uns eine Vorstellung vom Leben im Siam des 17. Jahrhunderts gibt, der umso wertvoller ist, weil uns sonst nur sehr spärliche Informationen über die Verhältnisse und Lebensumstände im Reich von Ayudhya bzw. der von Ayutthaya beherrschten Geschichtsperiode vorliegen. Die hier wiedergegebene deutsche Übersetzung aus dem Französischen wurde in Nürnberg im Jahr 1800 bei Ernst Christoph Grattenauer gedruckt.



Originaldruck :

digital.bibliothek.uni-halle.de


Vorbericht des Verfassers

Bei der Rückkehr von meiner Reise, welche ich als ausserordentlicher Gesandter des Königs nach Siam gemacht hatte, haben Personen, welche das Recht haben, mir zu befehlen, von mir verlangt, dass ich ihnen eine genaue Rechenschaft von allen den Sachen, welche ich in diesem Lande gesehen oder vernommen habe, ablegen sollte. Und dies wird der Inhalt dieses Werkes sein. Von den Umständen der langen Schiffahrt dahin ist das Publikum schon unterrichtet; ich kann sie daher mit Stillschweigen übergehen; nur muss ich sagen, dass ich am ersten März 1687 von Brest abging, auf der Rhede von Siam am 27sten September des nemlichen Jahres ankerte, am 3ten Jänner 1688 aber von da wieder abreiste, und am folgenden 27sten Juli zu Brest wieder den Fuss an das Land setzte.

Meine Absicht ist also erstlich von dem Lande Siam, seinem Umfang, Fruchtbarkeit, der Beschaffenheit seines Bodens und seinem Klima zu handeln; und zweitens werde ich die Sitten der Siamesen überhaupt, und endlich ihre besonderen Sitten nach ihren verschiedenen Ständen beschreiben. Die Regierungsform und die Religion werden in diesem zweiten Teile statt finden, und ich schmeichle mir mit der Hoffnung, dass man, je weiter man im Lesen dieses Werkes kommen wird, es desto mehr der Neugierde wert finden wird, weil sich der Geschmack und der Charakter der Siamesen, welchen ich in allen Stücken zu entdecken gesucht habe, sich darinnen immer mehr und mehr entwickelt. Um mich aber nicht mit solchen Dingen aufzuhalten, welche nicht nach dem Geschmack des ganzen Publikums sind, und die auch meine Erzählung zu sehr unterbrechen würde, so will ich am Ende mehrere Aufsätze, welche ich über dieses Land gemacht hatte, nachschicken. Wenn, ungeachtet dieser Vorsicht, gewisse Materien doch nicht nach dem Geschmack einiger Leser sein sollten, so bitte ich zu bedenken, dass allgemeine Ausdrücke niemals die gehörigen Begriffe geben. Um die Siamesen besser kennen zu lernen, habe ich auch Nachricht von anderen indianischen Reichen gegeben, z.B. auch von China; denn obgleich dieses meiner Absicht fremd scheinen könnte, so glaube ich doch, dass durch eine Vergleichung benachbarter Länder manches kann aufgeklärt werden. Ich hoffe auch, dass man mir die Siamesischen Namen, welche ich anführe und erkläre, verzeihen werde.

Übrigens wissen diejenigen, welche mich kennen, dass ich ein Freund der Wahrheit bin; aber es ist das nicht genug, weil nicht jede aufrichtige Erzählung auch zugleich eine echte ist. Man muss mit der Aufrichtigkeit auch zugleich richtige Einsichten verbinden, und sich von dem, was man anderen zu erzählen versucht, auch recht unterrichtet haben. Ich habe daher aufmerksam betrachtet, gefragt, nachgeforscht, so viel mir möglich war, und, um mich dazu desto fähiger zu machen, habe ich vor meiner Ankunft in Siam sorgfältig alles gelesen, was vor mir über verschiedene Morgenländische Gegenden geschrieben worden ist, so dass diese Vorbereitung gewissermassen einen noch längeren Aufenthalt daselbst ersetzte, und dass sie mich in den zwei Monaten, in welchen ich zu Siam war, dasjenige bemerken und lernen liess, was ich vielleicht ohne Hilfe dieser Lektüre in drei Jahren nicht würde gehört und bemerkt haben.

 


www.aboutpixel.de/Hubert Juranek


Vorrede des Übersetzers

Herr Hofrat Meiners zu Göttingen sagt in seinem Grundriss der Geschichte der Menschheit: "Loubere ist für Siam, was Chardin für Persien ist, und ich brauche also weiter nichts zu seinem Lobe hinzu zu setzen." - Von Chardins Reisen durch Persien aber sagt Meiners in eben dieser Schrift: "Immer noch die Krone aller Reisebeschreibungen."

Ist also dies für Loubere nicht Empfehlung genug? Und nicht auch der beste Schutzbrief für diese Übersetzung? So genau und umständlich wird man nicht leicht die Meinungen und Sitten eines Landes - und zumal eines noch so wenig bekannten, wie Siam ist - beschrieben finden.

Diese Beschreibung ist zwar schon alt; sie enthält aber für den Erd- und Menschenkenner Denkwürdigkeiten, welche man in den neuesten Reisebeschreibungen nicht findet. Korallenfelsen, Längen und Breiten der Inseln sind freilich für die Schiffahrer nützlich; aber der lesende Teil des Publikums verlangt andere Daten.

Im Original enthält diese Beschreibung zwei Bände, die aber nicht mit einander im Zusammenhang stehen, indem der letztere Band gelehrte Abhandlungen über wissenschaftliche Gegenstände enthält. Sollte die Beschreibung bei dem Publikum Beifall finden, so könnten dieselbigen auch nachfolgen.



Emmanuel Bowen, ca. 1752

Erste Abteilung / Von dem Lande Siam

I.   Erstes Kapitel: Geographische Beschreibung

Die Schifffahrt hat die Seeküsten des Königreichs Siam genug kennen lernen, und sie sind von vielen Schriftstellern beschrieben worden; aber von dem Inneren des Landes weiss man beinahe nichts, weil die Siamesen keine Karte von ihrem Lande haben, oder sie wenigstens nicht bekannt machen. Diejenige, welche ich mitteile, ist das Werk eines Europäers, welcher auf dem Menam, dem Hauptfluss des Landes, bis an die Grenzen des Reiches hinaufgefahren ist, welcher aber doch nicht genug im Stande war, alle Lagen mit einer genauen Richtigkeit anzugeben. Ich habe es daher für nötig gehalten, diese Karte dem Herrn Cassini, dem Direktor der Sternwarte zu Paris, zu geben, um sie nach einigen Nachrichten, die ich zu Siam erhalten hatte, zu verbessern. Ich weiss wohl, dass sie noch fehlerhaft ist; aber sie gibt doch eine bessere Kenntnis von diesem Reiche, als irgend eine, welche man bisher davon hatte.
          Die Grenzen desselbigen erstrecken sich gegen Norden bis ungefähr zum 22sten Grad, und da die Rhede welche dem Meerbusen endigt, ungefähr auf der Höhe von 13 einhalb Grad liegt, so folgt daraus, dass diese Länge ungefähr 170 französische Meilen in gerader Linie beträgt.
          Die Siamesen sagen, dass die Stadt Chiamai [Chiang Mai] fünfzehn Tagreisen weiter gegen Norden liege, als die Grenzen ihres Reiches. Es sind beinahe 30 Jahre, sagen sie, dass ihr König diese Stadt eroberte, sie aber wieder verliess, nachdem er alle Bewohner daraus weggeführt hatte; und seit der Zeit wurde sie von dem König von Ava, dem jetzt auch Pegu unterworfen ist, wieder bevölkert. Aber die Siamesen, welche diesem Feldzuge beiwohnten, kennen den berühmten See nicht, aus welchem unsere Geographen den Fluss Menam entspringen lassen; daher ich glaube, dass er noch weiter entfernt ist, als unsere Geographen glauben, oder dass gar kein solcher See vorhanden ist. Es kann sein, dass diese Stadt, welche in der Nähe mehrerer Reiche liegt, und daher durch Kriege verwüstet worden ist, nicht an dem nemlichen Orte wieder aufgebaut worden, welches leicht zu glauben ist, da die Städte dieses Landes nur von Holz sind, und bei ihrer Zerstörung weder Gemäuer, noch einen Grund zurück lassen. Wie dem auch sei, so kann man doch zweifeln, ob der Menam aus einem See komme, da er bei seinem Eintritt in das Königreich Siam so klein ist, dass er 50 französische Meilen weit nur kleine Schiffe trägt, auf welchen sich nicht mehr als vier oder fünf Personen befinden.
          Das Königreich Siam ist von hohen Gebirgen eingeschlossen. Diese zwei Gebirgsketten, welche von nicht zahlreichen, wilden und armen, aber freien und unschuldigen Völkern bewohnt werden, lassen ein grosses Tal dazwischen, das an einigen Orten 24 bis 100 französische Meilen breit - und von der Stadt Chiamai an bis an das Meer, das ist, von Norden bis Mittag, von einem schönen Fluss durchschnitten wird, den die Siamesen Me-nam nennen, so viel, als das grosse Wasser. Er vergrössert sich durch die Bäche und kleine Flüsse, welche sich von den gedachten Gebirgen auf beiden Seiten in ihn ergiessen, und fliesst endlich in den Meerbusen von Siam durch drei Mündungen, wovon die gegen Morgen die schiffbarste ist, in das Meer.
          An diesem Flusse, sieben Meilen von der See, liegt die Stadt Bangkok. Hier muss ich im Vorbeigehen bemerken, dass die Siamesen sehr wenige Dörfer auf beiden Seiten des Flusses haben, welche mehr als eine kleine Tagreise von dem Flusse entfernt wären, sondern sie liegen fast alle an den schiffbaren Flüssen, um ihnen eine Seehandlung zu verschaffen. Was die Namen der meisten dieser Orte anbetrifft, so sind sie durch die Ausländer verstellt worden. So heisst die Stadt Bangkok auf Siamesisch Fon, ohne dass man weiss, woher sie den Namen Bangkok bekommen hat; ob es gleich viele Siamesische Namen gibt, die sich mit dem Worte Ban anfangen, welches eine Stadt, oder ein Dorf bedeutet.
          Die Gärten von Siam, in dem Gebiet von Bangkok, nehmen einen Umfang von vier französischen Meilen ein, und erstrecken sich gegen die Stadt Siam bis an einen Ort, der Talocvan heisst, und liefern der Hauptstadt Lebensmittel, wovon die Landeseinwohner grosse Liebhaber sind, nämlich eine grosse Menge Früchte.
          Die anderen vornehmsten Orte, welche der Menam bespült, sind: Me-Tak, die erste Stadt des Königreiches gegen Nord-Nord-Westen, und hernach Tian-Tong, Campeng-pet, oder CampengCampingue aussprechen, Laconce-van, Thainat, Siam, Talacoan, TalaqueouBangkok. Zwischen den zwei Städten Thainat und Siam in der Mitte liegt auf der östlichen Seite des Flusses die Stadt Louvo, wo der König von Siam den grössten Teil des Jahres zubringt, um das Vergnügen der Jagd recht ungestört zu geniessen. Der Ort würde aber unbewohnt sein, wenn nicht ein Kanal aus dem Flusse in denselbigen hingezogen wäre. Die Stadt Me-Tak gehört einem Fürsten, der ein Erbvasall des Königs von Siam sein soll, welcher Pa-ya Tac, das heisst, Prinz von Tac heisst. Tian-Tong liegt in Trümmern, indem es wahrscheinlich in den alten Peguanischen Kriegen zerstört worden ist . Campeng ist durch seine vortrefflichen Stahlgruben bekannt.
          Bei der Stadt Leconcevan nimmt der Menam einen anderen beträchtlichen Fluss auf, der auch Menam heisst, und ebenfalls non Norden kommt; denn alle grossen Flüsse heissen Menam. Unsere Geographen lassen ihn aus einem See bei Chiamai [Chiang Mai] kommen; man versichert aber, dass er seinen Ursprung in den Gebirgen habe, welche nicht so weit gegen Norden, als diese Stadt liegen. Er fliesst bei Meuangfang [Fang], Pit-chiai, Pitsanouleuc und Pitchit vorbei. Pitsanoulouc, welches die Portugiesen durch eine verdorbene Aussprache Porselouc nennen, hatte sonst Erbherren, wie die Stadt Me-Tak; und man hält noch heutzutage daselbst Gericht in dem Palast der alten Prinzen. Diese Stadt treibt eine grossen Handel und ist mit vier grossen Bastionen befestigt. Laconcevan liegt auf der Hälfte des Weges von Pitsanoulouc oder Porselouc nach Siam, in einer Weite, welche man auf fünfzehn Tagreisen schätzt, wenn man auf dem Fluss in einem Balon, oder einen Siamesischen Ruderschiff, fährt; man kann aber diesen Weg auch in zwölf Tagen machen, wenn man viele Ruderer nimmt.



          Diese Städte, so wie die anderen in Königreich Siam, sind nichts anderes, als ein Haufen von Hütten, die oft mit hölzernen Pallisaden, manchmal aber von einer steinernen Mauer umgeben sind, welche meistenteils aus Ziegelsteinen besteht. Da aber nichts destoweniger die Morgenländer auch bei der Armut der Sachen in ihrer Sprache immer die Pracht lieben, so sind auch die Namen dieser Städte prächtig: z.B. Tian-Tong heisst "echtes Gold";Campeng-pet "Mauern von Diamant";Laconcevan "Berg des Himmels". Da Fang der Name eines berühmten Färbebaums ist, so hat die Stadt Meuang-fang davon wahrscheinlich den Namen; weil man aber dort auch einen Zahn aufbewahrt, welchen man für eine Reliquie des Sommona-Codom, dem zu Ehren die Siamesen Tempel bauen, ausgiebt, so wollen einige diese Stadt nicht Meuang-fang, sondern Meuang-fan, das ist die "Zahnstadt" nennen. Der Aberglaube dieser Völker zieht eine grosse Anzahl von Pilgern nicht nur aus Siam, sondern auch aus Pegu und Laos dahin.
          Ein ähnlicher Aberglaube lockt sie auch an einen anderen Ort hin, der Pra-bat heißt, und vier oder fünf Stunden nordöstlich von der Stadt Louvo liegt. Dieser Aberglaube hat folgende Quelle: Bat heißt in der gelehrten oder Religionssprache von Siam ein Fuß, und das Wort Pra, dessen Bedeutung sich nicht ganz bestimmt angeben lässt, bedeutet in dieser Sprache alles, was achtungs- und verehrungswürdig ist. Die Siamesen geben der Sonne und dem Mond, dem Sommona-Codom, ihren Königen und einigen angesehenen Offizieren diesen Titel. - Der Pra-bat ist der Eindruck eines menschlichen Fußes, der von einem schlechten Künstler in einen Felsen eingegraben ist; aber dieser dreizehn bis vierzehn Zoll tiefe Eindruck, ist fünf bis sechsmal breiter und länger, als ein natürlicher Menschenfuß. Die Siamesen beten ihn an, und glauben, dass auch die Elephanten, und besonders die weissen Elephanten, die Rhinoceros und alle anderen Tiere ihrer Wälder ihn ebenfalls anbeten, wenn niemand dort ist. Selbst der König von Siam kommt des Jahres einmal mit sehr vielen zeremoniösen Pomp dahin, um diese Anbetung zu verrichten. Er ist mit Goldblech umgeben, und in eine Kapelle eingeschlossen. Man gibt vor, dass dieser Stein, der jetzt ganz platt ist, einstens ein sehr hoher Berg gewesen sei, der auf einmal unter dem Fuße des Sommona-Codoms niedersank und sich einebnete, und zu dessem Andenken ist nach ihrer Meinung der Eindruck des Fußes in diesem Steine geblieben. Unterdessen ist es nach dem Zeugnis alter Leute sicher, dass diese Tradition nicht älter, als ungefähr neunzig Jahre ist. Ein Talapoin, oder ein siamesischer Mönch, hat ungefähr um diese Zeit diesen Eindruck auf den Stein gemacht, und darauf erdichtet, dass er dieses Mirakel entdeckt habe; und so fand die Fabel von dem plattgedruckten Berg, ohne einigen Schein der Wahrheit, Beifall und Glauben.
          Nun sind aber die Siamesen in diesem Stücke nichts, als große Nachahmer. Man liest in der Geschichte von Indien, mit welcher Ehrfurcht ein König von Ceylon einen Affenzahn aufbewahrte, von dem die Indianer sagten, dass es eine Reliquie sei, und den sie um eine große Summe von dem ehemaligen Vizekönig von Indien, Konstantin von Bragance, auslösen wollten, der ihn unter der den Indianern abgenommenen Beute gefunden hatte; der bigotte Vizekönig wollte ihn aber lieber verbrennen, und die Asche hernach in das Meer werfen lassen. Es ist bekannt, dass auf eben dieser Insel Ceylon, welche bei den Indianern Lanca heißt, auf einem wirklichen Berge sich ein vorgeblicher menschlicher Fußstapfe befindet, der seit langer Zeit sehr verehrt wird. Er stellt wirklich einen linken Fuß vor; denn die Siamesen sagen, dass Sommona-Codom seinen rechten Fuß auf ihren Pra-bat und den linken auf den Lanca gesetzt habe, obgleich der ganze Meerbusen von Bengalen dazwischen ist.
          Die Portugiesen nannten den Fußtritt auf Ceylon den Fuß Adams, weil sie auf die Versicherung der Indianer auf Ceylon glaubten, dass Ceylon das irdische Paradies gewesen sei, und dass dieser Fußtritt von dem Adam herkäme; denn alle heidnische Nationen in Indien behaupten, dass ihr Land zuerst von Menschen bewohnt worden sei. So nennen auch die Chinesen den ersten Menschen Puoncucu, und glauben, dass er in China gewohnt habe. Ich will nichts von mehreren solcher Fußstapfen reden, welche an verschiedenen Orten in Indien verehrt werden, vielweniger von dem Fußstapfen des Herkules, von welchen Herodot redet; sondern kehre zu meinem Gegenstande zurück.


 

II.  Zweites Kapitel:
Fortgesetzte geographische Beschreibung des Königreichs Siam, besonders von der Hauptstadt desselbigen

An den Grenzen von Pegu liegt die Stadt Cambory, und an den von Laos die Stadt Corazema, welche einige Carissima nennen; beide sind berühmt. Und zwischen den Flüssen über der Stadt Laconcevan sind zwei andere beträchtliche Städte, Sokotai fast gegen Pitchit über, und Sanquelouc weiter gegen Norden. Da ein so warmes Land nur an den Ufern bewohnt werden kann, so haben die Siamesen sehr viele Kanäle gegraben.
          Vermittelst dieser Kanäle, welche auf siamesisch Cloum heissen, ist die Stadt Siam nicht nur eine Insel worden, sondern liegt auch in der Mitte vieler Inseln, welches ihre Lage sehr sonderbar macht. Gegenwärtig ist die Insel, worauf sie liege, ganz mit Mauern umgeben, welches wahrscheinlich zu den Zeiten des Fernando Mendez Pinto nicht war, wenn man anderst seinem schwachen Gedächtnis trauen darf, indem er sagt: dass die Elefanten des Königs von Pegu, der damals die Stadt Siam belagerte, sich der Mauer so sehr näherten, dass sie mit ihren Rüsseln die Schilder zerschlugen, womit sich die Siamesen bedeckten
          Die Höhe dieser Stadt ist nach dem Jesuiten P. Thomas 14 Grad, 12 Minuten und ihre Länge 120 Grad 30 Minuten. Der Palast des Königs steht auf der Nordseite an dem Kanal, welcher die Stadt umgiebt. Sie ist groß in Ansehung des Umfangs der Mauern, welche, wie ich schon gesagt habe, die ganze Insel einschließen; aber es ist kaum der sechste Teil in derselben bewohnt, und dieser liegt gegen Südwesten. Das Übrige ist leer, oder ist nur mit Tempeln bebaut. Es ist wahr, dass die Vorstädte, welche von den Fremden bewohnt werden, die Volkszahl beträchtlich vermehren. Die Strassen sind breit und gerade, und an einigen Orten mit Bäumen besetzt und mit Backsteinen gepflastert. Die Häuser sind niedrig und von Holz, wenigstens die Häuser der Eingeborenen, welche deswegen allen Unbequemlichkeiten einer großen Hitze ausgesetzt sind. Die meisten Strassen sind von geraden Kanälen bespült, welche der Stadt Siam eine Ähnlichkeit mit Venedig geben, und über die sehr viele kleine, schlecht zusammengesetzte hölzerne Brücken, und auch einige sehr hohe und plumpe von Backsteinen gemauerte gehen. Der Name Siam ist den Siamesen unbekannt. Es ist dieses eines von den Worten, deren die Portugiesen in Indien sich bedienen, und deren Ursprung man kaum entdecken kann. Sie gebrauchen ihn als den Namen der Nation, und nicht als den Namen des Reiches, und die Namen Pegu, Lao, Mogul, und die meisten Namen, welche wir den indianischen Reichen geben, sind auch Namen der Nationen, so dass, wenn man recht reden wollte, sagen müsste, der König der Pegus, der Laos, der Mogols, der Siams, wie unsere Vorfahren sagten, der König der Franzosen. Übrigens wissen diejenigen, welche Portugiesisch verstehen, gar wohl, dass nach ihrer Orthographie Siam und Siao einerlei ist, und dass wir in Vergleichung unserer Sprache mit der unsrigen sagen müssten, die Sions und nicht die Siams, so wie sie dieselbigen auf lateinisch auch Siones nennen.
          Die Siamesen haben sich den Namen Tai gegeben, das ist "die Freien", welche Bedeutung dieses Wort gegenwärtig in ihrer Sprache hat. Sie schmeicheln sich also den Namen der Franken zu tragen, welchen unsere Vorfahren annahmen, da sie die Gallier von der Herrschaft der Römer befreien wollte. Diejenigen, welche die Sprache von Pegu verstehen, versichern, dass Siam in dieser Sprache "frei" heiße. Vielleicht haben die Portugiesen dieses Wirt daher genommen, da sie die Siamesen durch die Peguaner haben kennen lernen. Nichts desto weniger sagt Navarette in seiner historischen Nachricht von dem Chinesischen Reiche, dass der Name Siam, welchen er Sian schreibt, von den zwei Worten Sien Lo herkomme, ohne hinzuzusetzen, was diese Worte bedeuten, noch zu welcher Sprache sie gehören, ob man gleich vermuten kann, dass er sie für chinesische hält. Meuang Tai ist also der siamesische Name des Königreichs Siam (Denn Meuang bedeutet Königreich, und dieses Wort, Muantay geschrieben, findet sich bei dem Vincent Blanc, und in mehreren geographischen Karten, als der Name eines mit Pegu benachbarten Königreiches.) Was die Stadt Siam anbetrifft, so nennen sie die Siamesen si-no-thi-ja; das "o" in der Silbe "jo" wird noch stärker ausgesprochen, als unser Diphtong "ou". Manchmal nennen sie dieselbige auch Crung-the-papra-maha-nacon; aber die meisten dieser Worte sind schwer zu verstehen, weil sie in die Sprache Balie [Pali] gehören, welches die gelehrte Sprache der Siamesen ist, und die sie oft selbst nicht immer gut verstehen. Ich habe schon oben bemerkt, dass der Ausdruck Pra ein Wort, das Ehrfurcht bezeichnet, ist; Maha bedeutet "groß"; wenn sie daher von ihrem Könige reden, so nennen sie ihn: Pra-Maha-Craßat. Das letzte Wort heißt so viel als "der Lebende". Weil aber die Portugiesen glaubten, dass Pra so viel, als "Gott" heiße, so kamen sie auf den Gedanken, dass die Siamesen ihren König den "großen lebendigen Gott" nennen. Aus Si-yo-Thi-ya, den siamesischen Namen der Stadt Siam haben die Ausländer Judia und Odiaa gemacht, daher Vincent de le Blanc und andere Schriftsteller unrichtig einen Unterschied zwischen Odiaa und Siam machen. Übrigens nennen sich die Siamesen, von denen ich rede, Tai noe, "kleine Siamesen". Man hat mir gesagt, dass es noch ein anderes wildes Volk gebe, das sich Tai yai, die "großen Siamesen" nennt, und die in den nördlichen Gebirgen wohnen. Ich fand in mehreren Nachrichten von diesen Gegenden ein Königreich Siammon oder Siami; aber darin sind nicht alle einig, dass die Bewohner desselbigen Wilde wären.
          Endlich werden die Gebirge, welche die gemeinschaftlichen Grenzen von Ava, Pegu und Siam ausmachen, nach und nach, so wie sie gegen Süden hinlaufen, immer niedriger, und bilden die Indische Halbinsel jenseits des Ganges, die sich bei Sincapura endigt, den Meerbusen von Bengalen und den von Siam voneinander scheidet, und mit der Insel Sumatra die berühmte Strasse von Malace oder Sincapura bildet. Mehrere Flüsse fallen von beiden Seiten dieser Gebirge in die Meerbusen von Siam und Bengalen, und machen die Küsten bewohnbar. Die anderen Gebirge, welche sich zwischen dem Königreich Siam und dem Königreich Laos erheben, laufen auch gegen Süden hin, werden auch nach und nach niedriger und endigen sich mit dem Vorgebirge Camboya, welches unter allen Vorgebirgen des festen Landes vom mittäglichen Asien am weitesten gegen Morgen [Osten] liegt. Auf der Höhe dieses Vorgebirges fängt der Meerbusen von Siam an; das Königreich dieses Namens aber erstreckt sich weiter gegen Mittag, und zwar liegt es in der Gestalt eines Hufeisens auf den beiden Seiten des Meerbusens, und zwar auf der östlichen Seite bis an den Fluss Cantebon, wo das Königreich Camboja angrenzt, und gegen über auf der Halbinsel diesseits des Ganges geht es bis Queda und Patane und malaische Länder, deren Hauptstadt sonst Malaca war.
          Auf diese Weise hat es eine Küste von ungefähr 200 französischen Meilen an dem Meerbusen von Siam, und ungefähr 180 an den bengalischen Meerbusen. Eine sehr vorteilhafte Lage, welche den Landeseinwohnern die Schiffahrt auf allen diesen großen Meeren des Morgenlandes eröffnet. So wie ausserdem die Natur der Küste von Koromandel, welche auf der westlichen Seite des bengalischen Meerbusens liegt, alle Arten von Häfen und Rheden versagt hat: so hat sie damit die an eben diesen Meerbusen gegen über liegende Küste von Siam bereichert.



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          Eine große Menge von Inseln bedecken sie, und machen sie fast überall zu einem sicheren Zufluchtsort für die Schiffe. Ausserdem hat der größte Teil dieser Inseln sehr gute Häfen, auch süßes Wasser und Holz im Überfluss, welches neue Bewohner auf sie hinlockt. Der König von Siam maßt sich die Herrschaft über dieselbigen an, ob gleich seine Völker des festen Landes sie niemals bewohnt haben, und seine Seemacht zu schwach ist, um den fremden den Zutritt zu denselbigen zu versagen.
          Die Stadt Mergui liegt an der nordwestlichen Spitze einer großen und bevölkerten Insel, welche von der Mündung eines schönen Flusses, den die Europäer Tenasserim nennen, gebildet wird. Dieser Fluss kommt von Norden her, und, nachdem er die Reiche Ava und Pegu durchflossen hat, so kommt er in die unter die Herrschaft des Königs von Siam gehörige Länder, ergießt sich mit drei Armen in den bengalischen Meerbusen, und bildet die gedachte Insel. Der Hafen von Mergui soll der schönste in ganz Indien sein, und liegt zwischen dieser und einer anderen unbewohnten Insel.



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III.  Drittes Kapitel:
Von der Geschichte und dem Ursprung der Siamesen.

Die Geschichte von Siam ist mit Fabeln angefüllt. Es gibt daselbst sehr wenige Bücher, weil die Siamesen keine Druckereien haben. Übrigens zweifle ich daran, dass sie, wie man sagt, ihre Geschichte geheim zu halten suchen, da ja auch die Chinesen, welchen die Siamesen in gar vielen Stücken nachzuahmen suchen, nicht so geheimnisvoll mit der Ihrigen sind. Es sei nun, wie es will, denjenigen, welchen, ungeachtet dieser vorgeblichen Eifersucht der Siamesen, es es geglückt hat, etwas von der Geschichte von Siam zu lesen, versichern, dass sie mit einigem Schein der Wahrheit nicht weit zurück geht.
          Hier ist ein kurzer chronologischer Abriß, wie ihn die Siamesen davon geben. Man muß aber vor allen bemerken, dass das gegenwärtige Jahr 1689, mit dem Dezember des Jahres 1688 anfangen, das 2233 ihrer Zeitrechnung ist, die sie, wie sie sagen, mit dem Tode des Sommona-Codom anfangen. Nach meiner Meinung aber hat diese Epoche einen ganz anderen Grund, den ich in der Folge erklären will.
          Ihr erster König hieß Pra Prat honnefouritop penaretui sonanne bopitra. Seine erste Residenz nennen sie Thai pappe Mehanacon, deren Lage man aber nicht kennt. Er fing seine Regierung nach ihrer Epoche im Jahr 1300 an. Ihm folgten 10 andere Könige in der Regierung, der letzte von ihnen, mit Namen Jpoia sanne Thora Thesena Teparat verlegte seine königliche Residenz in die Stadt Tasao Nacora Leüang, welche er hatte erbauen lassen, und deren Lage mir ebenfalls unbekannt ist. Der zwölfte König nach diesem, mit Namen Pra Poa Noeme Thele seri, zwang sein Volk im Jahr 1731 ihm nach Lacontai zu folgen, einer Stadt, welche an einem Flusse liegt, der aus den Gebirgen von Laos herabkommt, und sich ein wenig über Porseluc in den Menam ergießt. Aber dieser Prinz hielt sich nicht immer zu Lacontai auf; denn er ließ die Stadt Pipeli erbauen, an einem Fluß, dessen Mündung zwei Meilen gegen Abend von der westlichsten Mündung des Menam liegt. Ihm folgten vier Könige in der Regierung; der letzte derselben fing an die Stadt Siam im Jahr 1894 zu erbauen, und legte daselbst seinen Hof an. Dadurch scheint es, dass sie der Stadt Siam nur ein Alter von 338 Jahren geben. Der gegenwärtig regierende König ist der fünf und zwanzigste nach dem Erbauer der Stadt, der Rhamatilondi hieß, und gegenwärtig ist er 56 oder 57 Jahre alt. Sie zählen also in einem Zeitraum von 934 Jahren 52 Könige, welche aber nicht alle aus einem Blute entsprossen sind.
          Herr Gervaise in seiner natürlichen und politischen Geschichte von Siam hat die Geschichte des Vaters des gegenwärtig regierenden Königs erzählt, und von Vliet gibt sie uns noch mit mehr Umständen, in seiner historischen Nachricht vom Königreiche Siam, welche an die Reise nach Persien von Hebert angedruckt ist. Ich verweise die Leser dahin, um darinnen ein Beispiel von den Revolutionen zu sehen, welche in Siam gewöhnlich sind; denn dieser König, welcher nicht aus königlichen Geblüte abstammte, obgleich Vlieten das Gegenteil sagt, enriß seinen natürlichen Herren den Szepter und das Leben, und ließ alle Prinzen ihres Blutes umbringen, zwei ausgenommen, welche zur Zeit, da Vliet geschrieben hat, noch am Leben waren, von denen man aber keine Nachrichten einziehen konnte. Ohne Zweifel ließ dieser Usurpator auch diese, wie die übrigen, aus dem Wege räumen. Und wirklich versichert Johann Struys in dem ersten Band seiner Reisen, dass dieses das Schicksal eines dieser zwei Prinzen gewesen sei, und zwar im Jahr 1650, da er zwanzig Jahr alt war. Der Tyrann ließ ihn mit einer von seinen Schwestern auf eine offenbar falsche Anklage hinrichten. Ein Umstand ist in der Geschichte seiner Usurpation merkwürdig, dass er nämlich, da er mit den Waffen in der Hand in den Palast eindrang, den König nötigte, denselben zu verlassen, und sich in einen Tempel zu flüchten. Von da ließ er den unglücklichen König herausschleppen, ihn als einen Gefangenen in seinen Palast zurück führen, erklärte ihn der Krone für verlustig und unwürdig zu regieren, weil er den Palast verlassen hätte. Diesem Usurpator, welcher nach einer dreißigjährigen Regierung 1657 starb, folgte sein Bruder in der Regierung nach, weil sein Sohn ihm damals die Krone nicht streitig machen konnte, oder es nicht wagte. Im Gegenteil suchte er, um sein Leben in Sicherheit zu setzen, einen Zufluchtsort in einem Kloster, und verhüllte sich in das unverletzliche Kleid eines Talapoins; allein in der Folge wusste er seine Maßregeln so gut zu nehmen, dass er seinen Onkel absetzte, welcher, da er aus dem Palast auf seinem Elefanten floh, durch einen Portugiesen erschossen wurde.
          Fernand Memiz Pinto erzählt, dass der König von Siam, welcher noch im Jahr 1547 regierte, und dem er ein großes Lob beilegt, von der Königin seiner Gemahlin bei der Rückkehr von einem Feldzuge wäre vergiftet worden. Diese Prinzessin soll dadurch der Rache ihres Gemahls zuvor zu kommen gesucht haben, weil sie während seiner Abwesenheit in einen Liebeshandel verwickelt gewesen war, wodurch sie schwanger geworden. Dieser Schriftsteller setzt auch hinzu, dass sie, bald darauf den König, ihren eigenen Sohn, auf eben diese Weise getötet, und die Verwegenheit gehabt hätte, ihren Liebhaber 1548 die Krone aufzusetzen; sie wären aber beide im folgenden Jahr in einem Tempel ermordet worden; man habe hierauf einen unehelichen Prinzen, den Onkel der zwei letzten Könige, auf den Thron gesetzt. Die Kronen in Asien stehen immer nicht fest auf den Häuptern der Regenten.
          Über den Ursprung der Siamesen lässt sich schwer urteilen, wenn sie anderst nicht das einzige Volk sind, das in gerader Linie von den ersten Menschen abstammt, welche das Land Siam bewohnt haben, und woferne sich nicht in der Folge irgend eine andere Nation unter die ersten Bewohner des Landes gemischt hat.
          Die vornehmste Ursache dieses Zweifels ist, dass die Siamesen zwei Sprachen haben, die gemeine, welche fast aus lauter einsilbigen Wörtern ohne Deklination und Konjugation besteht, und eine andere, von der ich schon geredet habe, welche gewissermaßen eine tote Sprache und nur den Gelehrten bekannt ist. Man nennt sie die Balische Sprache, und sie ist mit Wortbeugungen bereichert, so wie die Europäischen Sprachen. Die religiösen und die gerichtlichen Ausdrücke, die Namen der Würden, und alle Zierlichkeiten der gemeinen Sprache sind aus der Balie Sprache entlehnt. Selbst ihre schönsten Gesänge sind in derselbigen verfasst, so dass es wenigstens scheint, dass eine fremde Kolonie sich einstens in dem Lande Siam niedergelassen, und eine zweite Sprache dahin mitgebracht habe. Allein diese Vermutung könnte man von allen Ländern in Indien machen, weil sie alle wie Siam, zwei Sprachen haben, von denen die eine nur noch schriftlich fortdauert.
          Die Siamesen versichern, dass ihre Gesetze ausländisch, und aus dem Lande Laos hergekommen sind, welche Versicherung darauf gegründet zu sein scheint, weil die Gesetze der beiden Länder einander ähnlich sind, so wie auch zwischen den Religionen beider Reiche, und auch der von Pegu, eine Ähnlichkeit herrscht. Doch dieses beweist noch nicht, dass eines von diesen drei Reichen den zwei anderen seine Gesetze und seine Religion gegeben habe; denn es ist ja möglich, dass alle drei ihre Religion und ihre Gesetze aus einer gemeinschaftlichen Quelle geschöpft haben. Es sei nun, wie ihm wolle; gleich wie man in Siam sagt, dass seine Gesetze und selbst seine Könige aus Laos gekommen wären, so sagt man in Laos, dass die Könige und die meisten Gesetze aus Siam kämen.
          Die Siamesen wissen kein Land zu nennen, wo die Sprache Balie, welches ihre Religions- und Gesetz-Sprache ist, noch jetzt in Gebrauch sei. Sie vermuten zwar, nach der Erzählung einiger von ihnen, welche auf der Küste von Koromandel gewesen sind, dass die balische Sprache einige Ähnlichkeit mit einigen Dialekten dieses Landes habe: aber sie behaupten doch zugleich einstimmig, dass die Buchstaben der balischen Sprache nirgends, als bei ihnen, bekannt wären. Die zu Siam befindlichen Missionare glauben, dass diese Sprache nicht eine ganz tote Sprache sei, weil sie in ihrem Spital einen Menschen aus der Gegend des Vorgebirges Comorin hatten, welcher mehrere balische Worte in seine Sprache mischte, und versicherte, dass sie in seinem Lande gebräuchlich wären, ob er gleich niemals studiert hatte, und nur seine Muttersprache verstand. Sie wollen übrigens auch behaupten, dass die Religion der Siamesen aus diesen Gegenden herkäme, weil sie in einem balischen Buch gelesen hätten, dass der Sommona-Codom, den die Siamesen anbeten, der Sohn eines Königs auf der Insel Ceylon gewesen sei.
          Dergleichen ungewisse Dinge aber bei Seite gesetzt, so scheint die gemeine Sprache der Siamesen in ihrer Einfachheit den Sprachen von China, Tonquin, Cochinchina und anderer morgenländischen Staaten zu gleichen; Beweis genug, dass die Völker, welche sie reden, den Charakter ihrer Nachbarn haben. Man setze noch hinzu ihre indianische Bildung, ihre mit rot und braun vermischte Gesichtsfarbe; (welche man weder im Norden von Asien, noch in Europa, noch in Afrika antrifft) außerdem auch ihre kurzen und runden Nasen, ihre hohen Wangenknochen, ihre Ohren, die größer sind, als die unsrigen, mit einem Worte, alle Züge der indianischen und chinesischen Gesichtsbildung, ihre hockende Stellung, wie die der Affen, und viele andere Manieren, welche sie mit diesen Tieren gemein haben, so wie auch eine ausserordentliche Zuneigung gegen die kleinen Kinder; denn nichts gleicht der Zärtlichkeit, welche die alten Affen für alle ihre Jungen haben. Eine eben so große Liebe haben auch die Siamesen zu allen kleinen Kindern, es mögen nun die ihrigen, oder fremde sein.
          Selbst der König von Siam ist immer mit ihnen umgeben, und mit Vergnügen erzieht er sie bis in das siebente oder achte Lebensjahr. So wie sie aber nachher ihre kindische Art verlieren, so verlieren sie auch seine Gunst. Ein einziges, sagt man, hat unterdessen doch bis in das zwanzigste Jahr dieselbige zu erhalten gewusst, und ist noch gegenwärtig sein Liebling. Einige nennen ihn seinen adoptierten Sohn, andere vermuten, dass er ein unehelicher Sohn von ihm ist; wenigstens ist er der Milchbruder von der legitimen Prinzessin.
          Wenn man das so niedrige Land von Siam betrachtet, das durch ein Wunder dem Meere entstiegen zu sein scheint, und das alle Jahre mehrere Monate von dem Regen unter Wasser gesetzt wird, auch die fast unzählige Menge von beschwerlichen Insekten, welche es hervor bringt, und die außerordentliche Hitze des Klima, unter welchem es liegt, so ist es schwer zu begreifen, wie sich Menschen haben entschließen können, dasselbige zu bewohnen, wenn sie nicht aus der nächsten Nachbarschaft gekommen sind. Man glaubt daher auch sogar, dass es erst seit wenigen Jahrhunderten bewohnt worden sei, wenn man auf das wenige darin angelegte Ackerland Rücksicht nimmt. Übrigens müsste man weit in den Norden von Siam hinauf gehen, um kriegerische Völker zu finden, welche die unzählbaren Menschenschwärme hergeben konnten, welche zu verschiedenen Zeiten aus ihrem Vaterlande ausgegangen sind, um sich in andern Ländern niederzulassen. Und wie wäre es möglich, dass sie sich auf dem Wege bei einem der weichlichsten und feigsten Völker, die zwischen dem Lande der Scythen und den fast undurchdringlichen Wäldern und Flüssen der Siamesen sollten aufgehalten haben? Es scheint also wahrscheinlich, dass die sogenannten kleinen Siamesen, von welchen wir reden, ein Stamm von den großen sind, welche sich in die jetzt von ihnen bewohnten Gebirge geworfen haben, um sich der Tyrannei der benachbarten Könige zu entziehen.
          So viel ist allezeit gewiss, dass das Blut der Siamesen sehr mit fremden Blute vermischt ist. Ohne der Peguaner und der Bewohner von Laos zu gedenken, welche mit den Siamesen von einer Nation zu sein scheinen, so kann man nicht zweifeln, dass sich ehemals eine große Menge von Fremden nach Siam geflüchtet habe, und zwar wegen der freien Handlung, und wegen der Kriege im eigentlichen Indien, in China, in Japan, in Tonquin, Cochinchina und in anderen Staaten des mittäglichen Asiens. Man sagt auch, das man in der Stadt Siam gegen vierzig verschiedene Nationen zähle, da aber der Vincent le Blanc eben dieses von der Stadt Martaban sagt, so scheint mir diese übertriebene Anzahl der Nationen eine indianische Prahlerei zu sein. Der gänzliche Verfall der Handlung von Siam verursachte, dass sich in den letzten Jahren wieder viele von da weg zogen, die sich dahin geflüchtet hatten. Drei oder vier Bengalen machen gegenwärtig eine Nation aus; drei cochinchinesische Familien machen eine andere aus. Die Mauren allein, welche nur für eine gezählt werden sollten, machen mehr als zehn aus, sowohl weil sie aus verschiedenen Ländern nach Siam gekommen sind, als auch unter dem Vorwand ihrer verschiedenen Stände, als Kaufleute, Soldaten oder Handwerker. Ich nenne diese Leute Mauren, wie die Spanier, und nicht Neger; denn diese Mohammedaner rühmen sich eines arabischen Ursprungs, und ihre Nation hat sich über unsere ganze Hemisphäre ausgebreitet.
          Diese Nationen bewohnen verschiedene Teile der Stadt oder der Vorstädte von Siam. Es ist aber nichts desto weniger diese Stadt, wenn man auf ihre Größe Rücksicht nimmt, schlecht bewohnt, und das Land ist es noch weniger. Man muss glauben, dass sie keine größere Bevölkerung haben wollen; denn sie stellen alle Jahre Volkszählungen an, und sie wissen doch, wie jedermann, gar wohl, dass das einzige Geheimnis, diese Volkszahl zu vermehren, dieses wäre, die Auflagen und die Frondienste zu erleichtern. Bei der letzten Volkszählung, wozu auch Frauen und Kinder genommen worden, zählten sie, bei dem so großen Umfang des Landes, nach ihrem eigenen Geständnis, nicht mehr, als 1,900.000 Seelen; ob ich gleich glaube, dass man auch noch davon etwas abziehen muss, da Prahlerei und Lügen zu dem Nationalcharakter der Morgenländer gehören. Hingegen dürfte man auch die Flüchtlinge hinzusetzen, welche in den Wäldern eine Freistätte vor ihren Herren suchen.


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IV. Viertes Kapitel:
Von den Landesprodukten von Siam

Das Land von Siam ist fast unangebaut, und mit Waldungen bedeckt. Einer von den berühmtesten Produkten des Pflanzenreichs ist eine Art von Schilf, welches auf indianisch Mambou, auf portugiesisch Bambou und auf siamesisch Mai pai heißt. Die Indianer machen einen vielfachen Gebrauch davon. Elien berichtet, dass es eines ihrer ältesten Nahrungsmittel sei. Heutzutage aber nähren sie sich nicht mehr davon, aber sie unterlassen doch nicht, es unter einige ihrer Speisen zu mischen, wenn es noch zart ist, und um es aufzubewahren, legen sie es in Essig, wie wir unsere Kukumern. Dieses Gewächs scheint anfänglich einem Pappelbaum ähnlich zu sein, es ist gerade und hoch; die Blätter aber daran sind wenig, blass und etwas länglich. Dieser Baum ist hohl und wird durch Ableger fortgepflanzt. Die Sprossen sind durch Knoten voneinander abgesondert; aber der Baum hat Äste, die spitzig sind. Es wächst sehr nahe aneinander, die Wurzeln treiben mehrere Stämme, so dass nichts dicker und nichts schwerer zu durchdringen ist, als ein Bambou-Wald. Übrigens ist das Holz hart und schwer abzuschneiden, ob es sich gleich ganz leicht spalten lässt. Die Siamesen bringen durch das Reiben desselbigen Feuer hervor, welches ein Zeichen von seiner Härte ist. Sie nehmen zwei Stücke gespaltenen Bambou, die besonders zugeschnitten sind, und reiben sie an einander, und, ohne dass sich der Bambou entzündet, oder Funken gibt, fangen einige trockene Blätter oder andere entzündbare Materialien, die man an die Kerbe legt, Feuer. Es gibt keine Art der Pappeln, welche nicht einen mehr oder weniger zuckersüßen Saft haben sollte. Der von dem Bambou ist in einigen Gegenden als ein Hilfsmittel gegen verschiedene Zufälle berühmt. Es ist meiner Aufmerksamkeit entgangen, mich zu erkundigen, ob der süße Saft des Bambou in Siam aus dieser Ursache eben so gesucht ist, als der von dem Bambou in Malacca, welches nicht weit davon liegt.
          Die Siamesen sagen, dass sie auch denjenigen Baum in ihrem Lande haben, welchen die Portugiesen Arvore de Raiz, sie aber Co pai nennen; dass er aber nicht in großer Anzahl vorhanden wäre. Sie setzen hinzu, dass sein Holz die Eigenschaft habe, vermutlich wegen seines Geruchs, wenn man es in die Betten legt, die Insekten zu vertreiben. Dieser Baum ist in den indianischen Reisebeschreibungen oft beschrieben; einigeÄste hängen, wie Fäden, auf die Erde herab, wurzeln dort ein, und werden zu neuen Baumstämmen, so dass dieser Baum in kurzer Zeit ein beträchtliches Terrain einnimmt, auf dem sich eine Art von Labyrinth bildet, das sich immer vergrößert. Da wir sahen, dass die Siamesen noch andere Hilfsmittel gegen die stechenden Insekten suchten, so vermuteten wir, dass dieser Baum entweder sehr selten ist, oder dass die Eigenschaft, welche man ihm beilegt, nicht ganz wahr sei.



Rote Bananen
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          Allein die Siamesen haben andere der nützlichsten Bäume im Überfluß. Von dem einen sammeln sie Baumwolle; ein anderer liefert ihnen den Capoc, eine Art von sehr feiner Wolle, die aber so kurz ist, dass man sie nicht spinnen kann, welche ihnen aber statt der Pflaumfedern dient.
          Aus gewissen Bäumen ziehen sie verschiedene Öle, welche sie mit einer Art von Erde vermischen. Eine damit überzogene Mauer ist so weiß und so glänzend, als wenn sie von Marmor wäre. Eine Art von Bäumen, die in ihren Wäldern sehr gemein ist, wirft ein Gummi aus, das den Hauptteil des schönen Lacks ausmacht, den wir an verschiedenen Japanischen und Chinesischen Kunstwerken sehen. Die Portugiesen nennen dieses Gummi Cheyram, welches vielleicht von dem Wort Cheyro abstammt, das ein Perfüm anzeigt, ob gleich dieses Gummi gar keinen Geruch an sich hat. Die Siamesen wissen aber nicht recht damit umzugehen. Ich sah zu Siam einen Tonquinesischen Künstler von dieser Art; aber er verfertigte auch nichts vortreffliches, vielleicht aus Mangel eines gewissen Öls, das man mit dem Cheyram vermischen muss, und das er, so gut er konnte, durch ein anderes ersetzte. Ich hätte ihn mit nach Frankreich genommen, wenn er beherzt genug gewesen wäre, über das Meer zu schiffen, wie er mit anfänglich versprochen hatte. Die Nachrichten aus China sagen auch, dass es dort zwei verschiedene Materien des Lacks gibt, wovon die eine weit besser als die andere ist. Man probiert den Cheyram, wenn man einen Tropfen davon ins Wasser fallen lässt; wenn dieser Tropfen ohne sich zu zerteilen auf den Boden fällt, so ist er gut.
          Die Siamesen machen Papier aus alten Lumpen vom Cotton, sie nehmen auch die Rinde eines Baumes, der Ton coe heißt, dazu, welche sie, wie die alten Lumpen, klein stoßen; aber dieses Papier ist weniger glatt, stark und weiß, als das unsrige. Die Siamesen schreiben mit chinesischer Tinte darauf. Öfters aber färben sie es schwarz, wodurch es einfärbiger und dicker wird, und alsdann beschreiben sie es mit einer Art von Kreide, welche nichts, als eine an der Sonne getrocknete Tonerde ist. Ihre Bücher sind nicht gebunden, und bestehen nur aus einem einzigen großen Bogen, welchen sie nicht zusammen rollen, wie es die Römer machten; sondern sie falten dasselbige bald auf diese, bald auf jene Seite zusammen, wie man eine spanische Wand zusammen legt. Ausserdem schreiben sie mit einem Griffel auf eine Art von Palmblättern; den Baum, von dem sie genommen sind, nennen sie Tan, und die Blätter Bailan. Sie schneiden sie viereckig, und auf diese Art von Täfelchen sind die Fabeln und Gebete geschrieben, welche die Talapoins in ihren Tempeln absingen.
          Die Siamesen haben auch Bäume, welche zur Erbauung der Schiffe und zur Bemastung derselbigen tauglich sind. Weil sie aber keinen Hanf haben, so ist ihr Tauwerk aus Fasern der Kokosnüsse gemacht, und ihre Segel sind Matten von großen Binsen. Dieses Tauwerk kommt freilich dem unsrigen nicht gleich; aber ihre Segel haben diesen Vorteil, dass sie sich leichter in der Höhe halten, und dass sie den Wind besser aufhalten, wenn er nahe ist.



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          Endlich haben die Siamesen auch Holz, das zum Häuserbau, zur Schreinerarbeit und zur Bildhauerei tauglich ist. Sie haben ein leichtes und ein sehr schweres, das leicht zu spalten ist, und ein anderes, welches sich gar nicht spaltet; man mag noch so viele Nägel oder Keile hinein schlagen. Dieses letztere nennen die Europäer Marienholz, und es ist besser, als irgend ein anderes, um gebogene Sparren zum Schiffsbau daraus zu machen. Ein anderes, welches hart und schwer ist, nennt man Eisenholz, und ist auf unseren westindischen Inseln bekannt genug, und von dem man sagt, dass es mit der Zeit das Eisen verzehre. Sie haben auch ein Holz, das man wegen seiner Leichtigkeit und seiner Farbe für Tannenholz halten sollte; aber es verträgt den Meißel des Bildhauers auf allerlei Art, ohne sich zu spalten; und ich zweifle, dass wir in Europa ein ähnliches haben.
          Vor allem aber haben die Siamesen so hohe und so gerade gewachsene Bäume, dass ein einziger hinreicht, um ein Fahrzeug oder Balon, wie die Portugiesen sagen, von 16 bis 20 Klaftern daraus zu machen. Sie höhlen den Baum aus, und hernach machen sie den inwendigen Raum durch das Feuer größer. Hernach erhöhen sie die Seiten desselbigen durch Bretter von gleicher Länge, und endlich setzen sie an die zwei äußersten Spitzen ein sehr hohes Vorder- und Hinterteil, die ein wenig auswärts gebogen sind. Sie sind mit Bildhauerei und Vergoldung geziert, auch mit Perlmutter eingelegt.
          Unterdessen haben sie doch, bei diesen verschiedenen Arten von Hölzern, keine solche, welche wir in Europa kennen.
          Sie können keine Maulbeerbäume aufbringen, und daher haben sie auch keine Seidenwürmer. Auch Lein wächst weder bei ihnen, noch an einem andern Ort in Indien, wenigstens macht man sich nichts aus demselbigen. Baumwolle, welche sie im Überflusse haben, ist ihnen, wie sie sagen, lieber und gesünder, weil der Baumwollenzeug nicht sobald, wenn er von Schweiß benetzt wird, erkältet, und daher keine Erkältungen dem Menschen zuzieht, wie das leinene Tuch.
          Sie haben Zimt, das zwar schlechter ist, als das von der Insel Ceylon, aber doch besser als jedes andere. Sie haben auch Farbhölzer und Aloeholz, das aber in der Tat nicht so gut ist, als das Calamba aus Cochinchine, aber doch besser, als das Aloenholz aller andern Länder. Dieses Holz findet sich nur in Stücken, indem es nur gewisse verdorbene Teile an Bäumen von einer gewissen Art sind. Es ist daher eine beschwerliche Arbeit, solche Bäume in den Wäldern aufzusuchen. Sonst war es zu Paris sehr teuer, jetzt aber ist es viel wohlfeiler.



Bananenblüte
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V. Kapitel :
Von den Metallen in Siam

Kein Land steht in einem größeren Ruf, an Metallen reich zu sein, als Siam, und die große Mende von Götzenbildern und andern gegossenen Werken, die man in demselben sieht, lässt vermuten, dass dieses Land vor Zeiten besser angebaut und vevölkert war, als es gegenwärtig ist. Man glaubt sogar, dass sie daher die große Menge Goldes nehmen, womit ihr Aberglaube nicht nur ihre fast unzähligen Götzenbilder, sondern auch die Wände und die Dächer ihrer Tempel geziert hat. Man entdeckt noch täglich vor Zeiten angelegt gewesene Schächte, und die Überreste vieler Schmelzöfen, welche vielleicht während der alten Kriege mit Pegu verlassen worden sind.
          Nichts desto weniger hat der gegenwärtig regierende König keine Gold- oder Silbermine ausfindig machen können, welche der Bearbeitung wert gewesen wäre, ob man gleich Europäer, und unter anderen aunen Spanier, der aus Merico gekommen war, bei dieser Arbeit angestellt hatte, welcher Spanier, wenn auch nicht ein großes Glück gemacht, doch wenigstens zwanzig Jahre lang bis an seinen Tod seinen Unterhalt gefunden hatte, weil er dem Geize des Königs durch erdichtete Versprechungen unermessliche Schätze zu schmeicheln wusste. Nachdem man an verschiedenen Orten in die Kreutz und Quere gegraben und gewühlt hatte, so fand man nichts, als einige arme Kupferminen, in welchen nur ein wenig Gold und Silber enthalten war. Kaum 500 Pfund Erz gab eine Unze Metall; und man versteht noch nicht die Kunst, die Metalle zu scheiden.
          Aber um diese Mischung noch kostbarer zu machen, lässt der König von Siam noch Gold dazu setzen; und das ist es, was man Tombak nennt. Man sagt, dass die Minen der Insel Borneo von Natur reich daran sind, und die Seltenheit vermehrt den Preis, so wie dadurch das berühmte korinthische Erz kostbarer wurde; was aber eigentlich bei den Siamesen den eigentlichen Wert davon ausmacht, ist die Menge des Goldes, welches man damit vermischt zu sein glaubt. Wenn ihr Geiz etwas wünschet, so ist es das Gold, und nicht der Tombak. Wir haben es selbst gesehen, dass, wenn der König von Siam Kruzifixe machen ließ, um sie den Christen zu schenken, der edelste und kleinste Teil derselbigen, nämlich Christus, von Gold und das Kreuz nur von Tombak war. Vincent le Blanc sagt: dass die Peguaner eine Mischung von Blei und Kupfer haben, die sie bald Ganze und bald Ganza nennen, und woraus sie Statuen und eine kleine Münze verfertigen, welche nicht von dem Regenten geprägt wird, sondern die jeder Privatmann zu machen das Recht hat.
          Wir haben aus Siam den Herrn Vincent, einen provenzalischen Arzt, zurück gebracht. Er war aus Frankreich mit dem seeligen Bischof von Babylon nach Persien gegangen, und das Gerücht von der Ankunft der ersten Schiffe des Königs von Siam machte ihm Lust, mit ihnen abzureisen, und dadurch seine Rückreise nach Frankreich zu suchen. Er verstand Mathematik und Chemie, und daher stand er einige Zeit in den Diensten des Königs von Siam, um für seine Bergwerke zu sorgen. Dieser hat mir gesagt, dass er die Arbeiten der Siamesen einigermaßen verbessert habe, so dass sie jetzt etwas mehr Nutzen daraus ziehen, als sonst. Er hat ihnen auf der Anhöhe eines Berges eine sehr gute Stahlmine gezeigt, welche zwar schon entdeckt war, von der sie aber keinen Gebrauch machten. Er hat ihnen auch Kristalle, Antimonium, Schmergel und eine Marmorader gezeigt. Ausserdem hat er eine Goldmine gefunden, die ihm reich zu sein schien, so viel er davon urteilen konnte, ohne Versuche darüber angestellt zu haben; er hat ihnen aber diesen Fund nicht entdeckt. Mehrere Siamesen, meistens Talapoins, befragten ihn heimlich über die Kunst, die Metalle zu reinigen und voneinander abzusondern, und brachten ihn verschiedene sehr reiche Stücke Erz. Aus einigen zog er eine Menge sehr reines Silber, und aus einigen andern Mischungen verschiedener Metalle.
          Was das Zinn und das Blei anbetrifft, so bauen die Siamesen schon seit langer Zeit sehr reichhaltige Bergwerke, und ob sie gleich gar nicht geschickt damit umzugehen wissen, so ziehen sie doch davon sehr großen Nutzen. Dieses Zinn, oder, wie es die Portugiesen nennen, Calin, wird in ganz Indien abgesetzt. Es ist weich und nicht gut gereinigt; man sieht die Proben davon an den gewöhnlichen Teebüchsen, welche aus diesem Lande kommen. Um es aber härter und weißer zu machen, wie es zu den schönsten Teebüchsen genommen wird, so mischen sie Galmey darunter, welches ein Mineral ist, das sich leicht zerbröckeln lässt; wenn man ihn mit Kupfer versetzt, und das damit vermischte Zinn heißt Toutenague. So viel sagte mir Herr Vincent von den Bergwerken in Siam.
          In der Nachbarschaft der Stadt Louvo ist ein Magnetberg. Sie haben ferner einen anderen bei der Stadt Ionsalam, die im bengalischen Meerbusen auf einer Insel liegt, die von der Küste von Siam nur einen Kanonenschuss weit entfernt liegt; allein der Magnet, welchen man aus Ionsalam zieht, verliert in drei oder vier Monaten seine Kraft; ich weiß nicht, ob dies auch der Fall mit dem von Louvo ist.
          In den Gebirgen von Siam findet man sehr feine Achate, und Herr Vincent hat mir gesagt, dass er in den Händen der Talapoins, die sich heimlich mit Nachsuchungen beschäftigen, Saphire und Diamanten gesehen habe, welche sie in den Gebirgen gefunden hatten. Man versicherte mir auch, dass Privatleute einige Diamanten hatten, und sie den Offizieren des Königs geschenkt hätten; aber, weil sie keine Belohnung dafür erhielten, so wären sie nach Pegu gegangen.
          Ich habe schon gesagt, dass die Stadt Campeng-pet durch ihre vortrefflichen Stahlbergwerke berühmt ist. Die Einwohner des Landes schmieden aus diesem Stahl die Waffen nach ihrer Art, z.B. Säbel, Dolche und Messer. Das Messer, welches sie Pen nennen, ist in der ganzen Welt bekannt, und nicht als eine Waffe zu betrachten, ob man sich gleich derselben auch dazu bedienen kann; die Klinge ist 3 bis 4 Zoll breit, und ungefähr einen Schuh lang. Säbel und Dolche teilt der König aus. Den Dolch tragen sie an der linken Seite ein wenig vorwärts. Die Portugiesen nennen ihn Christ, ein verstümmeltes Wort für Crids, dessen sich die Siamesen bedienen. Dieses Wort ist aus der Malayischen Sprache hergenommen, welche im ganzen Morgenland berühmt ist, und die Crids, welche man zu Achem auf der Insel Sumatra verfertigt, werden für die besten unter allen gehalten. Was den Säbel anbetrifft, so trägt diesen ein Sklave beständig vor seinem Herrn her, und zwar auf der rechten Schulter, so wie man bei uns die Flinten auf der linken Schulter trägt.
          Es gibt auch Eisenminen, welches Metall sie zu schmieden wissen; wie man mir aber sagte, so haben sie deren nicht viel. Übrigens sind sie auch schlechte Schmiede. Sie haben auch nur hölzerne Anker auf ihren Galeeren, und damit diese Anker auf den Boden sinken, so binden sie Steine daran. Sie haben weder Nadeln, noch Nägel, weder Meißeln, noch Sägen. Zum Bau ihrer Häuser brauchen sie keine Nägel, ob sie gleich ganz von Holz sind. Jeder macht sich Nägel aus Bambou; Vorlegschlösser lassen sie aus Japan kommen; die aus Eisen sind gut, aber die kupfernen sind sehr schlecht.
          Sie machen ein schlechtes Schießpulver. Man sagt, der Fehler liege an dem Salpeter, den sie aus ihren Felsen ziehen, wo er sich aus dem Mist der Fledermäuse bildet. Dieser gibt es sehr viele in ganz Indien, und zwar in beträchtlicher Größe. Es mag aber hier der Salpeter gut oder schlecht sein, so lässt der König nicht viel davon an die Fremden verkaufen.
          Nachdem ich hier die natürlichen Reichtümer der Berge und Wälder von Siam beschrieben habe, so sollte ich jetzt von den Elefanten, Nashörnern, Tigern und anderen wilden Tieren, womit dieses Land bevölkert ist, reden; da aber dieser Gegenstand schon von andern Schriftstellern genug beschrieben worden ist, so will ich ihn mit Stillschweigen übergehen, und von den angebauten Ländereien reden.

VI.  Sechstes Kapitel:
Von den angebauten Ländern und ihrer Fruchtbarkeit

Von den angebauten Ländern und ihrer Fruchtbarkeit Der Erdboden ist gar nicht steinig, und kaum findet man einen Kieselstein, welches mich auf den Gedanken bringt, dass es mit dem Lande Siam eben so gegangen ist, wie es mit Ägypten gegangen sein soll, und dass es sich nach und nach aus der tonartigen Erde, welche die Regengewässer von den Gebirgen herab spielten, gebildet habe. Vor der Mündung des Menam ist eine große schlammige Bank, welche man nach dem Schiffsausdruck eine Barre nennt, und welche die Einfahrt großer Schiffe verhindert. Es ist wahrscheinlich, dass sie sich nach und nach vermehren, und mit der Zeit dem festen Land ein neues Ufer geben wird.
          Dieser von den Gebirgen herabgekommene Schlamm ist also die wahre Ursache von der Fruchtbarkeit des Landes Siam, vorzüglich da, wohin sich die Überschwemmung erstreckt; denn übrigens, und besonders in hohen Gegenden, ist alles kurz nach der Regenzeit trocken und von der Sonne verbrannt. Unter der heißen Zone, und selbst in Spanien, dessen Klima gemäßigter ist, wenn die Länder von Natur fruchtbar sind, (wie z.B. zwischen Murcia und Karthagena, wo der Same manchmal hundertfältige Frucht trägt) sind die Ländereien ausserdem der Trockenheit, den Insekten und andern Unbequemlichkeiten so sehr unterworfen, dass sie oft der Ernte mehrere Jahre hinter einander beraubt werden. Und dies ist das Schicksal aller Länder in Indien, welche nicht überschwemmt werden, und die auch außer der Unfruchtbarkeit an darauf folgenden ansteckenden und pestartigen Krankheiten leiden. Allein die jährliche Überschwemmung gibt dem Lande Siam eine sichere und überflüssige Reisernte, und macht dieses Königreich zur Ernährerin mehrerer andern.
          Außer dass die Überschwemmung die Ländereien düngt, tötet sie auch die Insekten; ob sie gleich noch viele davon übrig lässt, welche äußerst beschwerlich sind. Die Natur lehrt alle Tiere in Siam der Überschwemmung zu entgehen. Diejenigen Vögel, welche in unsern Ländern nicht an hohen Orten aufsitzen, wie z.B. die Rebhühner, tun es in Siam. Die klugen Ameisen machen hier ihre Nester und Vorratskammern auf die Bäume. Es gibt hier auch weiße Ameisen, die unter andern Zerstörungen, welche sie anrichten, die Bücher zerfressen. Die Missionare sind genötigt, um die ihrigen zu erhalten, sie auf dem Einband und auf dem Schnitt mit etwas Cheyram oder Lack zu überziehen, welches aber doch nicht hindert, sie aufzumachen. Bei dieser gebrauchten Vorsicht werden sie von den Ameisen nicht mehr angefressen, und sie vermehrt auch die Schönheit der Bücher; denn da dieser Lack mit nichts vermischt ist, das ihm eine Farbe geben könnte, so werden sie dadurch so glänzend, als wenn sie mit Glas bedeckt wären. Es wäre keine so teure oder zu schwere Probe, wenn man versuchen wollte, ob nicht dieser Cheyram auch das Holz unserer Betten gegen die Wanzen schützen möchte. Das ist der nämliche Cheyram, der, wenn er auf Gaze gegossen wird, macht, dass sie hornartig aussieht. Man pflegt große Laternen damit zu überziehen, von denen man glauben sollte, dass sie aus einem einzigen Stück Horn verfertigt wären. Auch die kleinen rotlackierten Tassen, die aus Japan kommen, und über deren Leichtigkeit man erstaunt, sind von einem doppelt zusammengelegten Tuch, dem man die Gestalt einer Tasse gegeben, und mit diesen rotgefärbten Lack überzogen hat. Diese Tassen dauern aber nicht lang, wenn man allzu heiße Flüssigkeiten hinein gießt.
          Um auf die Insekten zurück zu kommen, von welchen wir bei Gelegenheit zu reden angefangen haben, so sind die Stechmücken (Marinjouis) von eben der Natur, wie die unsrigen; aber die Hitze des Klima gibt ihnen so viel Stärke, dass auch lederne Strümpfe die Beine gegen den Stich derselbigen nicht sichern.
          Der Tausendfuß ist in Siam, wie auf den amerikanischen Inseln bekannt. Man gibt diesem Insekt diesen Namen, weil er längst seines Körpers eine große Anzahl von Füßen hat, die im Verhältnis zu seiner Länge, die 5 bis 6 Zoll beträgt, sehr kurz sind. Was das sonderbarste ist, (außer den ringförmigen Schuppen, welche den Körper bedecken, und die bei seinen Bewegungen ineinander eingreifen) ist, dass er zugleich mit seinem Kopf und mit seinem Schwanze beißt; aber diese Bisse sind nicht tödlich, ob gleich schmerzhaft. Einer von den Franzosen, die mit uns nach Siam kamen, und den wir daselbst zurück ließen, ließ sich in seinem Bette von einem solchen Insekt eine Viertelstunde lang beißen, ohne es zu wagen, seine eigene Hand sich zur Hilfe auszustrecken; er rief bloß um Hilfe. Die Siamesen sagen, dass diese Tausendfüße zwei Köpfe an den zwei Enden ihres Körpers hätten, und dass sie des Jahres 6 Monate mit dem einen, und 6 Monate mit dem andern vorwärts gehen.
          Allein in der Naturgeschichte ist ihnen wenig zu glauben. Sie haben eine Neigung zum Wunderbaren. Je unwahrscheinlicher dieses ist, desto leichter glauben sie es. Was sie von einer Art der Eidechsen, die sie Tocquay nennen, sagen, ist ein Beweis von ihrer Unwissenheit und Leichtgläubigkeit. Sie bilden sich ein, dass dieses Tier, wenn es fühlt, dass seine Leber übermäßig anwachse, ein Geschrei mache, dass ihm den Namen Tocquay gegeben hat, um ein anderes Insekt zu Hilfe zu rufen, und dass dieses andere Insekt ihm durch das Maul in den Leib hinein krieche, um das Überflüssige der Leber wegfresse. Nach dieser Mahlzeit kehre es wieder auf eben dem Weg aus dem Leibe des Tocquay wieder zurück.
          Die Laternenträger haben, so wie die Käfer vier Flügel, welche im Fluge sichtbar sind; wenn sie aber in Ruhe sind, so werden die zwei kleineren von den größeren bedeckt. Wir sahen nicht viele dieser Tiere, weil die Regenzeit vorbei war, als wir ans Land stiegen. Die Nordwinde, welche anfangen, wenn die Regen aufhören, töten sie entweder, oder führen sie alle mit sich fort. Sie haben zwar einiges Feuer in den Augen; aber ihr größter Glanz kommt unter ihren Flügeln hervor, und schimmert nur in der Luft, wenn die Flügel entfaltet sind. Es ist daher nicht wahr, was man sagt, dass man sich in der Nacht derselben statt der Lichter bedienen könnte; denn wie könnte man sie immer so im Fluge erhalten, dass sie gerade diejenigen Gegenstände erleuchteten, die man erleuchtet haben wollte? Doch genug von den Insekten in Siam. Sie würden demjenigen Stoff zu einem großen Buche geben, der sie alle genau kennte. Ich will nur bloß anmerken, dass es nicht nur in dem Fluss und in dem Meerbusen, sondern auch auf dem Lande sehr gefährliche gibt, welche verursachen, dass sich reiche Leute nur in Vergitterungen von Bambou baden.



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VII.  Siebentes Kapitel:
Die Getreidearten in Siam

Der Reis ist die Haupternte der Siamesen, und auch ihre beste Nahrung; er ist kühlend und nahrhaft. Ich sah, dass die Mannschaft unserer Schiffe, welche mehr als drei Monate hintereinander Reis bekommen hatte, es bedauerte, als man ihr wieder Zwieback vorsetzte, ob gleich dieser gut und wohl erhalten war.
          Die Siamesen wissen durch die Erfahrung das Wasser, das Feuer und die Zeit zu bestimmen, welche der Reis braucht, um zu kochen, ohne dass ein Körnchen davon aufspringt, und so dient er ihnen zum Brot. Jedoch essen sie ihn nicht, wie wir unser Brot, zu allen andern Speisen. Wenn sie z.B. Fleisch oder Fische essen, so essen sie dieselben ohne Reis; und wenn sie Reis essen, so essen sie ihn auch besonders. Sie drücken etwas davon mit dem äußersten ihrer Finger, um ihn zu einer Art Teig zu machen, und bringen ihn sodann in den Mund. Die Chinesen fassen ihre Speisen nie anders, als mit zwei kleinen viereckigen Stäbchen an, welche ihnen statt der Gabeln dienen. Sie setzen an ihre untere Lippe eine kleine Porzellan-Tasse, worin ihre Portion Reis ist, und, indem sie dieselbige mit der linken Hand halten, ohne sich zu bücken, so streichen sie den Reis mit den zwei Stäbchen, die in der rechten Hand halten, in ihren Mund.
          Die Morgenländer lassen manchmal den Reis mit Fleiß und Pfeffer kochen, wozu sie auch Safran tun, und dieses Gericht nennen sie Pilau. Das ist bei den Siamesen nicht gebräuchlich, sondern gewöhnlich kochen sie den Reis in purem Wasser, manchmal auch in Milch, wie wir an den Fasttagen getan haben.
          Es wächst in Siam der Weizen in hohen Gegenden, um die Überschwemmung zu vermeiden; sie begießen ihn, wie bei uns in den Gärten die Pflanzen mit Gießkannen, oder sie leiten Regenwasser darauf hin, welches sie in noch höheren Wasserbehältnissen, als diese Äcker sind, aufbewahrt haben. Es mag nun aber die Mühe, oder der Aufwand daran schuld sein, oder dass der Reis für Privatpersonen eine hinlängliche Kost ist, so wird nur für den König Weizen eingeerntet; und das vielleicht mehr der Neugierde, als des Geschmackes wegen. Sie nennen ihn Kaou Possali; das Wort Kaou bedeutet schlechtweg Reis. Da jedoch diese Worte weder arabisch, noch türkisch, noch persisch sind, so zweifle ich an dem, was man mir gesagt hat: dass der Reis durch die Mauren nach Siam gebracht worden wäre. Die Franzosen, welche in Siam wohnen, lassen Mehl aus Surate kommen, ob es gleich nahe bei Siam eine Windmühle gibt, um Getreide zu mahlen, und eine andere bei Louvo.
          Übrigens war das Brot, welches der König von Siam ausgab, so trocken, dass der in reinem Wasser gekochte Reis, so fade er auch war, mir weit besser schmeckte. Daher wundere ich mich um so weniger über das, was die Beschreibungen von China sagen: dass der Regent dieses großen Reichs, ob er gleich Brot hat, dennoch den Reis weit lieber isst. Nichts desto weniger versicherten mir Europäer, dass das Weizenbrot in Siam gut sei, und dass die Trockenheit des unsrigen von etwas wenigem Reismehl herkommen müsste, das man ohne Zweifel aus Sparsamkeit unter den Weizen gemacht habe; vielleicht auch aus Furcht, es möchte ihnen an Brot fehlen.
          Ich habe in Siam andere Erbsen gesehen, als die unsrigen sind. Die Siamesen halten, wie wir, mehr als eine Art von Ernte; aber sie halten jährlich auf einem und eben demselbigen Stück Landes nur eine einzige, nicht als wenn der Boden nicht gut genug wäre, um jährlich zwei Ernten zu geben, wie man von einigen andern Gegenden in Indien sagt, wenn die Überschwemmung nicht so lange dauerte. Sie haben auch türkisches Korn, aber nur in den Gärten. Sie sieden oder braten dasselbige, und essen die ganze Ähre, ohne die Körner abzusondern.
         

VIII.  Achtes Kapitel:
Von dem Feldbau und der Verschiedenheit der Jahreszeiten

Zum Feldbau werden sowohl Ochsen als Büffel gebraucht. Sie regieren sie mit einem durch ein Loch gezogenen Strick, welches sie durch den Knorpel machen, der die Nasenlöcher absondert; und damit der Strick nicht durchschlüpfe, wenn sie anziehen, so machen sie an die beiden Enden einen Knoten; eben dieser Strick geht auch durch ein Loch, das am Ende der Deichsel ihres Pfluges ist.
          Der Pflug der Siamesen ist ganz einfach und ohne Räder. Er besteht aus einem langen Stück Holz, welches die Deichsel desselbigen ist, aus einem andern krummen Holz, womit man ihn anfassen kann, und aus einem andern kürzern und stärkern, welches an das vorige befestiget ist, und unten mit demselbigen fast zwei gerade Dreiecke macht, und dieses ist die Pflugschar. Sie verbinden diese Teile nicht mit Nägeln, sondern mit einer Art von Stricken.
          Sie bedienen sich der Arbeitsochsen, um den Reis zu dreschen. Wenn er mit den Füssen zertreten ist, so lassen sie ihn nach und nach von der Höhe herabfallen, damit der Wind die Spreu fortreibe. Und weil der Reis eine harte Hülse hat, beinahe wie der Dinkel, ein in Flandern und an andern Orten sehr bekannte Getreideart, so stoßen sie ihn in einem hölzernen Mörser mit einem hölzernen Stempel, oder in einer Handmühle, deren Teile ebenfalls alle von Holz sind.
          Sie kennen nur drei Jahreszeiten, den Winter, welchen sie Na-naon, den Anfang der Kälte nennen; den kleinen Sommer, der bei ihnen Na-ron, der Anfang der Hitze heißt; und den großen Sommer, der bei ihnen den Namen Na-ron-yai, der Anfang der großen Hitze hat, und der ihre Bäume der Blätter beraubt, so wie die Kälte die unsrigen entlaubt. Sie haben zwei Jahre von zwölf Monaten, und ein drittes von dreizehn.
          Sie haben kein Wort, um die Woche auszudrücken; aber sie nennen sieben Tage, wie wir, nach den Planeten; es sind auch ihre Tage den unsrigen ähnlich, d.i. wenn bei ihnen Montag ist, so ist er es auch bei uns. Doch bei ihnen fängt der Tag ungefähr sechs Stunden eher an, als bei uns. Unter den Namen, welche sie den Planeten geben, heißen der Merkur Pout, ein Persisches Wort, das so viel als Götzenbild bedeutet, wo auch PoutGheda oder Pagode ein heidnischer Tempel herkommt.
          Sie fangen ihr Jahr nach gewissen Regeln am ersten Tag des Monats November oder Dezember an. Sie bezeichnen die Jahre nicht immer durch ihre Anzahl, sondern durch besondere Namen, die sie ihnen geben; denn sie bedienen sich eines Zyklus von 60 Jahren, wie andere Morgenländer.
          Ein Zyklus von 60 Jahren ist eine Umwälzung von 60 Jahren, so wie eine Woche eine Umwälzung von 7 Tagen ist, und sie haben Namen für die Jahre eines Zyklus, wie wir sie für die Tage der Woche haben. Es ist wahr, ich konnte nicht entdecken, dass sie mehr als zwölf verschiedene Namen hätten, die sie fünfmal in einem jeden Zyklus wiederholen, um die Zahl von 60 zu erreichen, und zwar, wie man mir sagte, durch unterscheidende Beisätze. Sie nennen daher z.B. ein Jahr das Jahr der großen Schlange, des Schweins u.s.w.
          Ihre Monate werden insgemein auf 30 Tage geschätzt. Ich sage insgemein; weil nach der astronomischen Genauigkeit es von Zeit zu Zeit einige längere oder kürzere Monate geben kann. Die Siamesen geben ihren Monaten keine Namen, wie wir, sondern nennen sie nur nach ihrer Ordnung das erste, zweite, dritte Monat u.s.w.
          Die zwei ersten Monate, welche ungefähr mit unserm Dezember und Jänner übereinkommen, machen den Winter in Siam aus; das dritte, vierte und fünfte gehören zum kleinen, und die sieben andern zum großen Sommer. Sie haben also den Winter zu eben der Zeit, da wir ihn haben, weil sie, wie wir, auf der nördlichen Seite der Mittagslinie wohnen; allein ihr größter Winter ist wenigstens so heiß, als unser Sommer. Außer der Zeit der Überschwemmung bedecken sie immer die Pflanzen in ihren Gärten wegen der Sonnenhitze, so wie wir die unsrigen manchmal wegen der kalten Nächte oder des Winters zudecken. Was aber ihre Personen anbetrifft, so macht die Verminderung der Hitze ihnen die Kälte sehr beschwerlich. Der kleine Sommer ist ihr Frühling; vom Herbst wissen sie gar nichts. Sie sind mit einem großen Sommer zufrieden, ob es gleich scheint, dass man nach Art der Alten zwei zählen könnte, welche von Indien geschrieben haben, weil sie zweimal im Jahr die Sonne im Scheitelpunkt haben; einmal, wenn sie von der Mittagslinie in den Wendezirkel des Krebses kommt, und das andere mal, wenn sie aus diesem Wendezirkel in die Linie zurück kehrt.
          Ihr Winter ist trocken, und ihr Sommer regnerisch. Die heiße Zone wäre ohne Zweifel unbewohnbar, wie die Alten glaubten, ohne diese wunderbare Veranstaltung der Vorsehung, welche gemacht hat, dass die Sonne daselbst immer Wolken und Regen zusammen zieht, und der Wind unaufhörlich von einem der Pole herweht, wenn sie sich wendet. So regieren in Siam im Winter immer Nordwinde, und temperieren die Luft bis zu einer empfindlichen Kühle. Im Sommer aber, wenn die Sonne auf der Nordseite der Linie und im Scheitelpunkt der Siamesen steht, bringen die Mittagswinde, welche daselbst beständig wehen, unaufhörliche Regen, oder machen wenigstens, dass die Zeit daselbst immer zum Regnen geneigt ist, welches auf die Gedanken bringen sollte, ob man nicht diese Regenzeit schicklicher Winter nennen sollte. Das ist eine unveränderliche Regel für die Winde, welche die Portugiesen Moncaos und wir Moussons nennen. Sie verursacht aber auch, dass die Schiffe fast sechs Monate lang wegen der Nordwinde nicht in Siam landen können, und dass sie fast eben so lange wegen der Mittagswinde aus diesem Land nicht wegsegeln können.
          Die Siamesen geben ihren Feldern keine schöne äußerliche Gestalt. Wenn sie durch den Regen genug erweicht sind, so pflügen und besäen sie dieselbigen, und wenn das Wasser sich wieder verlaufen hat, so halten sie ihre Ernte, zuweilen aber, wenn das Wasser noch auf den Feldern steht, und sie sich noch der Kähne bedienen müssen. Jedes überschwemmte Land ist gut zum Reisbau, und man sagt, dass die Ähre immer aus dem Wasser hervorragt, dass, wenn das Wasser in vier und zwanzig Stunden einen Fuß hoch anwächst, auch der Reis in vier und zwanzig Stunden eben so hoch wachse. Ob man mir aber gleich versicherte, dass dieses bisweilen geschehe, so kann ich es doch kaum glauben; es ist mir vielmehr wahrscheinlich, dass, wenn die Überschwemmung manchmal an gewissen Orten den Reis übersteigt, sie ihn verdirbt.   
 

Getränke

Reines Wasser ist der gewöhnliche Trank. Sie pflegen aber dem Wasser einen künstlichen Geschmack zu geben .... Da die Siamesen das Wasser nicht aus den Quellen schöpfen, so ist dasselbige auch nicht gesund ... verursacht Durchlauf und Ruhr, und man kann es nicht ohne Gefahr trinken, wenn man es nicht drei Wochen oder einen Monat lang in grossen Krügen hat stehen lassen.
Die Siamesen trinken Tee zum Vergnügen; wenn ich aber die Siamesen sage, so verstehe ich nur die Einwohner der Stadt Siam darunter, denn in allen anderen Gegenden des Reichs ist der Gebrauch des Tees unbekannt. Aber zu Siam ist er ganz zur Mode geworden, und es ist eine notwendige Höflichkeit, denjenigen Tee vorzusetzen, welche einen Besuch machen. Sie nennen ihn "Tcha", wie die Chinesen ... Sie bereiten den Tee auf folgende Art zu: Sie haben kupferne, inwendig verzinnte Häfen, in welchen sie das Wasser sieden lassen, welches sehr geschwind geschieht, da das Kupfer sehr dünn ist. Man nennt diese Töpfe Boulis. Sie haben auch Töpfe von roter Erde, welche aussen ohne Glasur, und ohne Geschmack sind. Sie spülen zuerst diese irdene Töpfe mit siedendem Wasser aus, um sie zu erhitzen, dann werfen sie soviel Tee, als man mit zwei Fingern fassen kann, hinein, und endlich giessen sie siedendes Wasser daran. Wenn der Tee aufgelöst genug ist, d.h. wenn die Blätter auf den Boden sinken, dann giessen sie ihn in pozellaine Tassen, weche sie aber anfangs nur halb voll machen, damit, wenn er ihnen zu stark oder zu schwach zu sein scheint, sie ihn mit reinem Wasser temperieren können, welches sie immer siedend in einem kupfernen Kessel dabei haben. Sie wefen keinen Zucker in die Tassen, sondern sie nehmen ein Stückchen davon in den Mund, in welches sie etwas hinein beissen, wenn sie den Tee trinken. Wenn sie keinen Tee mehr trinken wollen, so stürzen sie die obere Tasse auf die untere um; denn es ist bei ihnen die grösste Unhöflichkeit unter der Sonne es abzuschlagen, und wenn man die Tasse offen stehen hinreicht, so unterlässt man nicht, aufs neue Tee einzuschenken, welchen man annehmen muss. Wem aber die Tasse nicht wieder voll geschenkt wird, dem wird auf das deutlichste zu verstehen gegeben, dass man niemals mehr einen Besuch von ihm erwarte.
Die Siamesen trinken noch zwei Arten von Getränken, welche sie "Tari" und "Neri" heissen. Sie ziehen dieselbigen von zwei Arten der Bäume, die den allgemeinen Namen, die, wie der Palmbaum, grosse Blätter haben, Palmiten führen. Um sich dieses Getränk zu verschaffen, machen sie in die Rinde des Baumes einen Einschnitt, hängen eine Bouteille so fest, als es nur immer möglich ist, daran, und verkleben sie dann mit Ton, damit keine Luft hinein kann. Am folgenden Morgen ist die Bouteille voll. Und dieses Gefäss ist gewöhnlich ein hohler grosser Bambus, dessen Knoten zum Boden dient. Aber diese Getränke halten sich nicht lange; sie werden sauer, und dann bedient man sich ihrer als Essig. Der Tati kommt von einem wilden Cocosbaum, und der Neri von dem Arekabaum.
Die Siamesen lieben die Früchte mehr, als sonst etwas anderes; sie essen dieselbigen den ganzen Tag, wenn sie dergleichen haben.
Die Siamesen nennen die Frucht des Arekabaums "Plou". Wenn man sie mit einem Messer in vier Teile geteilt hat, so nimmt man jedesmal ein Viertel davon, und kaut es mit einem den Epheu ähnlichen Blatt, welches die Europäer "Betel", die Siamesen aber "Mak" nennen. Man rollt es zusammen, um es leichter in den Mund zu bringen, und legt zu einem jeden ein wenig rotfarbigen Muschelkalk. Deswegen tragen die Indianer beständig diese Art von Kalk in einem ganz kleinen porcellainen Büchschen bei sich, denn sie nehmen so wenig davon zu einem jeden Blatt, dass sie des Tags nicht viel brauchen, ob sie gleich unaufhörlich Areka und Betel geniessen. ... Wie aber der Arekabetel den Speichel rot färbt, so lässt er auch an den Lippen und an den Zähnen eine rötliche Farbe zurück. An den Lippen vergeht sie wieder; aber an den Zähnen verdunkelt sie sich nach und nach bis zu einer schwarzen Farbe, so dass Leute, welche reinlich an sich sein wollen, ihre Zähne gleich schwarz färben, weil sonst der Rückstand, den der Arekabetel auf den weissen Zähnen zurück lässt, durch diese widrige Farbenmischung einen unangenehmen Anblick macht, den man unter dem gemeinen Volke bemerkt.

  
Kleidung, Schmuck und Körperpflege

Sie kleiden sich fast gar nicht. Sie gehen mit blossen Füssen und mit blossem Kopfe, und bloss des Wohlstandes wegen schlagen sie um ihre Lenden bis unter die Knie ein Stück buntes Tuch, von zwei und einer halben Elle; zuweilen nimmt man statt des bunten Tuchs ein Stück Seidenstoff, der entweder einfach, oder am Rande mit Gold und Silber besetzt ist.
Die Mandarine, das sind die Beamten, tragen ausser diesem Stück Tuch ein mousselines Hemd, welches ihnen gleichsam statt eines Rockes dient. Sie ziehen es ab, oder wickeln es um die Mitte ihres Leibs, wenn sie zu einem Mandarin von höherem Range kommen, um ihm dadurch zu bezeugen, dass sie bereit sind, dahin zu gehen, wo er sie hinschicken will. Nichts desto weniger blieben die Offiziere, welche wir bei den Audienzen des Königs von Siam sahen, damit als wie mit ihrem Zeremonienkleid bekleidet; und eben daher hatten sie auch immer ihre hohen und spitzen Hüte auf den Köpfen. Diese Hemden haben keinen Kragen und sind oben offen, ohne dass sie nötig hätten, dieselbigen, um ihren Magen zu bedecken, zu befestigen. Die Ärmel fallen fast bis auf die Hand vor, haben fast zwei Schuh im Umfang; sind aber weder oben noch unten gefältelt. Übrigens ist der Körper derselbigen sehr enge.
Im Winter legen sie manchmal noch ein Stück Tuch oder Seidenzeug über ihre Schultern, entweder nach Art eines Mantels, oder nach Art einer Schärpe, deren äusserste Enden sie sehr artig um ihre Arme zu wickeln wissen.
Es ist in Siam ein allgemeiner Gebrauch, dass der König und alles, was ihm in den Krieg oder auf die Jagd nachfolgt, rot gekleidet ist.
Auch die weisse, hohe uns spitze Mütze ist eine Zeremonialtracht, die der König von Siam und seine Beamten tragen. Die Mütze des Königs ist mit einem Kreis, der mit Edelsteinen besetzt ist, umgeben; die Mützen der Beamten sind mit verschiedenen goldenen, oder silbernen oder nur vergoldeten Ringen umgeben, um ihre Würden zu bezeichnen; oder sie sind ohne diesen Schmuck. Die Beamten tragen sie nicht anders, als in Gegenwart ihres Königs, oder auf ihren Tribunalen, oder bei Zeremonien. Sie befestigen dieselbigen mit einem Band, das um das Kinn herumgeht, und nehmen sie niemals ab, um jemand zu grüssen.
Die Mauren haben bei ihnen den Gebrauch der Pantoffeln eingeführt. Sie ziehen dieselbigen vor den Türen, sowohl in ihren, als auch in fremden Häusern ab, um die Orte, wo sie hineingehen, nicht zu beschmutzen.
Der Unterschied zwischen der weiblichen und männlichen Kleidung ist, dass die Weiber ihren Umwurf nach der Länge, wie einen Unterrock, tragen, der ihnen bis an das Ende der Wade geht, statt dessen die Männer dieses Stück Zeug zwischen den Schenkeln hinauf schlagen, wodurch eine Art von Tasche entsteht, der sie sich oft zur Aufbewahrung ihres Betels bedienen: An dem Oberleibe sind die Weiber fast ganz nackt; denn sie haben keine Hemden von Mousselin. Nur allein die Reichen tragen eine Art von Halstuch, deren äussersten Teile sie manchmal um die Arme wickeln; die galanten aber legen es in Falten oben über die Brust, und lassen die zwei Ecken hinten über die Schultern hinunter hängen.
Wenn sie sich niederlegen, so entkleiden sie sich nicht, sondern wechseln wenigstens nur ihr Gewand, so wie sie dieses auch tun, wenn sie sich im Flusse baden
Sie tragen Ringe an den drei letzten Fingern einer jeden Hand, und die Mode erlaubt ihnen so viele anzustecken, als sie mögen. Von Halsgehängen wissen weder Männer noch Weiber etwas; aber die Weiber und die Kinder beiderlei Geschlechts kennen den Gebrauch der Ohrgehänge. Diese sind gewöhnlich birnförmig, von Gold oder Silber, oder auch nur vergoldet. Knaben und Mädchen aus guten Häusern tragen auch Armbänder, aber nur bis in das sechste oder siebente Jahr. Dieses sind goldene, oder silberne, oder vergoldete Ringe.
Ihre Haare sind schwarz, dick und glatt, und beide Geschlechter tragen sie so kurz, dass sie nur bis an die Ohren rings um den Kopf herabhängen. Die Weiber streichen sie auf der Stirne zurück, ohne sie indessen anzubinden.
Sie baden sich täglich drei bis viermal und wohl noch öfter, und es ist eine ihrer Galanterien, keinen bedeutenden Besuch zu machen, ohne gebadet zu habem; und in diesem Falle machen sie mit ein wenig Kreide ein weisses Zeichen auf die Brust, um dadurch zu erkennen zu geben, dass sie aus dem Bade kommen.

 
Von den Häusern in Siam und der Architektur

Die Häuser sind klein, aber sie haben doch einen weiten Umfang. Der gespaltete Bambus wird geflochten, oft gar nicht fest, und vertritt die Stelle der Balken, Mauern und Steine. Die Pfeiler, auf welchen sie stehen, um die Überschwemmung zu vermeiden, sind von einem mehr als Fuss dicken Bambus, und ungefähr dreizehn Schuh über die Erde erhaben, weil die Überschwemmung oft so hoch steigt. Sie nehmen niemals mehr als vier oder sechs dazu, auf welche sie in die Quere anderen Bambus als Balken legen. Die Treppe ist eine wahre Leiter, welche wie bei den Windmühlen herabhängen. Und weil die Ställe ebenfalls in der Höhe sind, so haben sie auch gebrochene Treppen, auf welchen das Vieh hinaufsteigt.
Wenn ein jedes Haus alleine steht, so geschieht dies mehr deswegen, damit das Hauswesen abgesondert bleibe, welches sich sonst durch so dünne Wände verraten würde, als wegen Furcht vor Feuersgefahr; denn ausserdem, dass sie ihre kleinen Feuer in den Höfen und nicht in den Häusern anmachen, so würden sie keinen grossen Schaden anrichten. Während unseres Aufenthaltes zu Siam brannten dreihundert Häuser ab, welche in zwei Tagen wieder aufgebaut waren.
Ihr Herd ist ein mit Erde gefüllter Korb, der auf drei Stecken, wie ein Dreifuss, ruht. So machen sie auch ihre Feuer in den Wäldern bei der Elefantenjagd an.
Die grossen Hofbedienten haben von Schreinerarbeit verfertigte Häuser, welche man grosse Schränke nennen könnte; aber es wohnen nur der Herr, seine vornehmste Frau, und die Kinder derselben darinnen. Eine jede der anderen Weiber mit ihren Kindern, ein jeder Sklave mit seiner Familie, alle haben ihre kleinen abgesonderten Wohnungen, die aber nichts destoweniger in einem Umfang von Bambus mit dem Hause des Herrn stehen, ob sie gleich verschiedene Haushaltungen ausmachen.
Ein einziges Stockwerk ist für sie genug ... Das mag daher rühren, dass in der Stadt einfach genug Platz ist, sodass keine Notwendigkeit für mehrstöckige Häuser besteht. Man sagt aber doch, dass die Ursache, warum ihre Häuser nur ein einziges Stockwerk hoch sind, dieser wäre, damit keine Person höher als der König sei, wenn er auf seinem Elephanten durch die Strassen reitet, und dass noch über dieses, um zu beweisen, dass sie niedriger sind, als der König, wenn er sich zu Wasser oder zu Land befindet, sie alle ihre Fenster zuschliessen, auf die Strasse hinuntergehen oder in ihre [Wasser]Fahrzeuge steigen müssen, um sich dort auf das Angesicht niederzuwerfen.
Einige setzen auf die Seite ihrer Häuser, um die Sonne abzuhalten, Schirmdächer, wie grosse Segel, die manchmal durch Säulen unterstützt werden. Andere machen ein doppeltes Corps de Logis, damit die Luft von dem einen in das andere streiche. Die Zimmer sind gross und haben viele Öffnungen, damit sie luftiger und frischer sind, und die im ersten Stockwerk haben die Aussicht auf einen niedrigen Saal, welcher manchmal ganz mit Gebäuden umgeben ist, durch welche er das Tageslicht empfängt. Diesen nennen sie "Divan"; ein arabisches Wort, welches eigentlich eine Rats- oder Gerichtsstube heisst. Es gibt noch andere Arten von Divans, welche nur drei Wände haben; die vierte fehlt auf der Seite, wo die Sonne weniger in allen Jahreszeiten herscheint. Auf der offenen Seite spannen sie ein Segeltuch auf, das so hoch, als das Dach ist, und das Innere des Divans ist oft von oben bis unten mit in der Wand angebrachten Nischen versehen, in welche sie porcellaine Gefässe setzen. In unserer Wohnung zu Siam hatten wir einen solchen Divan, und vor dem ausgespannten Tuch sprang ein kleiner Springbrunnen. Die Dächer der Paläste und Pagoden sind mit gelb gefärbten Ziegeln bedeckt.
Was bei ihnen die Häuser wirklich auszeichnet ist dieses, dass, ob sie gleich nur ein Stockwerk hoch sind, dennoch die Zimmer nicht auf einer Ebene neben einander liegen, so dass man immer einige Stufen steigen muss, um von den einen in das andere zu kommen, denn sie stossen alle an einander, welches auch die Ursache von der Ungleichheit der Dächer ist. Diese sind alle in der Mitte spitzig zulaufend; aber eines niedriger, als das andere. Diese Ungleichheit der Dächer bezeichnet die Grösse des Bewohners: Die ersten Hofleute haben drei Gebäude an einander, von denen das eine höher ist, als das andere; aber an dem Palaste zu Siam habe ich sieben Dächer, eines über das andere hervor ragend, gesehen.
Ich habe nichts im Palaste des Königs gesehen, als den Audienzsaal, welches das erste Zimmer ist. Man sagt, dass niemand weiter hineingehen darf ... vor diesem Saal und auf dessen beiden Seiten, war eine Terasse, welche die Aussicht auf den herumliegenden Garten hatte. Mitten im Garten und in den Höfen sind einzelne stehende Hallen, welche man Säle nennt Es sind dieses viereckige Plätze, welche mit einer Brusthöhe umgeben, und mit einem Dache bedeckt sind. Diese Säle sind für die vornehmen Mandarine bestimmt, welche darinnen mit untergeschlagenen Beinen sitzen, entweder um ihre Ämter zu verrichten, oder um den Hof zu machen, das ist, um die Befehle des Königs zu erwarten; dies geschieht des Morgens sehr spät, des Abends aber dauert es bis in die Nacht hinein, bis sie die Erlaubnis erhalten fortzugehen.

 


Von den Möbeln der Siamesen

Ihr Bett ist ein schmales Spannwerk , ohne Kopfbrett und Himmel. Manchmal hat es sechs Füsse, manchmal aber nicht; die meisten aber haben gar kein anderes Bett, als eine Binsenmatte. Ihr Tisch ist ein glattes Brett mit erhöhten Rand und ohne Füsse. Sie haben auf ihren Tischen, weder Tischtücher noch Servietten, weder Messer noch Gabel. Man stzt alle Speisen zerschnitten vor. Man weiss von keinen Stühlen, sondern bedient sich mehr oder weniger seiner Binsenmatten. Die Reichen haben Polster, um sich daran zu lehnen; aber darauf setzen sie sich niemals, selbst der König nicht.
Ihr Tischgeschirr ist entweder von Porcellain, oder von Ton, nebst einigen kupfernen Gefässen. Das blosse oder das lakierte Holz, der Kokosbaum und der Bambus, giebt ihnen das Übrige. Wenn sie auch etwas von goldenen oder silbernen Gefässen haben, so ist das sehr wenig, und beinahe nur ein Geschenk des Königs, und gleichsam ein Zeichen ihrer Würde. Ihre Eimer zum Wasserschöpfen sind von Bambus sehr nett geflochten. Man sieht das Volk auf den öffentlichen Strassen Reis in Gefässen von Kokos kochen, und der Reis kocht darinnen eher aus, als der Kokos verbrannt ist; aber man kann ihn nur ein einzigesmal brauchen.
Übrigens baut ein jeder sein Haus selbst, wenn er es nicht durch seine Sklaven tun lässt; und daher ist die Säge und der Hobel ein allgemeiner Hausrat. Ihr König hat beinahe die nemlichen, aber sie sind reicher und kostbarer, als die von Privatpersonen. Die Säle, welche ich in den Palästen von Siam und Louvo gesehen habe, sind ganz getäfelt, und das Täfelwerk ist rot lackiert mit vergoldeten Streifen und Laubwerk. Die Fussböden waren mit Teppichen bedeckt.

 

Von der Tafel der Siamesen

Ihre gewöhnlichen Nahrungsmittel sind Reis und Fische. Das Meer giebt ihnen auch kleine sehr delikate Austern, sehr gute kleine Schildkröten, Krebse von allen Grössen, und ausgesuchte Fische. Sie essen schlecht eingesalzene oder getrocknete Fische lieber, als die frischen. Essen und Branntwein von Reis sind nicht teuer, und daher darf man sich nicht wundern, wenn der Siamese sich wegen seiner Nahrungsmittel keine Sorgen macht, und wenn man des Abends in ihren Häsern singen hört.
Die Siamesen essen nur selten Fleisch, selbst wenn man es ihnen schenkt. Sie verkaufen in ihren Bazars oder Speisemärkten gebratene Insekten. Der König von Siam liess uns Geflügel und andere lebende Tiere schenken; aber es mussten sie unsere Leute schlachten und zur Tafel zubereiten, indem die Siamesen sich nicht darauf verstehen. Je heisser also die Länder sind, desto natürlicher ist ihnen die Mässigkeit.

 
aboutpixel.de/Christian Schneider

Krankheit und Tod

Die Krähen und die Geier sind in grosser Anzahl vorhanden, und auch gar nicht scheu, weil sie niemand wild macht, und weil ihnen das Volk aus Mitleid zu fressen gibt. Man gibt ihnen sogar gewöhnlicher Weise die Kinder, die vor dem dritten oder vierten Jahre sterben.
Die Siamesen leben selten lange. Unter ihre gefährlichsten und die häufigsten Krankheiten gehört der Durchlauf und die Ruhr. Sie werden bisweilen von hitzigen Fiebern befallen; übrigens sind die Entzündungskrankheiten in diesem Lande selten. Es giebt aber viele krebsartige Geschwüre, Abszesse und Fistuln. Das Rotlauf ist daselbst sehr häufig. Es giebt viele ausserordentliche Krankheiten, welche das Volk für Wirkungen der Zauberei hält. Es herrschen daselbst auch ansteckende Krankheiten, besonders schlimm sind die Kinderblattern. Sie richten oft unbeschreibliche Verwüstungen an, und alsdann scharren sie die Körper in die Erde, ohne sie zu verbrennen; weil aber ihre Liebe zu den Verstorbenen ihnen diese letzte Ehre zur Pflicht macht, so graben sie dieselbigen in der Folge (nach frühestens drei Jahren) wieder aus.

  Von dem Fuhrwerk und der Equipage der Siamesen überhaupt

Ausser dem Ochsen und dem Büffel, auf welchen beiden sie reiten, ist der Elephant ihr einziges Haustier. Die Elephantenjagd steht allen Menschen frei; aber sie gehen nie auf diese Jagd aus einer anderen Ursache, als um die Elephanten zu fangen, nie aber, um sie zu tödten. Sie gebrauchen aber zum gewöhnlichen Dienst nichts, als Elephantenweibchen, die Männchen sind zum Kriege bestimmt.
Weil man aber in diesem Lande mehr auf dem Wasser fährt, als zu Lande reiset, so hat der König von Siam sehr schöne "Balons" oder Ruderschiffe. Ich habe schon gesagt, dass ein solches Balon aus einem einzigen sechzehn bis zwanzig Schuh langen Baume besteht. Es befinden sich oft auf einem einzigen Balon bis gegen hundert und mehr Ruderer. Auf den gewöhnlichen Balons, wo weniger oder mehrere Ruderer sind, steht in der Mitte eine Hütte von Bambus oder von anderm Holz, welche weder bemalt noch lackiert ist, in welcher sich eine ganze Familie aufhalten kann, und bisweilen hat diese Hütte auf der vorderen Seite noch ein Schirmdach, unter welchem sich die Sklaven aufhalten. Und oft haben die Siamesen gar keine andere Wohnung. Aber in den Zeremonial-Balons, oder in denjenigen, welche für den Hofstaat des Königs von Siam bestimmt sind, ist in der Mitte ein Sitz, der beinahe die ganze Breite des Fahrzeugs einnimmt, und auf dem nur eine einzige Person mit ihren Waffen, dem Säbel und der Lanze, sitzt. Der Deckenhimmel der Staatsbalons sind stark vergoldet, so wie auch die Ruder. Jene ruhen auf Säulen, und sind mit allerlei pyramidenförmigen Bildhauerarbeiten angefüllt. Einige haben Schirmdächer gegen die Sonne. Da diese Fahrzeuge sehr schmal und recht dazu gemacht sind, das Wasser zu durchschneiden, und da auch die Mannschaft darauf sehr zahlreich ist, so kann man sich nicht vorstellen, mit welcher Geschwindigkeit sie auch gegen den Fluss fahren, und was eine grosse Anzahl derselbigen, wenn sie in guter Ordnung mit einander dahin rudern, für einen schönen Anblick gewährt.

 

Von den Schauspielen und anderen Vergnügungen der Siamesen

Das Fangen wilder Elephanten mit Hilfe zahmer Elephantenweibchen ist in Siam ein beliebtes Schauspiel. Die Siamesen reden von einem Elephanten, wie von einem Menschen; sie halten ihn für ganz vernünftig, und erzählen von ihm so vernünftige Sachen, dass ihm nach ihrer Meinung nichts als die Sprache fehlt. Um auf die Lustbarkeiten des siamesischen Hofes wieder zurück zu kommen, so sahen wir ein Gefecht zwischen zwei Kriegselephanten, wobei die Tiere an den Hinterfüssen mit Seilen angebunden waren und die Elephanten auf diese Weise nur die Rüssel übereinanderlegen konnten. In Siam setzt man, weder zum Vergnügen, noch zur Übung das Leben der Menschen, oder dieser Tiere selbst aufs Spiel.
Man liebt dort die Hahnengefechte. Wenn ein Hahn fällt, so geben sie ihm zu saufen, weil sie aus der Erfahrung wissen, dass die Ermattung oft nichts anderes, als eine Wirkung des Durstes ist. Allein weil diese Gefechte fast immer einen von den Hähnen das Leben kosten, so hat der König von Siam diese Art von Zweikämpfen verboten, weil die Talapoinen [Mönche] glaubten und sagten, dass die Herren dieser Hähne in der anderen Welt sich zur Strafe mit eisernen Stangen schlagen müssten [dieses Verbot hatte allerdings kaum Auswirkungen].
Die Marionetten in Siam reden nicht, und man schätzt diejenigen, welche aus Laos kommen, höher, als die siamesischen. Weder die einen, noch die anderen, haben nichts Eigentümliches.
Aber die siamesischen Gaukler sind vortrefflich. Sie haben Seiltänzer, ähnlich den unseren, aber auch solche: Sie setzen ein Bambusrohr auf die Erde, auf das Ende desselbigen ein zweites, und auf das zweite ein drittes, und auf das dritte einen Reif. Ein Mansch, der seine zwei Hände an die zwei Seiten des Reifs legt, setzt seinen Kopf auf den unteren und inneren Teil des Reifs, schwingt seinen Körper und seine Füsse in die Höhe, und bleibt in dieser Stellung eine, manchmal auch anderthalb Stunden; hernach setzt er einen Fuss dahin, wo sein Kopf stand, und ohne sich anzuhalten, oder ohne den anderen Fuss herunter zu setzen, macht er mit seinem Körper die sonderbarsten Verdrehungen. Und was dies alles gefährlicher und schwerer macht, ist das beständige Gleichgewicht, in dem die Bambusrohre gehalten werden müssen. Einen solchen Gaukler nennen sie "Lot Bouang", welches so viel heisst, als Reifspringer.
Die einzigen Tiere, welche die Siamesen abrichten, sind grosse, und wie man sagt, gefährliche Schlangen. Diese Tiere, bewegen sich nach dem Schall musikalischer Instrumente, als wenn sie tanzen wollten. Aber dies hält man für eine Zauberei.
Die Siamesen haben auch religiöse Schauspiele. Wenn die Gewässer wieder zu fallen anfangen, so bringt das Volk mehrere Nächte hintereinander durch eine grosse Illumination seinen Dank dar, nicht allein dafür, dass sie sich wieder zurückgezogen, sondern auch für die Fruchtbarkeit, welche sie der Erde gegeben haben. Man sieht alsdann den ganzen Fluss mit schwimmenden Laternen bedeckt, welche auf demselbigen herumfahren. Sie sind von verschiedener Grösse nach der Devotion eines jeden Privatmanns; und das vielfarbige Papier, woraus sie gemacht sind, vermehrt die schöne Wirkung so vieler Lichter.
Die Siamesen haben drei Arten von theatralischen Schauspielen. Was sie "Cone" nennen, ist ein Tanz in mehreren Auftritten, unter dem Klang der Violine und einiger anderen musikalischen Instrumente. Die Tänzer sind maskiert und bewaffnet, und stellen mehr einen Kampf, als einen Tanz vor, und obgleich fast alles in stolzen Bewegungen und ausschweifenden Stellungen besteht, so lassen sie doch von Zeit zu Zeit einige Worte dazwischen fallen. Der grösste Teil ihrer Masken sind grässlich anzusehen, und stellen entweder Tierungeheuer oder Dämonen vor. Das Schauspiel, welches sie "Lacone" nennen ist ein episch-dramatisches Gedicht, das drei Tage von acht Uhr des Morgens bis sieben Uhr des Abends fortdauert. Es besteht aus ernsthaften Geschichten in Versen, welche von mehreren Akteuren abgesungen werden, die abwechselnd singen. Einer von ihnen spielt die Rolle des Geschichteschreibers, und die anderen die Rollen der Personen, welche die Geschichte reden lässt; aber das sind lauter Mannspersonen und keine Frauen. Der "Rabam" ist ein Doppeltanz zwischen Männern und Frauen, der nicht kriegerisch, sondern galant ist. Die Tänzer und die Tänzerinnen haben alle falsche und sehr lange Nägel von Messing; sie singen unter dem Tanzen, und sie ermüden sich dabei gar nicht, weil ihre Art zu Tanzen weiter nichts, als ein einfacher, sehr langsamer und von keinen starken Bewegungen begleiteter Gang in die Runde, ist; sie machen aber dabei viele langsame Verdrehungen des Körpers und der Arme, ohne einander zu berühren. Unterdessen unterhalten zwei Personen die Zuschauer durch viele Sottisen, welche die eine im Namen aller Tänzer, und die andere im Namen aller Tänzerinnen sagt. Alle diese Akteure haben nichts besonderes in ihren Kleidungen; bloss diejenigen, welche den Rabam und Cone tanzen, haben hohe Mützen von Goldpapier, welche spitzig und ungefähr wie die Zeremonialhüte der Mandarine sind, aber auf den Seiten unter die Ohren herab gehen, und mit schlecht gemachten falschen Steinen besetzt sind. Der Cone und Rabam werden immer bei Leichenbegängnissen angewendet, und manchmal auch bei anderen Gelegenheiten. Wahrscheinlich haben diese Spiele nichts religiöses, da es den Mönchen verboten ist, ihnen beizuwohnen. Der Lacone dient hauptsächlich dazu, um das Einweihungsfest eines neuen Tempels zu verherrlichen, wenn man darinnen eine neue Statue ihres "Sommona Codoms" (Buddha) errichtet.
Dieses Fest ist auch von Stierrennen und mehreren anderen Lustbarkeiten, z.B. von Ringern und Leuten, welche einen Faustkampf gegen einander anstellen, begleitet. Bei diesem Faustkampf wickels sie drei- bis viermal um die Hände kupferne Ringe, deren man sich im Lande Laos bei dergleichen Gefechten bedient.
Das Stierrennen wird auf folgende Art angestellt. In der Mitte eines Umfangs errichtet man eine Bühne für die Kampfrichter, und um die Mitte, welches der Ort ist, wo die Stiere herauskommen, setzen sie gerade gegen der Bühne über eine hohe Säule. Manchmal rennen nur zwei Stiere mit einander, von denen jeder von einem laufenden Fussgänger begleitet wird, welche die Zügel oder vielmehr den durch die Nasenlöcher gezogenen Strick halten, der eine auf dieser, der andere auf der anderen Seite, und in verschiedenen Zwischenräumen sind andere Leute aufgestellt, um die laufenden Fussgänger abzulösen. Aber sehr oft sind ein paar Ochsen an eine Art von Pflug gespannt, welche gegen ein anderes an den Pflug gespanntes paar Ochsen rennt; es begleiten sie rechts und links Leute, so wie die einzelnen Ochsen. Ausserdem wird aber der Pflug von einem hinter ihm herlaufenden Mann so in die Höhe gehalten, dass er niemals die Erde berührt, aus Furcht, es möchte das angespannte Tier dadurch aufgehalten werden, und auch diese Leute, welche die Pflüge halten, werden öfters durch andere abgelöst.
Eine weitere Lustbarkeit oder vielmehr ein Spiel war ein Wettrennen der "Balons" (Boote), das man uns auf dem Wasser gab. Sie wählen zwei Balons, die einander in allen Stücken so gleich sind, als es möglich ist, und teilen sich in zwei Rotten, um zu wetten. Hierauf geben die stehenden Befehlshaber einen schnellen Takt, nicht allein mit einem langen Bambusrohr, das sie in der Hand halten, sondern auch mit einem Geschrei und einer Bewegung ihres ganzen Körpers. Die sämtlichen Ruderer wiederholen dieses Geschrei, und die wettenden Zuschauer erheben gleichfalls ihre Stimmen. Oft überlässt man nicht einmal den Befehlshabern das Geschäft, die Ruderer aufzumuntern, sondern die Wettenden übernehmen es selbst.
Die Siamesen lieben das Spiel so sehr, dass sie sich dadurch zu Grunde richten, und ihre oder ihrer Kinder Freiheit dadurch verlieren; denn in diesem Lande verkauft derjenige, der seinem Gläubiger nicht befriedigen kann, seine Kinder, um ihn zu bezahlen, und, wenn dieses nicht hinreicht, so macht er sich selbst zu Sklaven. Das Spiel, welches sie vorzüglich lieben, ist das "Tric-trac", das bei ihnen "Saca" heisst, und welches sie vielleicht von den Portugiesen gelernt haben; denn sie spielen es, wie dieselbigen und wie wir. Ich kenne jedoch ihre anderen Hazardspiele nicht; aber sie spielen Schach nach unserer, und chinesischer Art.
Rauchtobak ist auch ein grossen Vergnügen für sie, und die Weibspersonen, selbst die wichtigsten, sind ihm sehr ergeben.
Dieses sind die Vergnügungen der Siamesen, zu welchen man noch die häuslichen Ergötzlichkeiten hinzu setzen kann. Ihre Frauen und Kinder lieben sie sehr, und sie scheinen auch von denselbigen sehr geliebt zu werden. Während sie sechs Monate des Jahres Hof- oder Frondienste tun, welche sie alle Jahre dem König schuldig sind, müssen sie auch ihre Frauen, Mütter und Kinder ernähren. Und selbst, wenn sie mit ihren Hofdiensten zu Ende und nach Hause zurück gekehrt sind, so wissen die wenigsten nicht, mit was für einer Arbeit sie sich beschäftigen sollen, weil sie an kein besonderes Handwerk gewöhnt sind, und der König zu allen sie, ohne Unterschied, wie es ihm gefällt, zu gebrauchen pflegt. Daraus kann man schliessen, dass die gewöhnliche Lebensart der Siamesen sehr müssig ist. Er arbeitet fast gar nicht, wenn er nicht für seinen König arbeitet. Er geht nicht spazieren, er geht nicht auf die Jagd; er tut fast gar nichts, als dasitzen oder liegen, spielen, essen, Tobak rauchen und schlafen. Das Weib weckt ihn um sieben Uhr des Morgens auf, und setzt ihm Reis und Fische vor; dann legt er sich wieder nieder, und zu Mittag isst er wieder, welches er Abends noch einmal wiederholt. Zwischen diesen zwei letzten Mahlzeiten hält er seine Mittagsruhe; Gesellschaft oder Spiel nehmen die übrige Zeit des Tages hinweg. Die Frauen bearbeiten das Feld, und kaufen und verkaufen in den Städten.

Von den Heiraten und Ehescheidungen der Siamesen

Es ist in diesem Lande nicht gebräuchlich, den Mädchen den Umgang mit jungen Leuten zu erlauben. Die Mütter züchtigen sie, wenn sie dieselbigen in einer solchen Gesellschaft antreffen; aber die Mädchen unterlassen nicht, zu entwischen, wenn sie können, und das ist ihnen Abends gar leicht möglich
Sie sind schon im zwölften Jahre oder noch eher im Stande, Kinder zu gebären. Es ist also gewöhnlich, sie sehr jung zu verheiraten, und verhältnismässig auch die Jünglinge. Es gibt aber doch einige Siamesen, welche durch ihr ganzes Leben sich nicht verheiraten mögen; es bekennt sich aber keiner davon zu dem Orden der Talapoinen [buddhistische Mönche], das ist, es weiht sich keiner dem religiösen Leben, der nicht schon alt wäre.
Wenn von einer Heirat die Rede ist, so lassen die Eltern des jungen Menschens um die Tochter bei ihren Eltern anhalten, und zwar durch bejahrte und in gutem Ansehen stehende Frauen. Wenn die Eltern des Mädchens dazu geneigt sind, so geben sie eine günstige Antwort. Sie behalten sich nichts destoweniger die Freiheit bevor, die Neigung ihrer Tochter vorher auszuforschen; und zu gleicher Zeit fragen sie nach der Geburtsstunde des Jünglings, und geben die von ihrer Tochter an. Dann geht man von beiden Seiten zu den Wahrsagern, um hauptsächlich zu erfahren, ob die vorgeschlagene Partei reich sei, und ob die Heirat bis an den Tod ohne Ehescheidung fortdauern werde. Weil jedermann sorgfältig sein Vermögen verbirgt, um es wegen der Erpressungen der Magistratspersonen und der Habsucht der Fürsten in Sicherheit zu setzen, so gehen sie zu den Wahrsagern, um zu erfahren, ob eine Familie reich sei, und auf die von denselben eingezogene Nachrichten nehmen sie ihren Entschluss. Wenn die Heirat geschlossen werden soll, so macht der junge Mensch bei dem Mädchen dreimal Besuche, bringt ihr Geschenke von Betel und Früchten, aber nichts kostbares. Bei dem dritten Besuch befinden sich auch die beiderseitigen Eltern, und man gibt das Heiratsgut der Braut an, welches man dem Bräutigam auf der Stelle und in Gegenwart der Eltern ausliefert, aber ohne etwas schriftliches aufzusetzen. Die Neuverheirateten erhalten auch gewöhnlich bei dieser Gelegenheit Geschenke von ihren Verwandten, und alsdann hat der Bräutigam ohne irgend eine Religionszeremonie das Recht, die Ehe zu vollziehen. Es ist sogar den Talapoinen verboten, einer Verheiratung beizuwohnen. Erst nach einigen Tagen gehen sie zu den neuen Eheleuten, bespritzen sie mit Weihwasser, und sagen einige Gebete (in der Sprache Pali) her.
Die Hochzeit ist, wie überall, mit Festen und Schauspielen begleitet. Sie bestellen dazu Tänzer von Profession; aber weder der Bräutigam, noch die Braut, noch eine der eingeladenen Personen tanzen. Das Fest wird bei den Eltern der Braut gehalten, wo der Bräutigam einen abgesonderten Saal dazu bauen lässt, und von da führt man die Neuverheirateten in ein anderes abgesondertes Gebäude, das ebenfalls auf Kosten und Besorgung des Bräutigams ausdrücklich erbaut worden ist, und zwar in einem Umfang von Bambusrohren, der die Wohnung der Brauteltern absondert. Die neuen Eheleute bleiben daselbst einige Monate, und hierauf können sie wohnen, wo es ihnen beliebt, ein Haus zu bauen. Ein besonderer Schmuck für die Töchter der Mandarine, welche verheitatet werden, ist dieser, dass man ihnen einen goldenen Ring auf das Haupt setzt, welchen die Mandarine an ihre Zermonialmütze befestigen. Ausserdem besteht der Putz in schöneren Ohrgehängen als gewöhnlich, und aus vielen und schönen Fingerringen.
Das grösste Heiratsgut zu Siam besteht aus hundert Calis, welche fünfzehnhundert Livres ausmachen, und da gewöhnlich das Vermögen der Braut und des Bräutigams gleich ist, so folgt daraus, dass das grösste Vermögen zweier unverheirateter Personen nicht über drei tausend Livres hinauf steigt.
Die Siamesen können mehrere Frauen zugleich haben, ob sie es gleich für besser halten, nicht mehr als eine einzige zu haben. Nur einige reiche Leute glauben einen Vorteil davon zu haben, und das mehr aus Stolz und vermeinter Grösse, als aus Unenthaltsamkeit. Wenn sie auch mehrere Frauen zugleich haben, so ist immer eine darunter die vornehmste, welche daher auch die Grossfrau heisst. Die anderen, welche man die Unterfrauen nennt, sind zwar wirklich legitim, das heisst, nach den Gesetzen erlaubt, aber der vornehmsten unterworfen. Das sind aber nur gekaufte Frauen, und folglich Sklavinnen, so dass auch die Kinder dieser Unterfrauen ihren Vater "Po Tchtaou", das ist Herr Vater , nennen, anstatt dass die Kinder der Hauptfrau ihn schlechtweg "Po", das ist Vater heissen.
Die Ehe in den ersten Graden der Verwandtschaft ist bei ihnen verboten; doch können sie nichts destoweniger ihre leiblichen Geschwisterkinder heiraten. Es kann auch ein Mann zwei Schwestern nach einander zur Ehe nehmen; nur nicht zu gleicher Zeit. Hingegen die Könige von Siam dispensiren sich von diesen Regeln.
Die Succession in den Privatfamilien in Siam ist ganz für die Hauptfrau und hernach für ihre Kinder bestimmt, welche ihre Väter in gleichen Portionen erben. Die Unterfrauen und ihre Kinder können von den Erben verkauft werden; und sie haben nichts, als was ihnen der Erbe schenkt, oder was ihnen der Vater vor seinem Tod von Hand zu Hand gegeben hat, denn bei den Siamesen weiss man nichts von Testamenten. Die Töchter der Unterfrauen werden verkauft, und die angesehensten Männer kaufen die schönsten, ohne auf die Eltern, von denen sie abstammen, Rücksicht zu nehmen, und daher machen sie auf diese Art sehr ungleiche Heiraten, und diejenigen, mit denen sie sich verheiraten, erhalten dadurch weder mehr Ehre, noch Schutz.
Das Vermögen der Siamesen besteht hauptsächlich in Meublen. Wenn sie auch Ländereien haben, so sind es wenige, weil sie nicht das volle Eigentumsrecht darüber erlangen können. Sie gehören immer dem König, welcher die Ländereien, die er an Privatpersonen verkauft hat, zurück nimmt, wenn es ihm gefällt, ohne oft den Preis wieder zurück zu zahlen. Es ist nichts destoweniger ein Landesgesetz vorhanden, dass die Ländereien in den Familien erblich sind, und dass man sie von einem an den anderen verkaufen kann. Allein der König hat keine Achtung gegen dieses Gesetz, als wenn es ihm vorteilhaft ist, weil daselbige keinen Domainenrechte keinen Nachteil bringen kann, welches sich überhaupt über das ganze Eigentum aller seiner Untertanen erstreckt. Daher kommt es, dass sie sich wenigstens so viele Gerätschaften, als möglich, anschaffen, und dass sie wenigstens ihre Meublen den Augen ihres Königs zu entziehen suchen. Da aber die Diamanten diejenigen Gerätschaften sind, welche man am leichtesten verbergen und transportieren kann, so sind sie daher in Siam und in ganz Indien sehr gesucht, und sie werden daselbst teuer verkauft.
Die Ehen sind in Siam fast alle glücklich, wie man aus der Treue der Frauen schliessen kann, mit der sie ihre Männer ernähren, so lange sie in den Diensten des Königs sind, - Dienste, welche durch eine Art von Pressung nicht nur jährlich sechs Monate dauern, sondern auch oft wohl ein Jahr, und zwei bis drei Jahre hintereinander. Wenn aber ein Mann und eine Frau einander nicht mehr leiden können, so bedienen sie sich der Ehescheidung, als eines Hilfsmittels. Es ist wahr, dass sie nicht leicht unter dieser Nation gebräuchlich ist; die Reichen, welche mehrere Frauen haben, behalten diejenigen, welche sie nicht lieben, ebenso gut, als diejenigen, welche sie lieben.
Der Mann ist bei der Ehescheidung der Gebieter; er schlägt der Frau aber dieselbige nicht leicht ab, wenn sie es durchaus verlangt. Er gibt ihr dann das Heiratsgut zurück, und die Kinder teilen sie miteinander auf folgende Art. Die Mutter bekommt das erste, das dritte und alle, die in ungleichen Zahlen sind; der Vater aber hat das zweite, vierte und alle anderen in gleichen Zahlen. Daher kommt es, dass wenn nur ein einziges Kind vorhanden ist, dasselbige der Mutter gehört, und wenn die Anzahl der Kinder ungleich ist, so bekommt die Mutter eins mehr.
Nach der Ehescheidung ist es dem Manne und der Frau erlaubt, sich wieder zu verheiraten an wem sie wollen, und es steht der Frau frei, dieses in den ersten Tagen nach der Ehescheidung zu tun, ohne dass sie sich von einem Zweifel darüber beunruhigen lassen, wer denn eigentlich der Vater desjenigen Kindes sein möchte, das nach der zweiten Verheiratung geboren wird. Ob ihnen aber gleich die Ehescheidung erlaubt ist, so sehen sie dieselbige doch nicht, als ein grosses Unglück an, und kümmern sich auch nicht über den fast gewissen Verlust ihrer Kinder, welche gewöhnlich bei den zweiten Ehen ihrer Eltern sehr übel behandelt werden.
Die Gewalt des Ehemanns ist despotisch in seiner Familie, sie erstreckt sich bis dahin, dass er Frauen und Kinder verkaufen kann, ausgenommen seine Hauptfrau, welche er bloss verstossen kann. Die Witwen erben die Rechte des verstorbenen Mannes mit dieser Einschränkung, dass sie die Kinder in der gleichen Zahl nicht verkaufen können, wenn sich die Anverwandten des Vaters dagegen setzen. Nach der Ehescheidung kann der Vater und die Mutter jedes die Kinder, welche auf seinen Teil kommen, verkaufen.
Liebe gegen freie Personen ist keine Schande, wenigstens nicht unter dem gemeinen Volk; sie wird wie eine Ehe betrachtet, und Unbeständigkeit wie eine Ehescheidung. Die Eltern geben jedoch auf ihre Töchter genau acht. Übrigens sind die Siamesen von Natur zu stolz, um sich leicht an Ausländer zu überlassen. Die Peguanerinnen zu Siam, da sie daselbst Fremde sind, halten auf die Ausländer mehr, und werden in den Augen derjenigen, welche nicht wissen, dass sie einen Mann suchen, für liederliche Weibspersonen angesehen. Sie sind auch getreu, bis man sie verlässt, und wenn sie schwanger werden, so sind sie unter ihren Landsleuten nicht weniger geschätzt, und sie selbst machen sich eine Ehre daraus, einen weissen Mann zu haben. Es ist auch möglich, dass sie von Natur verliebter, als die Siamesinnen sind, wenigstens sind sie von einer grösseren Lebhaftigkeit.



Von der Erziehung der Kinder der Siamesen, und zuerst von ihrer Politesse.

Die Kinder der Siamesen sind willfährig und sanft, wenn man ihnen nur nicht verächtlich begegnet. Gegen ihre Eltern haben sie viel Liebe und Respekt, und diese wissen ihnen eine grosse Artigkeit einzuflössen. Ihre Lehren sind durch die despotische Gewalt sehr unterstützt, welche, wie ich schon gesagt habe, in ihren Familien herrscht; aber die Eltern müssen auch dem König von den Fehlern ihrer Kinder Rechenschaft geben. Sie nehmen Teil an ihren Strafen, und sie sind verpflichtet sie auszuliefern, wenn sie etwas verbrochen haben. Und wenn auch gleich die Kinder sich sollten geflüchtet haben, so unterlassen sie doch nicht, wieder zurück zu kommen, und sich selbst auszuliefern, wenn der König sich an den Vater, die Mutter oder auch an andere Seitenverwandte hält, die älter als sie sind, und gegen welche sie Respekt haben müssen. Und dies ist eine grosse Probe von der kindlichen Liebe der Siamesen gegen ihre Eltern.
Was die Politesse anbetrifft, so ist sie im ganzen Morgenland so gross, selbst in Ansehung der Fremden, dass ein Europäer, der sich lange Zeit daselbst aufgehalten hat, sich mit genauer Not wieder an die Vertraulichkeit und die wenigen Umstände der europäischen Länder gewöhnen kann. Da die indianischen Prinzen der Handlung sehr ergeben sind, so suchen sie die Fremden an sich zu ziehen, und geben ihnen Schutz, selbst gegen ihre eigenen Untertanen. Und daher kommt es, dass sie den Umgang mit den Fremden vermeiden. Sie wissen, dass man glaubt, dass sie immer unrecht haben, und dass sie in den Streithändeln, welche sie mit den Fremden haben, immer gestraft werden. Die Siamesen erziehen daher ihre Kinder in der äussersten Bescheidenheit.
Keine grössere Stille herrscht in einem Karthäuserkloster, als in dem Palaste des Königs von Siam. Die Vornehmen beobachten es eben so strenge, als die anderen Personen. Die Siamesen geben sich Mühe, nichts zu sagen, was missfallen könnte. Sie müssen recht überzeugt sein, dass man die Wahrheit von einer Sache wissen will, um es zu wagen, der vorgebrachten Meinung zu widersprechen. Sie wollen in keinem Stück besser unterrichtet sein, auch selbst nicht in solchen Sachen, welche ihr Land anbetreffen, wenn man auch gleich ein Fremder ist.
Wenn sie ernsthaft reden, so ist ihre Sprache besser, als die unsrige, im Stande, Respekt und Auszeichnungen auszudrücken. Die Worte, deren sie sich zum Grüssen bedienen sind "ca vai Thaou", ich grüsse sie, Herr. Und wenn es ein wirklicher Herr ist, der von einem Niedrigern gegrüsst wird, so wird er schlechtweg antworten: "Ravu vai", ich grüsse, oder "ca vai", welches das nemliche sagt, ob gleich das Wort "ca", welches ich bedeutet, nur natürlich von einem Sklaven gebraucht wird, wenn er mit seinem Herrn redet, und dass das Wort "Raou", welches ebenfalls ich bedeutet, eine gewisse Würde des Redenden bezeichnet. Statt zu sagen: Wie befinden sie sich? Sagen sie "Tgiou di" ?
Wenn sie in Gesellschaft sind, so stehen sie niemals; sondern, wenn sie sich nicht mit untergeschlagenen Beinen niedersetzen, so hocken sie sich einer an den anderen. Die Sklaven und die Diener knien vor ihren Herren, und die Leute aus dem gemeinen Stande vor den Vornehmen, indem sie den Körper auf die Fersen lehnen, den Kopf etwas niedergebeugt und Hände an der Stirn übereinandergelegt. Wenn ein Siamese vor einem anderen vorbeigeht, dem er Achtung erweisen will, so wird er gebückt vorübergehen, die Hände mehr oder weniger hoch übereinander halten, und ihn nicht anders grüssen.
Wenn ein Mensch von niedrigerem Stande einen Besuch macht, so geht er gebückt in das Zimmer, wirft sich auf die Erde nieder, und bleibt auf den Knien, auf die Fersen gestützt, liegen, ohne dass er zuerst zu reden wagt. Er muss warten bis derjenige, dem er den Besuch abstattet, ihn anredet. Wenn es ein Besuch bei Personen von gleichem Stande ist, oder wenn der Vornehme zu dem Geringeren kommt, so empfängt ihn der Herr des Hauses an der Türe des Zimmers, und am Ende des Besuches begleitet er ihn wieder bis dorthin. Übrigens geht er aufrecht, oder bückt sich nur nach dem Grade der Achtung, welche er demjenigen, den er besucht, schuldig ist. Er spricht auch entweder zuerst oder zuletzt, je nachdem er kann oder muss; aber er weist immer seinen Platz demjenigen an, den er empfängt, und bittet ihn, denselbigen einzunehmen. Er lässt ihm hierauf Früchte und Konfecturen aufsetzen; manchmal auch Reis und Fische, und vor allem reicht er ihm mit eigener Hand Arek, Betel und Tee. Auch das gemeine Volk vergisst den Arek nicht. Zu Ende des Besuchs sagt der Fremde, dass er sich nun empfehlen wolle, wie bei uns, und der Hauswirt macht ihm darüber ein Kompliment, und derjenige müsste sehr viel vornehmer sein, als der, welcher den Besuch macht, wenn er ihn selbst fortschaffen sollte.
Der höchste Ort ist bei ihnen der ehrenvollste, so dass sie sich nicht unterstehen anderen in das obere Stockwerk, selbst in häuslichen Verrichtungen, hinauf zu gehen, wenn die Gesandten in dem Saal auf der Erde waren.
In den Häusern, welche die Fremden von Ziegelsteinen höher als ein Stockwerk, bauen, sehen sie immer darauf, dass kein Weg unter der Treppe hinweg gehe, damit niemand unter die Füsse des anderen, der über ihn weg geht, komme; die Siamesen aber bauen nur ein Stockwerk hoch, weil ein unterer Stock ihnen unnütz wäre, da bei ihnen niemand unter den Füssen eines anderen würde weder weggehen, noch wohnen wollen.
Die rechte Hand ist in Siam ehrenvoller als die linke; der Platz des Zimmers, welcher der Türe gegen über liegt, ist auch ehrenvoller, als die Seiten des Zimmers, und die Seiten sind es mehr, als die Wand, in welcher sich die Türe befindet, und die Wand zur Rechten desjenigen, welcher der Türe gegenüber sitzt, ist auch vorzüglicher, als die Wand zu seiner Linken. Wenn jemand einen wichtigen Besuch erhält, so setzt er den, von dem er besucht wird, allein an die Wand gegen die Türe über, er selbst aber wendet seinen Rücken gegen die Türe, oder gegen eine der Seitenwände des Zimmers.
Ein Mandarin beträgt sich anders gegen Geringere, und anders gehen Höhere. Wenn mehrere Siamesen beisammen sind, und es kommt ein anderer dazu, so geschieht es oft, dass alle ihre Stellungen ändern. Sie wissen vor wem und auf welche Art sie sich bücken oder wieder aufrichten müssen, ob sie die Hände kreuzweise übereinander legen und ob sie dieselbigen hoch oder niedrig halten müssen; ob sie, wenn sie sitzen bleiben, den einen Fuss oder alle beide hervor ziehen, oder sie beide verborgen halten, und auf ihren Fersen sitzen bleiben sollen. Und die Fehler in dieser Art der Pflichten können von demjenigen, gegen den sie begangen worden sind, mit dem Stocke bestraft werden, oder er kann Befehl dazu geben, und das auf der Stelle.
Es ist daher in Siam gebräuchlich, dass der Höhere, wenn er den Niedrigeren schonen und ihm Achtung bezeugen will sich stellt, als wolle er vermeiden, ihm auf der öffentlichen Strasse zu begegnen, um ihm die öffentlichen Erniedrigungen zu ersparen, denen er sich nicht entziehen könnte, wenn er jenen begegnete.
So wie in ihren Augen der höchste Ort immer der ehrenvollst ist, so hat man auch gegen den Kopf, als den höchsten Teil des menschlichen Körpers, den grössten Respekt. Einen bei dem Kopf oder bei den Haaren anfassen, oder ihm mit der Hand über den Kopf zu fahren, heisst ihm den grössten Schimpf antun. Wenn sich einer einen Teil seiner Mütze anrühren lässt, so duldet er eine grosse Grobheit. Die in diesem Lande sich aufhaltenden Europäer lassen auch niemals ihren Hut an einem niedrigen Orte liegen, sondern geben ihn einem Siamesen, welcher ihn am Ende eines Stabs höher über den Kopf, und ohne ihn zu berühren, trägt; und dieser Stab hat einen Fuss, damit ihn derjenige, der ihn trägt, in der Höhe lassen kann, wenn er ihn verlassen muss.
Es ist bei ihnen nicht nur ehrenvoller, auf einem höheren Platz zu sitzen, als auf einem niederen, sondern sie halten das für eine noch grössere Ehre, zu stehen, als zu sitzen. Als der Herr von Chaumont seine erste Audienz hatte, so mussten die französischen Edelleute, welche ihn begleiteten, zuerst in den Saal hineingehen, und sich mit untergeschlagenen Füssen niedersetzen, damit sie der König nicht einen Augenblick möchte stehend sehen. Man verbot es sogar aufzustehen, um ihn zu grüssen, wenn er erscheinen würde. Es ist nicht einmal erlaubt, an irgend einem Orte des Palastes, sich ausser im Gehen, stehend erblicken zu lassen.
Eine Sache, welche man einem anderen giebt, oder empfängt, über den Kopf zu halten, ist in Siam ein grosses Zeichen der Hochachtung. Der König selbst hatte auch das Schreiben, welches ihm Herr von Chaumont übergab, bis an seine Stirne empor gehoben.
Wenn man einen Siamesen die Hand darreicht, so legt er seine beiden Hände in die ihm angebotene, und zwar unterwärts, gleichsam als wollte er sich ganz unterwerfen. Sie halten es für eine Grobheit, nicht mehr als eine einzige Hand zu geben, so wie auch, dasjenige, was sie darreichen, nicht mit beiden Händen anzufassen, oder das nicht mit beiden Händen zu halten, was man ihnen giebt.


Von dem Studieren der Siamesen

Wenn sie ihre Kinder bis in das Alter von sieben oder acht Jahren erzogen haben, so schicken sie dieselbigen in ein Kloster der Talapoinen, und lassen sie auch die Talapoinenkleidung anziehen, denn das ist ein Stand, der nicht bindet, und den man ohne Schande verlässt, wenn man will. Man nennt diese kleinen Talapoinen "Nen"; sie sind keine Kostgänger, denn ihre Eltern müssen ihnen täglich zu essen schicken. Es giebt sogar solche Nens von guten Häusern, welche einen oder mehrere Sklaven zur Aufwartung bei sich haben.
Man lehrt sie hauptsächlich lesen, schreiben und rechnen, weil Kaufleuten nichts notwendiger ist, als dieses, und weil alle Siamesen eine Art von Handel treiben. Man lehrt sie ach die Grundsätze der Moral und Fabeln von ihrem Sommona-Codom, aber weder Gesetze, noch Geschichte, noch eine andere Wissenschaft. Man unterrichtet sie aber auch in der balischen Sprache, welche, wie ich schon öfter gesagt habe, die Sprache ihrer Religion und ihrer Gesetze ist.
Der wesentliche Charakter eines Volkes in den heissen Ländern ist Trägheit. Die Siamesen begreifen jedoch leicht und deutlich, ihre Antworten sind lebhaft und schnell, und ihre Einwürfe treffend. Sie ahmen alles gleich nach, und in wenigen Tagen sind sie gute Handwerksleute, so dass sie bei einem mässigen Studieren sehr geschickt werden würden, sowohl in den höheren Wissenschaften, als auch in den schwersten Künsten; allein ihre unüberwindliche Trägheit zerstört alle guten Hoffnungen.
Sie sind von Natur aus Dichter. Ihre Poesie besteht, so wie die unsrige, in einer Anzahl Silben und in Reimen. Ich habe kein gut übersetztes siamesisches Gedicht erhalten können, da ihre Art zu denken von der unsrigen so entfernt ist. Unterdessen habe ich einige Gemälde gesehen, z.B. einen angenehmen Garten, in welchen ein Liebhaber seine Geliebte einladet.

 
Behandlung von Krankheiten und zum Aberglauben

Wenn jemand zu Siam krank ist, so fängt er damit an, dass er seinen ganzen Körper von einer Person, die sich darauf versteht, zertreten lässt, welcher auf den Körper des Kranken hinauf steigt, und ihn mit Füssen tritt. Man sagt, dass selbst schwangere Frauen sich auf diese Art von einem Kinde mit Füssen treten lassen, damit sie leichter niederkommen.
Ihren Kranken geben sie nichts als Reisbrühen, die sehr dünne sind. In der Chemie sind sie unwissend.
Was aber hauptsächlich die Indianer in den Ruf setzt, grosse Hexenmeister zu sein, sind vornemlich die beständigen Beschwörungen, deren sie sich bedienen, um die bösen Geister zu entfernen, und die guten herbeizulocken. Sie behaupten Talismane, welche sie "Cata" nennen, zu besitzen, um ihre Wünsche zu erreichen, um z.B. unverwundbar zu machen, oder die Menschen und die Hunde zum Schweigen zu bringen, wenn sie eine schlechte Handlung begehen wollen, um nicht entdeckt zu werden. Wenn sie ein Arzneimittel zubereiten, so befestigen sie an den Rand des Gefässes mehrere mit verschiedenen geheimnisvollen Worten beschriebene Papiere, um zu verhindern, damit nicht die "Petpayatons" die Kraft des Hilfsmittels hinweg nehmen. Diese Petpayatons sind nach ihrer Meinung in der Luft verbreitete Geister, von denen sie unter anderen glauben, dass sie die erstgeborenen unter allen Töchtern geniessen, und dass sie ihnen diese vermeintliche Schande, welche sich alle Monate erneuert, beibringen. Während eines Sturms auf dem Meere hängen sie dergleichen beschriebene Papiere an alle Segel und Tauwerke, weil sie damit die Winde zu beruhigen glauben.
Die Siamesen halten ihre niedergekommenen Frauen ein Monat lang beständig an einem ziemlich grossen Feuer, wo sie dieselbigen bald auf diese, bald auf jene Seite herum drehen. Unterdessen werden sie von dem Rauch sehr belästigt, und er verzieht sich nur langsam durch eine Öffnung, welche in der Mitte des Daches ihrer Häuser angebracht ist. Die Peguaner setzen ihre Frauen auf einen ziemlich hohen Rost von Bambus, worunter sich ein Feuer befindet; aber sie lassen dieselbigen nur vier oder fünf Tage darauf sitzen. Wenn sie aus dem Kindbette gehen, so danken die einen, so wie die anderen dem Feuer, weil es ihre Frauen gereinigt hat, und bei der Mahlzeit, welche sie deswegen ihren Anverwandten geben, essen sie nichts, das sie nicht vorher dem Feuer gewidmet haben, indem sie es einige Zeit vor demselbigen stehen lassen. Selbst so lange die Frauen im Kindbette liegen, essen und trinken sie nichts, das nicht gewärmt sei; und ich habe gehört, dass auch unsere Frauen den Kindbetterinnen verbieten, kalt zu trinken.
Sie gebrauchen auch gewisse Liebestränke die willenlos machen, das Opium oder der Mohnsaft wird auch manchmal verwendet um unerschrockenen Mutes in einen Kampf zu ziehen.

 Fortsetzung:  Reiseberichte aus Siam III

 


 
 
 
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